Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

13 
 August 
 
2011


 

Orpheus entsagt der Waffengewalt beim Argonautenzug
 
Gedenkt nicht meiner Drangsal
auf rauem Kampfgefilde,
denn stets hat sich die Muse
doch selbst ihr Schild geschmiedet.

Fromm wehr’ ich drum Poseidons
beschirrtem Ross, entsage
mit Spott Artemis Köcher,
der angefüllt mit flinken Pfeilen – und der
Athene Schild, das Haupt der Medusa führend.

Denn hell ertönt der Lyrik Klinge
verzaubert mit der süßen Schärfe
und Allmacht einer Götterschwinge,
dass feind’scher Mächte Krallengriff
durch himmlisch’ Harfenspiel sich löset.

Sodann erhoff’ ich keinen Kriegssold,
dem Söldnerseelen nur verfall’n.
Beglückt damit die dürft’gen Armen,
besalbt der Waisen klaffe Wunden
und huldigt Helios ihn ehrend mit redlicher Tat.

Der feilen Brust indes verwehr’ ich
die Blüte meines Geistes. Nie
darf meiner Worte Lauterkeit
besprengen nied’rer Gesinnungen Opferaltar.
Denn frei und keusch soll erschallen der Musen Geschenk,
mit gold’nem Worthauch dunstumrankt
die kindlich reinen Herzenstafeln.

 
 
13 
 August 
 


 

Apollon,
Du geistbeseelter, tugendreicher Sphärensänger,
entleih’ den melodiösen Säuselwind,
der hauchend Dir durch’s gold’ne Harfenspiel
ambrosisch streift,
dem flauten Geistesregen
meiner Seele matten Flügelschlags.

Die irdischen Banden löse,
dass kraftbefiedert
meines Geistes Späh’n
sich dann mit kühnem Argusblick erhebt,
zum reichbestirnten Firmamente strebt,
um derorts edle Sternenworte zu erhaschen.

Nur dort prangt
des Paradieses verbliebene Schöne,
legt Venus
adelnd ihre Maßesschnur.
Nicht des äußer’n Liebreiz flüchtiger Fülle,
den holden Widerscheine,
krönet sie.

Sie schmähet dem nichtigen Prunk,
dem Trugbild falscher Wonnen.
Dem Liebschall sanftgewogener Rosenworte
entsendet einzig sie das köstliche Heil.

Oh, Apollon,
so nimm dahin
den mich umwehenden Jungfernschleier,
das schmucke Liebespfand,
es sei Dir eigen,
hiess flatternd zum Lohn des Dichters Banner
in deinem milden Geisteswinde sel’gem Reigen.

 
 
13 
 August 
 


 

Im tanzenden gleisen Morgenlichte
des munteren Lebenstaumels
schimmert silberner Inschrift
kühl der Marmor:

Heil der schönen Trösterseele,
Dein wahrer Glanz verblasset nie!
Dein Erdenstreif umging den Pfad
der unbeschwerten Sinneslust,
beschritt getreu den Dornenweg,
den schmalen Steig der Tugendlast.

Allzu früh im Jugendgarten
flammte Dir der Toteninsel
Fackelruf! Ein köstlich Los ward
Dir zuteil, der Götter Liebling,
die die Ihren treu in ihren Schoß empfahn.
Wohlan, Teure, Morpheus’ Lager rufet Dich,
hebe Dich getrost in Charons sich’ren Kahn!

Eines Wanderers forschendes Auge
streifet über die flüsternden Lettern
und wieget bedächtig das Herz.

Der stählerne Blick, er zerbricht
und schmilzt bestürmt zur Tränensaat.

Die heilige Erde,
benetzt von dem salzigen Kleinod,
sie atmet und haucht der Verstorbenen Geist
mit rankem Bemüh’n in das Ohr:

„Siehe,
wie rings umher auf lichtgeschwellter Heide
der reichen Apfelbäume Blütenschar
an Helios’ Liebesstreiche sich erlabt,
dass jedes weilend Auge sich
mit trunk’nem Sinn daran erfreuet.
Auch dieses Schmuckgewande welkt,
entweicht und muss entweichen höher’m Glücke,
das waltende Zepter dazureichen
der eigentlichen Segensfrucht.
Wenn des Samens nicht’ger Hülle nicht erstirbt,
vermag der Spross aus ewigem Schattenreiche
nimmer sich erheben.
Es ziert der Venus wahre Gunst,
wenn flücht’ger Dunst der nieder’n Kunst
entflieht und Schönes Schöneres gebiert.“