Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

29 
 Mai 
 
2010


 

Thomas der Zwilling

Dies sind die verborgenen Worte, die der lebendige Jesus sagte,
und Didymos Judas Thomas schrieb sie auf.
 
Und er sprach:
“Wer die Deutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken.”
Mächtig erging einst der Ruf an Thomas, dem zweifelnden Jünger,
niederzuschreiben hochheilige Worte des Himmelsgesandten.
Was als Torheit von Heiden erachtet, sei tröstend’ Geleit dem
Irrenden, Quell dem Ermattenden, neue Stärkung empfangend.

Wer aus dem reinen Kelch seiner Worte trinket, die Wahrheit
schmeckt und die Wandlung vollzieht, wird der Eitelkeit darge-
reichtes Gebräu, dem Wollust nur schäumet, künftig entsagen.

→ zu Mnemosynes Geleit
Evangelium nach Thomas
 
 
28 
 Mai 
 
2010


 

Thomas der Zwilling

Im Anfang war das Wort.

Und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort. Und das Wort ward
Fleisch, wohnte unter den Menschen, göttlich’ Geheimnis sie schauend.

Denn es ist vieles verborgen dem kindlich bewahretem Herzen,
blind auch der Weisen Verstand, der mit eher’n Gesetzen durchmisst das
Weltengebäu, mit Ahndung erlauscht der Natur harmonischen Klang und
doch mit gar dumpfem Leiergesang besinget die Schöpfung.

Lehre drum, Himmelsmacht, uns das Lied deiner heil’gen Akkorde!

→ zu Mnemosynes Geleit
Evangelium nach Thomas