Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

23 
 Februar 
 
2012


 


Ave verum corpus
Komposition: Wolfgang Amadeus Mozart
Übersetzung: Wikipedia

 

Ave, ave, verum corpus,
natum de Maria virgine,
vere passum
immolatum in cruce
pro homine,
cujus latus perforatum
unda fluxit et sanguine;
esto nobis praegustatum
in mortis examine,
in mortis examine!
Sei gegrüßt, wahrer Leib,
geboren von Maria, der Jungfrau,
der wahrhaft litt
und geopfert wurde am Kreuz
für den Menschen,
dessen durchbohrte Seite
von Wasser floss und Blut.
Sei edler Vorgeschmack
in der Prüfung des Todes!
in der Prüfung des Todes!

 
 
30 
 Januar 
 
2012


 

Am Brunnen vor dem Tore
Da steht ein Lindenbaum:
Ich träumt in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.

Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud und Leide
Zu ihm mich immer fort.

Ich mußt auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab ich noch im Dunkel
Die Augen zugemacht.

Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier findst du deine Ruh!

Die kalten Winde bliesen
Mir grad ins Angesicht,
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.

Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör ich´s rauschen:
Du fändest Ruhe dort!

 

Schubertsche Vertonung von Friedrich Silcher

Textdichter Wilhelm Müller
Lesung Jürgen Hentsch
Bereitstellung wortlover

 
 
6 
 Januar 
 
2012


 

DICHTUNG Walther von der Vogelweide
ÜBERSETZUNG WikiPedia
BEREITSTELLUNG Ginnungsgap


 

Under der linden Unter den Linden
mittelhochdeutsch heutiges Deutsch

 

Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
Vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.
Unter der Linde
an der Heide,
wo unser gemeinsames Bett war,
dort könnt ihr finden
gepflückte
sorgsam Blumen und Gras.
Vor dem Walde in einem Tal,
tandaradei,
sang die Nachtigall lieblich.
Ich kam gegangen zuo der ouwe,
dô was mîn friedel komen ê.
Dâ wart ich enpfangen,
hêre frouwe,
daz ich bin sælic iemer mê.
Kuster mich? Wol tûsentstunt:
tandaradei,
seht, wie rôt mir ist der munt.
Ich kam zu der Au,
da war mein Liebster schon da.
Dort wurde ich empfangen,
als edle Frau!

(so) dass ich für immer glücklich bin.
Küsste er mich? Wohl tausendmal!
Tandaradei,
seht, wie rot mir der Mund davon ist.

Dô het er gemachet alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
Des wirt noch gelachet inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
 
Bî den rôsen er wol mac,
tandaradei,
merken, wâ mirz houbet lac.
Da hatte er prächtig gemacht
aus Blumen ein Bett.
Darüber wird jetzt noch herzlich gelacht,
wenn jemand denselben Weg entlang kommt.
An den Rosen kann er wohl,
tandaradei,
erkennen, wo mein Haupt lag.
Daz er bî mir læge, wessez iemen
(nû enwelle got!), sô schamt ich mich.
 
Wes er mit mir pflæge,
niemer niemen bevinde daz,
wan er und ich,
und ein kleinez vogellîn –
tandaradei,
daz mac wol getriuwe sîn.
Dass er bei mir lag, wüsste das jemand
(das wolle Gott nicht!), dann würde ich mich schämen.
Was er mit mir tat,
das soll nie jemand erfahren,
außer er und ich
und ein kleines Vöglein,
tandaradei,
das kann wohl verschwiegen sein.