Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

4 
 Juni 
 
2010


 

Thomas der Zwilling

Jesus sprach:
“Wenn ihr Geld habt, gebt es nicht gegen Zins.
Vielmehr gebt es dem, von dem ihr es nicht zurück erhalten werdet.”
Nicht jenes Kaufmannes nied’rer Gesinnung eifere nach, der
Geld nur entleiht, es einstreicht mit Zins, sein Vermögen zu mehren.

Wahre den Freimut im Herzen dir doch und leih’ dein Gehör dem
Dürftigen. Neige zu ihm dich herab und dien’ ihm mit tät’gem
Wort. Denn umsonst empfingest auch du von himmlisch gedeckter
Tafel Speise und Trank. So fordere gleichwohl vom Nächsten
nichts, ihm selbstlos ergeben, sodann göttliche Weisung befolgend.
→ zu Mnemosynes Geleit
Evangelium nach Thomas
 
 
29 
 Mai 
 
2010


 

Thomas der Zwilling

Dies sind die verborgenen Worte, die der lebendige Jesus sagte,
und Didymos Judas Thomas schrieb sie auf.
 
Und er sprach:
“Wer die Deutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken.”
Mächtig erging einst der Ruf an Thomas, dem zweifelnden Jünger,
niederzuschreiben hochheilige Worte des Himmelsgesandten.
Was als Torheit von Heiden erachtet, sei tröstend’ Geleit dem
Irrenden, Quell dem Ermattenden, neue Stärkung empfangend.

Wer aus dem reinen Kelch seiner Worte trinket, die Wahrheit
schmeckt und die Wandlung vollzieht, wird der Eitelkeit darge-
reichtes Gebräu, dem Wollust nur schäumet, künftig entsagen.

→ zu Mnemosynes Geleit
Evangelium nach Thomas
 
 
28 
 Mai 
 
2010


 

Thomas der Zwilling

Im Anfang war das Wort.

Und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort. Und das Wort ward
Fleisch, wohnte unter den Menschen, göttlich’ Geheimnis sie schauend.

Denn es ist vieles verborgen dem kindlich bewahretem Herzen,
blind auch der Weisen Verstand, der mit eher’n Gesetzen durchmisst das
Weltengebäu, mit Ahndung erlauscht der Natur harmonischen Klang und
doch mit gar dumpfem Leiergesang besinget die Schöpfung.

Lehre drum, Himmelsmacht, uns das Lied deiner heil’gen Akkorde!

→ zu Mnemosynes Geleit
Evangelium nach Thomas