Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

28 
 August 
 
1998

abgelegt in
Reimgedichte

 

Gold’nes Abendlicht tänzelt durch der Bäume
wankendes Blätterheer
küsst frohgemut des Wiesenteppichs wogendes Gräsermeer
und möchte uns’ren rauschergriffenen Seelen
streifend in den lichtgetränkten Feldern
schweifend zu den ferngerückten Wäldern
dem ewigen Frieden anbefehlen.

Hier am Quell der Nymphen und Elfen,
der Waldfeen und Musen,
darf man an Floras zartem Busen,
necktarträufelnder Blumenkelchen
den Durst nach wahrem Leben stillen,
berauschet von den Frühlingsklängen,
die schwirrend in den Lüften hängen,
das Herz mit ihrem Wiesenzauber füllen,
in dessen Purpurmantel sich bergend hüllen.

Düst’re Gedanken werden licht,
kleiden sich in bunte Schillerfarben,
Blütenträume müssen nimmer darben,
denn Wonnefluss gebietet hier die heilige Pflicht.

Ein Sonnenstrahl, aufs ascherne Haupt gesät,
krönt uns mit Lichterkranz zur Majestät,
und der purpurne Königsteppich, rosenbestreut,
ist uns der duft’ge Wiesenteppich, perlenbetäut.

Mein Schmetterling,
oh, Du Inbegriff der weiblichen Zierde,
du gleisend Licht in kühler Herzensgruft
beglückest mich mit nie ersonn’ner Adelswürde
umströmst mich lind mit deinem Fliederduft.

Händchenhaltend
zieht es uns auf ungewisse Pfade,
freudewaltend
tauch’ ich mich ins Rosenbade
deines Geistes ed’ler Wörterflut
deines Herzens reinster Liebesglut,
meines schwankenden Ichs eiserne Stütze.

Heldenhaft erklommen wir des Jäger’s Sitze,
um dort, von Zweigen umgarnt in höchsten Tannenkronen,
als Herrscherpaar regierend zu thronen,
der ganze Erdenrund uns zu Füßen liege.

Dein müdes Haupt senkt sich in meines Schoßes Wiege
schenkt ihm gebürt’ges Ruhekissen,
mein Fingerspiel streicht sanft der Wangen geschmeid’ge Züge
und zuweilen neigt mein Lippenrand sich zum Küssen.

 
 
19 
 August 
 
1998

abgelegt in
sonstige Prosa

 

Man stelle sich das besonnteste, zärtlichste Lächeln, die funkelndesten, strahlendsten Augenpaare, die geschmeidigsten Gesichtskonturen, die aprikosenhaftesten Lippen und das blühendste Gemüt vor, und es entspricht nicht annähernd dem ergötzenden Naturschauspiel, das sich hier in einer Lichtgestalt einer unbekannten Schönen ihm widerspiegelte.

Diesem Sinnesrausch konnte er lediglich in seiner schüchternen Eigenart eine trockene, zaghafte Handhebung als rituelles Zeichen der Begrüßung entbieten, um sich dann auf den soliden Küchenstuhl zu seiner Erleichterung niederzulassen und dadurch sich den neugierigen Blicken der Anwesenden zu entziehen.

Die Schweißperlen auf seiner leicht erhitzten Stirn zeugten noch von dem Kraftakt des Umzuges, bei dem er einer Freundin bei der Möbelplazierung in der neuen Wohngemeinschaft seine helferischen Dienste angeboten hattte.
Diese Freundin arbeitete ebenso wie er in einer Einrichtung für geistig bis körperlich mehrfach Behinderte, und sie sparte sich durch den Einzug die täglich anfallenden Anfahrtszeiten, da sich nun ihr Arbeitsplatz einen Steinwurf weit von ihrer heute bezogenen Mitarbeiterwohnung befand.

Er selbst wohnte nur wenige Minuten Fußmarsch entfernt in einem Zimmer nahe einer Wäschereianlage und wollte noch vor dem Aufbruch ein wenig in der Küche pausieren, in dem sich noch andere Wohngenossen – darunter auch die eben benannte Unbekannte – tummelten.

Da saß er nun mit verschüchtertem Anlitz, wortkarg, den eigenen Blick nach innen gelenkt, jeglichen Augenkontakt meidend. Nur das vorgerichtete Tischbesteck bot ihm eine Anschauungsfläche bei seinen schweifenden Blicken durch die überfüllte Küche, und er wollte sich zunächst durch dieses Vortasten eine gewisse Sicherheit in seinem Auftreten verschaffen.
Er lauschte anteilnahmelos der angeregten Gesprächsrunde und mit zunehmender Überwindung seiner beklemmenden Menschenscheue wagte er es, mit knappgehaltenen Worteinwürfen die Unterhaltung zu bereichern, sofern sich Anknüpfpunkte ergaben.

