Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

1 
 März 
 
2009

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7

 

Annegret

ein Gedicht zum Thema “Fleisch”
von Schlunz vegan



 
Vervollständigte Version:

Annegret

Die Annegret hat ein Gerät, mit dem man tote Schweine brät,
doch weil das Ding so krank ausschaut, hat sie’s auch gleich im Schrank verstaut.
Da sitzt sie nun und sagt sich leise: “Rohe Schweine schmecken scheisse!”
Geht los, kauft sich nen grossen Topf und kocht darin nen Schweinekopf.
Das Hirn quillt raus, die Augen auch, und schwimmen zwischen Speck und Lauch.
Das Ganze drei mal umgerührt, danach wird dann der Kopf tranchiert.
So steht sie vor mir mit ner Säge, in meinem Magen dreht sich’s rege,
sägt und schnippelt an dem Schädel…völlig weich, das arme Mädel.
Die Ohren gibts beim Bäcker auch, mit Zucker, ohne Speck und Lauch.
Doch Nase, Backen und die Augen, tun nich mal was als Kuchen taugen.
Sie sticht ganz tief, es spritzt das Blut “Das Ding is ja noch gar nich gut!”
Das Kochen dauert seine Zeit, doch Hunger macht sich in ihr breit.
Da fällt ihr ein, dass son Gerät, zum braten ja im Schrank noch steht.
Sie holt es raus, obwohl ihr graut, dass dieses Ding voll krank ausschaut.
Das abgetrennte Einerlei, die Zunge und den ganzen Brei,
legt sie nun auf das Bratgerät, so wie`s in Mutters Kochbuch steht.
Der Schädel grinst mich wässrig an, ob sowas nasses braten kann?
Das Ding fängt furchtbar an zu zischen, doch Annegret, die steht inzwischen
tief versunken überm Topf und sucht die Augen von dem Kopf.
So habe ich nun schnell kapiert, dass dieser Kopf bald explodiert,
mache mich ganz flink vom Acker, sag noch: “Anne, halt Dich wacker!”
Schliesse hinter mir die Tür und frag mich: Was kann ich dafür?

Am nächsten Tag komm ich zurück und hör ein Zischen, welch ein Glück,
der Schädel ist nicht explodiert und Annegret ist nichts passiert.
Doch frag ich mich, warum ’s noch zischt und klopfe, doch sie hört wohl nischt,
zieh und rüttel an dem Knauf, doch die Türe geht nicht auf.
Es riecht nach Grill, das kann nicht sein … brät die immernoch das Schwein?
Nein, es riecht sogar verbrannt, das habe ich nun schnell erkannt,
ich wurd zwar nicht hereingebeten, doch die Tür wird eingetreten.
Das, was ich seh, das haut mich um, die Annegret liegt völlig krumm
mit ihrem Kopf auf dem Gerät, mit dem man tote Schweine brät.
Ich sehe gleich, es ist zu spät, sie ist schon eins mit dem Gerät,
sie zischt und blubbert und es stinkt, dass es mich um den Atem bringt.
Ich frag mich, was ist hier passiert, doch das ist schnell analysiert.
Es ist nicht schwer, das zu kapieren, der Kopf ging hoch und traf den Ihren,
darauf fiel sie auf das Gerät, mit dem man tote Schweine brät.
Seit dem ist sie dabei zu braten, ist auch schon recht gar geraten,
ihr Blick ist starr mit irrem Lachen, was sehe ich für grelle Sachen…
Sie zischt und dampft aus allen Poren, sogar aus den Segelohren,
wie ein Kessel voller Wasser … nur viel krasser…
So habe ich nun schnell kapiert, dass dieser Kopf bald explodiert,
mache mich ganz flink vom Acker, sag noch: “Anne, halt Dich wacker!”
Geh durch die eingetretene Tür und frag mich: Was kann ich dafür?

(Schlunz 1999 / 2009)

 
 

7 Kommentare zu “Annegret”

  1. Mephistopheles sagt:

    Tierisch gut!

