Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

13 
 November 
 
2011


 

 

La espero


 
Die Hymne der Esperanto-Bewegung

La espero Die Hoffnung
Esperanto Deutsch

 

En la mondon venis nova sento,
tra la mondo iras forta voko;
Per flugiloj de facila vento
nun de loko flugu ĝi al loko.
Ne al glavo sangon soifanta
ĝi la homan tiras familion;
Al la mond’ eterne militanta
ĝi promesas sanktan harmonion.
 
Sub la sankta signo de l’ espero
kolektiĝas pacaj batalantoj,
Kaj rapide kreskas la afero
per laboro de la esperantoj.
Forte staras muroj de miljaroj
inter la popoloj dividitaj;
Sed dissaltos la obstinaj baroj,
 
per la sankta amo disbatitaj.
 
Sur neŭtrala lingva fundamento,
komprenante unu la alian,
La popoloj faros en konsento
unu grandan rondon familian.
Nia diligenta kolegaro
en laboro paca ne laciĝos,
Ĝis la bela sonĝo de l’ homaro
por eterna ben’ efektiviĝos.
In die Welt kam ein neues Gefühl,
durch die Welt geht ein starker Ruf;
Mit Flügeln leichten Windes
fliege er nun von Ort zu Ort.
Nicht zum blutdürstenden Schwert
zieht er die menschliche Familie;
Der ewig kriegführenden Welt
verspricht er heilige Harmonie.
 
Unter dem heiligen Zeichen der Hoffnung
sammeln sich friedliche Kämpfer,
Und schnell wächst die Sache
durch die Arbeit der Hoffenden.
Stark stehen Mauern von Jahrtausenden
zwischen den getrennten Völkern;
Aber die widerspenstigen Schranken werden zerspringen,
durch die heilige Liebe zerschlagen.
 
Auf neutralem sprachlichen Fundament,
eines das andere verstehend,
Werden die Völker einvernehmlich
eine große Familienrunde bilden.
Unsere fleißige Kollegenschaft
wird in friedlicher Arbeit nicht ermüden,
Bis der schöne Traum der Menschheit
sich zu ewigem Segen erfüllt.

 
 
8 
 August 
 
2011


 

“Niederstürzen möchte ich mich und anbeten
am Altar reiner Verehrung!”

 
Ob ich die Frauen verehre, sie gar im Stillen vergött’re?
Ja, im Gesang und der Dichtung, wo Reines verschmilzt, sich
alles verdichtet und sich übersteigert ins Geist’ge, ins wahre
Schöne verkläret, dem ewig Unfassbaren! Keines verschmähten
Mannes Frevelhand darf dich [holdes Weib], dem Erdkreis enthoben, nun schänden,
kein lüstern Aug’ dich erschauen, kein weltlärmertäubtes Ohr dir
lauschen im heil’gen Bezirke des ätherdurchwogenden Sphärengesanges!

 


O ecclesia
Hildegard von Bingen

 

O Ecclesia,
oculi tui similes saphiro sunt,
et aures tue monti Bethel,
et nasus tuus est
sicut mons mirre et thuris,
et os tuum quasi sonus
aquarum multarum.

In visione vere fidei
Ursula filium dei amavit
et virum cum hoc seculo reliquit
et in solem aspexit
atque pulcherrimum iuvenem vocavit,
dicens:

“In multo desiderio
desideravi ad te venire,
et in celestibus nuptiis tecum sedere,
per alienam viam ad te currens
velut nubes
que in purissimo aere currit similes saphiro.”

Et postquam Ursula sic dixerat,
rumor iste per omnes populos exiit.

Et dixerunt:
“Innocentia puellaris ignorantie
nescit quid dicit.”

Et ceperunt ludere cum illa
in magna symphonia,
usque cum ignea sarcina super eam cecidit.

Unde omnes cognoscebant:
quia contemptus mundi
est sicut mons Bethel.

Et cognoverunt etiam
suavissimum odorem mirre et thuris,
quoniam contemptus mundi
super omnia ascendit.

Tunc diabolus membra sua invasit,
que nobilissimos mores
in coporibus istis occiderunt.

Et hoc in alto voce
omnia elementa audierunt
et ante thronum Dei dixerunt:

“Wach! rubicundus sanguis innocentis agni
in desponsatione sua effusus est.

Hoc audiant omnes celi
et in summa symphonia
laudent Agnum Dei,
quia guttur serpentis antique
in istis margaritis
materie Verbi Dei
suffocatum est.”

Oh, [heilige] Kirche,
deine Augen sind wie ein Saphir
und deine Ohren wie der Berg Bethel
und deine Nase ist
wie ein Berg von Myrrhe und Weihrauch
und dein Mund ist [klingt] wie
rauschende Wasser.

In der Schau des wahren Glaubens
hat Ursula den Sohn Gottes geliebt
und dem Mann und der Welt entsagt
und sie blickte in die Sonne
und erblickte den strahlenden Jüngling
und sprach:

“Mit großem Verlangen habe ich mich gesehnt,
zu dir zu gelangen
und in himmlischer Vermählung bei dir zu sein.
Auf einem unbekannten Wege eilte ich zu dir,
wie eine Wolke,
die in reinem Äther dahineilt einem Saphir gleich.”

Und als Ursula so vernehmbar gesprochen hatte,
da ging ein Raunen durch alle Völker.

Und sie sprachen:
“Diese mädchenhafte Unschuld,
sie weiß in ihrer Einfalt nicht, was sie sagt.”

Und sie begangen mit ihr zu spielen
mit großem Klang
bis eine Feuergarbe auf sie niederfiel.

Da erkannten alle:
Die Weltverachtung
gleicht dem Berg Bethel.

Und sie erkannten auch
den süßen Duft von Myrrhe und Weihrauch,
denn die Weltverachtung
steigt über alles steigt.

Der Teufel aber schickte die Seinen,
um das Edelste
in diesen Körpern zu vernichten.

Und was laut vernehmbar wurde,
das hörten alle Elemente
und vor dem Thron Gottes sprachen sie:

“Wehe! Das leuchtendrote Blut des Lammes
ist bei seiner Vermählung vergossen worden.

Die sollen alle Himmel hören
und mit allen Stimmen
lobpreisen das Lamm Gottes,
denn der Rachen der alten Schlange
ist durch diese Perlen,
aus Gottes Wort erschaffen,
erstickt worden.”

 
 
4 
 August 
 
2011


 

Hildegard von Bingen
übertragen ins Deutsche von Maria Kempf



 
O Pastor animarum
Oh, Hirte der Seelen

et o prima vox,
und erste Stimme,

per quam omnes creati sumus,
durch welche wir alle geschaffen wurden,

nunc tibi, tibi placeat,
möge es dir nun gefallen,

ut degneris nos liberare
uns Niedrige zu befreien

de miseriis et languoribus nostris.
von unserem Elend und unserer Mattigkeit.