Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

21 
 Juni 
 
2017


 
baumstamm_umwunden_von_efeu
Scherenschnitt
Margarete Schreiber[1]Foto: Margarete Schreiber. In: “Das Himmelsvolk” von Waldemar Bonsels
 
Musik
Wolfgang Amadeus Mozart [2]Klavierkonzert Nr. 23 – Adagio

Die Lichtung

Hüll’ mich umarmend in der Geborgenheit lichtem Gewande!

Hebe den scheuen Farn strähner Wimpern,
den Silbertau klarer Augen liebfunkelnd mir strahle!

Wohlduft entsteige der Wangen samt‘ges Moos,
trunk’ne Süße reiche der Lippen Holunder!

Und aus berauschter Sinne umlagernden Nachtesflor
rankt sich
deiner zarthalm‘gen Finger Akelei,
knospenquell blühend
mir ambrosisch entatmend
des Balsamhauchs linder Entsendung.

→ zu Mnemosynes Geleit
Morpheus’ Schoß

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12 
 Juni 
 
2017


 
dance_of_the_blessed_spirits_orpheus_eurydike_tanz_der_gesegneten_seligen_geister
 
Orpheus und Eurydike
 
Musik
Christoph Willibald Gluck [1]Tanz der seligen Geister
Fürwahr, sein dumpfer Augenschein war lichter schon entflammt und loderte einst den ungetrübten Wonneglanz muntrer Erdentage, damals auf dem unbeschwerten Pfad seiner Jugend.

Damals, als er im milden Wonnefluss der Dämmerröte mit heiterem Blick auf den heimischen Fluren durch die rankbewachsenen, thrakischen Bergwälder lustwandelte und mit frohem Schritte aller Banden gelöset sich dem ewigen Herzensfrieden anbefahl, frei vom Regelzwange einer gefühlserstarrten, mechanisch gefügigen Welt.

Nicht selten entfloh sein Zartgeist dem wirren Lärmen jener Welt, die in ihrer heillosen Geschäftigkeit mit eifernder Glut nach materieller Glückseligkeit gierte, die mit ihrer gutbürgerlichen Tüchtigkeit die berstenden Kammern häufender Habe zu füllen gedachte, um in des Geldstromes erquicklichem Bade das sorgende Jammern der Seele zu ertränken, anstatt des Herzens zartwurzelndem Sehnen nach höher’m Erdenglück gebührend zu stillen.

Ach, wie treu wogen Orpheus und Eurydike indes die stillen Momente im Heiligtum der empfangenden Natur, die sie in ihren blumen Purpurmantel bergend hüllte und beide im trauten Flüstertone Liebesworte fromm einander beichten durften.

Duftend offenbarte er sich ihnen, der milde Jugendtraum, der sich mit zarter Gravur tief in ihre kindbewahrten Herzenstafeln senkte.
→ zu Mnemosynes Geleit
Morpheus’ Schoß

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