  2. Bjoern sagt:

    Dieses Gemüsethema hält sich ja hartnäckig.
    Fragte ich schon, ob der üble Mord an Pflanzen wirklich besser sei? Ob nicht nur die Ähnlichkeit zu den Tieren uns schaudern lässt? Während uns für Pflanzen einfach das Einfühlungsvermögen fehlt. Sicher fragte ich das schon – ich wiederhole mich da oft.
    Ist aber nett gemeint. Versteh das ja.
    Gruß

  3. Ines Sey sagt:

    Grausam. Erinnert mich an die Grausamkeit von Edgar Allen Poe – auch da wurde mir immer schlecht…

  4. Schlunz sagt:

    @Björn:
    Ja, es ist unsere Ähnlichkeit zu nichtmenschlichen Tieren, die uns schaudern lässt (wenn es uns denn schaudert) und was diese Ähnlichkeit ausmacht, ist das zentrale Nervensystem.
    Hast Du Dich mal gefragt, inwiefern ein zentrales Nervensystem, je ausgeprägter es ist, mit einer umso ausgeprägteren Psyche einhergeht?
    Und dass ein ausgeprägtes Nervensytem für ausgeprägte sensorische Wahrnehmung spricht?
    Hast Du Dich gefragt, inwiefern diese Aspekte für Leidensfähigkeit stehen?
    Und solltest Du Dich das nicht fragen, frag Dich doch einfach, ob der “Massenmord” an genmanipulierten Pflanzen, die als Tiernahrung drauf geht , nicht eine “Leidoptimierung” bedeutet (eine sehr dekadente im Angesicht des Welthungers und der Klimaschäden durch “Nutztierhaltung”).

    @Ines:
    Ja, es ist grausam, primitiv und krank… Als ich gestern auf nem (ansonsten sehr geilen) Mittelaltermarkt war, hab ich Ähnliches gesehn und es war völlig “normal”. Waren halt keine Menschen, die da brutzelten…
    Wenn ich ein Gedicht über “Spanbaby am Spieß” schreibe, mache ich mich sicher unbeliebt, bringe aber einige Menschen dazu, ein “Spanferkel” mit anderen Augen zu sehen.
    So ungefähr ist mein Gedicht zu verstehen… ;o)

    LG, Schlunz

  5. Bjoern sagt:

    @Schlunz, das sind ja eine Menge Fragen, die ich mir besser schon lange hätte stellen sollen. Aber zum Inhalt: das ist ja genau die Wiederholung meines Argumentes. Nehmen wir die Ähnlichkeit zu uns als Kriterium für Psyche, Wahrnehmung und Leidensfähigkeit, schauen wir doch nicht gerade weit über den Tellerrand hinaus. Wenn ich neuronale Tätigkeiten des Menschen als Maßstab nehme und genau danach suche – ok. Kann man machen. Aber wer sagt uns, daß es nicht ganz andere Empfindungsformen gibt, die sich an einer gänzlich anderen Tätigkeit eines Organismus ablesen ließe?
    Sind auch lebende Wesen. Die Argumentation weniger hochentwickeltes Nervensystem, folglich weniger Empfindung, folglich nicht so schlimm wenn Rübe ab, finde ich nicht sehr überzeugend. Das ist egozentrisch.

  6. Schlunz sagt:

    @Bjoern:
    Vielleicht hilft Dir dieser Beitrag weiter:
    http://schlunz-extra.blogspot.com/2008/12/die-frage-nach-der-leidfhigkeit.html

    (bei meiner Gesprächspartnerin in dem Dialog handelt es sich übrigens um eine Biologin)

    LG, Schlunz

  7. Bjoern sagt:

    “Grundvoraussetzung für “Glück” und “Leid” ist ein zentrales Nervensystem … Ich frage mich, warum solche Informationen im Biologieunterricht nicht ausreichend vermittelt werden” – abgesehen davon, daß genau das im Biologie-Unterricht vermittelt wird, klingt Deine Einschätzung nicht gerade nach einem offenen Geist. Wer sagt Dir das? Die Argumente des heutigen Wissenschaftsbetriebes kenne ich auch, aber philosophisch überzeugt mich das keineswegs. Da ich mich nun zum dritten Male wiederhole, und Du wohl kein allzu großes Interesse hast, darauf einzugehen, verbleibe ich mit bestem Gruß.

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