Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

26 
 Mai 
 
2018


 


Säule 11

Des Herzens Feuerschale
Der Weise verliert nichts


Aus den Briefen Epiktets [1]fiktiv
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
Alles ist Leihgabe, himmlisches Pfand der gnädigen Götter,
welches beschieden dir ist, dir zur beschiedenen Zeit.
Klage drum nicht, du seist einer Sache verlustig geworden,
nahm dir der Geber doch nur, was er dir einst treu entlieh!

Sprich deshalb nicht, du hättest dein Weib, dein Kind gar verloren,
die auf irdischem Pfad liebend zur Hand dir gesellt.
Trauersang ehrt den Verlust, doch versagt er die Wiederkehr Liebster…
Sprich: “Was gegeben mir ward, geb’ ich nunmehr zurück!” [3]Der HERR hat’s gegeben,
der HERR hat’s genommen,
der Name des HERRN sei gelobt!


Oder dein Weinberg sei gestohlen, entwendet dir worden,
der an rühmlichem Hang heiter dir wog deinen Sinn.
“Aber es war doch ein nichtswürd’ger Schuft, der mit dreistem Verlangen
mir jenes Grundstück entriss!” [Dies auch gabst du nur zurück]

Doch was kümmert’es dich,
durch wen der Geber gedachte, sein Eigen zurück nun zu fordern?
Rechtest du mit dem Olymp um die [bisher] erwiesene Gunst?

Alles erachte [4]betrachte / behandle als fremdes Gut, zeitweilig dir zur Verfügung ge-
stellt [5]gereicht, zum zeitweiligen Besitz wie der Herberge Obdach dem Wanderer auch [6]der Leib als Herberge der Seele.
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Zenons Wandelhalle
Die stoischen Siegessäulen

Fußnoten[+]

 
 
14 
 Mai 
 
2018


 


Säule 8

Des Herzens Feuerschale
Schwimme nicht gegen den Strom!



Aus den Briefen Epiktets [1]fiktiv
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
Blick zum Gestirn kühler Nacht, bestaune die Wunderwelt lichten
Tages und gewahre darin heiliger Ordnungen Werk!
Alles durchwirkt mit tätigem Sinn der Allnatur Wille,
ew’ger Gestaltungen Strom rauscht aus der Urschöpfung [3]Ursprung Quell.

Reißend erfasst des Schicksals gar launischer Woge dich nun?
Vertrau’ dich ihr an! [4]Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen reißt es hinfort – Seneca
Wie er auch braust ebnet der Strom sich auch dir!
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Zenons Wandelhalle
Die stoischen Siegessäulen

Fußnoten[+]

 
 
7 
 Mai 
 
2018


 
Aus den Briefen Epiktets [1]fiktiv
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
Allzeit bedenk’, halte stets dir vor Augen: Einige Dinge
stehen in unserer Macht, andere wiederum nicht!

Über die wahren Besitztümer menschlichen Geistes gebietet,
herrscht die Vernunft, die da sind: Urteilsvermögen, Begehr
jedweder Art, Widerstreben und Bestreben all uns’res Tuns,
kurzum: der Willenskraft Werk, unseres Geistes Geblüm!

Nicht in uns’rer Gewalt, im Bezirke machtvollen Wirkens,
sind hingegen der Leib, gleichwohl von rühmlicher Kraft,
noch gehäuftes Vermögen, noch bekleidete Ämter,
Ansehn auch nicht, noch des Ruhms Liebschalle schmeichelnden Lobs!
Jenen Dingen entsage, nähr’n sie doch flüchtig dein Glück nur:
Freudiger Hoffnungen Wunsch flieht [3]entreißt sich der Verfügung Gewalt!
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Zenons Wandelhalle
Die stoischen Siegessäulen

Fußnoten[+]