Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

6 
 März 
 
2017


 

Gedankenflaute

Harre, matter Geist,
der frohen Tage.

Des Gedanken eherner Flügel,
er schlägt zu seiner Zeit,
und schwinget dich zu hohen Fluges Ziel.
→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede
 
 
5 
 März 
 
2017


 

Dichterarena

Nicht Pindar preis’ ich, noch Ibykos, noch Alkaios,
das Pferdegespann antiker Dichtung…
Apoll nur, dem Lenker des Wagens, gilt Ruhm!

Denn erst wenn die Gottheit
den Zügel der sprachlichen Wendung wohl führt,
dem Versfuß sodann galoppierende Gräzie befehligt,
vollenden Dichter im Wettstreitgemenge die Laufbahn,
grünt ihnen der Lorbeer.

→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede
 
 
2 
 März 
 
2017

Schlagwörter

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So auch begab sich Pygmalion in seine Werkstatt.

Als begnadeter Bildhauer auf dem Inselreich Zypern
mehrte er reich die Tempel mit ehrfurchtgebietenden Götterstatuen,
gab Erscheinung der himmlischen Macht,
die seit jeher dem menschlichen Aug’ sich verbarg [1]entzog
und nur sich dem kindlichen [2]demüt’gen Herz offenbarte.

Diesem Bestreben nun folgend
gedachte der Künstler mit edlem Verlangen
gleichsam ein Weib zu erschaffen aus glänzendem Marmor,
denn schmerzlich war die Enttäuschung,
die erlittene, von den Frauen gewesen,
dass er nunmehr aus dem Gesteine weibliches Antlitz
still sich erhoffte, wie’s ihm im Traume oftmalig schwärmte.

Wohl war der kühne Entschluss nun gefasst,
wohl führte nun der Meister geduldig den Meißel
und formte in stiller Schöpferbetrachtung
aus dem Steine das werdende Bild andächt’ger Versenkung…

Und siehe, alles geriet wohl unter schaffender Hand:

 


 

Rein wie des Vollmondes schimmerndes Haupt
am bestirnten Gewölbe
prangt ihr die schönbleiche Stirn,
strahlt mir ins trunkene Aug’,
gießt ihren Silberschein
über der Wangen erhabnes Gefilde,
wo ein lieblicher Flor
duftender Zauber verströmt.

Abendtau kühl nun entatmend
naht sich Selene
und samtweich kost’ sie
mit dunstigem Hauch
lustvoll der Brüste Opal.

 
Und der leblose Stein erwachte zum Leben.

 

Liebestoll schmücket die zarte Braue
gleich Rosengerank das Tor zur sichtbaren Welt,
blühend entfächert der Blick [3]die bisher verschlossene Knospe.

Niederstreichender Wimpernschlag
fächelt ambrosische Brise,
windet mit goldsträhner Pracht Eros‘ genesendes Heil.

Linienvoll gipfelt
als strebender Bau die zierliche Nase.
Anmut -gleich wattigem Flausch-
kränzt sie wie heitres Gewölk.

Wahres Elysium,
Du, oh weibliches Antlitz!
Aus Deiner Lippen
erquellendem Born
sprudelt kristallene Macht,
wogt als Segensstrom
wallend im Rudel graziler Gelüste,
schwemmend mein trockenes Tal [4]…fruchtlosen Sehnens
mit paradiesischer Flut.

 

 
Wundertätig war einst des Bildhauers Meißel,
der vom Wunschbild geführt, vom Verlangen getrieben,
dem Gedanken in der Statur feste Gestaltung verlieh,
die durch Himmelsgeschick Empfindung erlangte.

Fußnoten[+]