Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

14 
 März 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar

 

Hausstand, Familie, … all’ dies musst’ mein Herr gar lange entbehren.
14-jährig wurd’ er geschickt auf die Karlsschule, einer Erziehungs-
anstalt zu Stuttgart, eigens gegründet, um künft’ge Soldaten,
Hof- als auch Staatsbeamte dem Geiste des Herzogs Karl Eugen
dienlich zu machen. Schiller oblag dort die Laufbahn des Arztes
im Regimente des Fürsten. Doch Medizin konnte Schiller auf Dauer
nimmer befriedigen, zu stark war der Drang zur poetischen Feder.
Heimlich verfasste Schiller sodann ein Theaterstück mit dem Titel
“Die Räuber”, uraufgeführet in Mannheim … ein Riesenerfolg! Und
Schiller erlangte mit einem Schlage Berühmtheit. Der Zorn des
Fürsten jedoch blieb gleichfalls nicht aus! Denn erneut besuchte
Schiller – wiederum ohne Erlaubnis des Fürsten – die “Räuber”…
…aufflog die Dreistheit! Schiiller bekam nun zur Strafe Arrest,
Schlimmeres noch: “Striktes Schreibverbot!”. Das nun wollte und konnte
Schiller nicht hinnehmen. Schnell war gefasst der Entschluss zu der Flucht nun.
Was nun kostete Schiller “Die Räuber”? Nach eig’nem Geständnis:
150 Gulden an Schulden zum Druck jenes Stückes,
mehr noch! Verlust seiner Heimat, familienentwurzelt und stets in
Angst und ständ’ger Gefahr als Fahnengeflüchteter doch noch
dingfest erhaschet zu werden. – – – Mit Streicher, dem Freund und Gefährten,
hier auf dem Bilde zu sehen, lehnet sich Schiller erschöpft bei
sichtlicher Blässe an einen Baumstamm, bereits im Gepäck ein
neues Trauerspiel names “Fiesko”, unfertig noch, je-
doch beflügelt vom jüngsten Erfolge bereits ins Auge gefasst.

2.1. (Lesung durch einen Führungs-Besucher)
Die Aufführung löste einen Skandal aus. Ein Zeitzeuge berichtete: „Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, geballte Fäuste, heisere Aufschreie im Zuschauerraum. Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Tür. Es war eine allgemeine Auflösung wie ein Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht.“

2.2. (Lesung durch einen Fürhungs-Besucher)
Meine Räuber mögen untergehen!
Mein Fiesko soll bleiben!

 
 
10 
 März 
 
2024


 

Autor: Paul Gerhardt

Vertonung: Sermon-online (https://www.sermon-online.com/de/contents/10433)

Text:
1.
Befiehl du deine Wege
und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.

2.
Dem Herren musst du trauen,
wenn dir’s soll wohlergehn;
auf sein Werk musst du schauen,
wenn dein Werk soll bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen,
es muss erbeten sein.

3.
Dein’ ewge Treu’ und Gnade,
o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zum Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.

4.
Weg hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir’s nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht;
dein Werk kann niemand hindern,
dein Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
ersprießlich ist, willst tun.

5.
Und ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehn;
was er sich vorgenommen
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.

6.
Hoff, o du arme Seele,
hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle,
da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken
die Sonn der schönsten Freud.

7.
Auf, auf, gib deinem Schmerze
und Sorgen gute Nacht,
lass fahren, was das Herze
betrübt und traurig macht;
bist du doch nicht Regente,
der alles führen soll,
Gott sitzt im Regimente
und führet alles wohl.

8.
Ihn, ihn lass tun und walten,
er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
dass du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
das Werk hinausgeführet,
das dich bekümmert hat.

9.
Er wird zwar eine Weile
mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile,
als hätt in seinem Sinn
er deiner sich begeben,
und sollt’st du für und für
in Angst und Nöten schweben,
als frag er nichts nach dir.

10.
Wird’s aber sich befinden,
dass du ihm treu verbleibst,
so wird er dich entbinden,
da du’s am mindsten glaubst;
er wird dein Herze lösen
von der so schweren Last,
die du zu keinem Bösen
bisher getragen hast.

11.
Wohl dir, du Kind der Treue,
du hast und trägst davon
mit Ruhm und Dankgeschreie
den Sieg und Ehrenkron;
Gott gibt dir selbst die Palmen
in deine rechte Hand,
und du singst Freudenpsalmen
dem, der dein Leid gewandt.

12.
Mach End, o Herr, mach Ende
mit aller unsrer Not;
stärk unsre Füß und Hände
und lass bis in den Tod
uns allzeit deiner Pflege
und Treu empfohlen sein,
so gehen unsre Wege
gewiss zum Himmel ein.

 
 
2 
 März 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar
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Sei’n Sie gegrüßt!
Gestatten: Rudolph, Privatsekretär Schillers,
die ‘rechte Hand’, wie zu sagen man pflegt, Gehilfe in Alltagsgeschäften!
Bin aber keineswegs Diener der üblichen Art, dem zum Beispiel oblieget…
1.) häuslicher Reinheit Verrichtung
2.) Pflege der höfischen Kleidung
3.) Botengänge zu hauf
4.) Küchenaushilfe gar auch
5.) und – nach eingedecketem Tische –
6.) sogleich die Servierung der Speisen,
wartend schon da, die ungeduldigen Gäste…

All jenes ziemet dem Amt eines üblich Bediensteten, mein Los
ist jedoch für mich von erfreulicher Art, bin ich zugleich auch
enger Vertrauter des Gnädigen Herren, der stets zum
heit’ren Gespräche geneigt, beim Diktieren von Briefen, Erstellen
zahlloser Abschriften seiner Gedichte und Dramenentwürfe…

Eins jedoch nach dem andern … mein Hausherr weilt seit geschlag’ner
Stunde bei Goethen! Sie führen – wie immer – fruchtbaren Austausch
über das hies’ge Theater und kehrt wohl nicht wieder vor Sechs… ver-
schafft mir – entschlagen der sonstigen Pflichten – die Muse ein wenig,
Zeit somit auch, Sie halbstündig nun durch das Hause zu führen.