Sein überaus trockener Humor schien bei der Zuhörerschaft auf fruchtbaren Boden zu fallen; er erntete beim Publikum applaudierendes Gelächter.
Selbst der Unbekannten entglitten durch die witzgewürzten Äußerungen die naturgebenen schmunzelnden Gesichtszüge gepaart mit einem zauberhaft lautbarem Lächeln.
Ihre zuweilen gezielten Blicke – so schien es ihm – kreuzten hin und wieder sein Augenfeld, wobei er diesem lodernden Flammenblick nicht standhalten konnte, und deshalb diesem wenn auch erquicklichen Blickkosen schreckhaft auswich.

Zigarettenrauch erfüllte indes den immer noch prallgefüllten Raum, während eine Praktikantin der WG bei qualmender Zigarette in der einen Hand kochlöffelschwingend mit der anderen sich am Herd das Abendessen zubereitete – Spaghetti mit Tomatensoße.
Dabei gab sie sich unter bewegungsaktivem Körpereinsatz den rhytmischen Schwingungen der aus dem Radio dringenden Musik hin.

Anfänglich etwas von dem weiblichen Überhang erdrückt, genoß er nunmehr das vergnügliche Ambiente, den regen Gedankenaustausch mit den sehr gesprächigen Praktikantinnen.
Auch die Unbekannte taute zunehmend auf und wies mit einem lächelnden ironischen Kopfschütteln auf die verstrichenen zwei Tage hin, in denen sich ihr nicht die Möglichkeit bot, aus der Einengung ihrer vier Wände auszubrechen.

Allmählich brach der laue Abend herein, die Schatten wurden länger und eine lautdämpfende Finsternis legte sich auf das Land. Die Natur verstummte unter diesem nächtlichen Schleier und wog sich in den Schlaf.

Doch dem Redefluß in der WG tat dies keinerlei Abbruch.
Man tauschte sich rege aus, sodaß sich IHRE Biographie zunehmend wie ein Mosaikbild zusammenfügte.
Ihre heimatlichen Wurzeln entsprangen in Chemnitz, ehemalige Karl-Marx-Stadt in Sachsen.
Sie hatte ebenfalls wie er ein Gehör für klassische Musik und trug den der Poesie verpflichteten Namen Juliane.
Trotz DDR-Regime fühlte sie sich dem Christentum zugewandt oder war zumindest christlich angehaucht, wodurch er sich noch verstärkt einen ideologischen Einklang erhoffte.
Zwar hatte er mit dem kirchlichen Glauben, in dem er erzogen wurde, längst gebrochen, doch andererseits sehnte er sich schon nach einer Religion, die ihm in einer anonymen Welt eine Identität verlieh, ein ruhender Pol in seinem Leben darstellte.

Die gesprächsgefüllten Stunden verstrichen und man spielte mit dem Gedanken, noch etwas in der jungen Nacht zu unternehmen.
Jessica, eine Mitwohnerin in seiner WG, gewann man schließlich als Sympathisantin, um im nahegelegenen Ort Billard zu spielen.
Für ihn war Jessica’s Anwesenheit von äußerst beruhigender Bedeutung, zumal er sich doch nicht wagte, mit der Fremden allein dieser Vergnüglichkeit nachzugehen.

Also gingen die drei nach Verabschiedung […]

 
 
5 
 August 
 
1998


 

Übersetzung von Jessica Biedermanns Prosa-Gedicht am 5. August 1998

Dein schmelzendes Lachen,
das auf Deinem roterglühten Wangen liegt,
und mich im höchsten Musentraume wiegt,
bringt meine fast verglomm’ne Herzglut zum Entfachen.

Mein stetes Geleit, gemeinsam Siege zu erringen,
läßt mich vor Wonne in tausend Scherben selig zerspringen.

Du gleichest nicht dem Troß der faden Alltagsmasse,
und das erhebt Dich auf den Thron besond’rer Klasse.

In Deinem Freudentaumel sonn’ ich mich mit ( verzehrender ) Schwelgerei,
und rührst selbst stöhnend im faden Alltagsbrei.

Fürwahr, Dein Königreich erstrecke sich in meinem Herzen,
fern sei mir, Dich von meinen Herzenstafeln auszumerzen.