Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

30 
 Juni 
 
1998

abgelegt in
Reimgedichte | Vertonungen

 



 
Entrücket
von der Welten wirrem Lärmen,
beglücket
in des Dichter’s selgem Schwärmen
durchbricht
entflammtes Geisteslicht
der Weltennacht Dunkel,
gleich Sternengefunkel,
erpicht
die frost’gen Gemüter zu erwärmen
zu neuem Freudentaumel aufzuraffen,
die rost’gen Glieder indes erschlaffen
im Sumpf
der nüchternen Wirklichkeit.Und stumpf
ertönt der Lyrik’ Klinge,
entzaubert ihrer süßen Schärfe
gleich dem matten Flügelschlag einer Engelsschwinge
oh, Seele, mir schaudert,
verwerfe
doch
dein fühlend Mitleid.

Poch’
nicht an ihre Herzenstür,
zerstreue nicht die Perlenzier,
die Treue der Lyrik allein nach Gebühr!

 
 
1 
 Januar 
 
1998

abgelegt in
Reimgedichte | Vertonungen

 

Mein dumpfer Augenschein war lichter schon entflammt …
die rauhen Wimpernhaare geschmeidiger denn Königssamt.

Wo einstens Freudenfeuer,
drängt Trübsalsglut zu schwelen
und aus schillernder Prunkfassade
mit kunstgeschnitzter Maskerade
starrt totes Froschgeäuge steif
und quell aus meinen Augenhöhlen,
denen stets ein Rosenblick erblühte.

Des Erdenwandels kurzer Streif
wiegt schwer an Pfund auf zartgesponnenem Gemüte,
stillt nicht das innewohnende Sehnen,
und rein vom schändlichen Verlangen
besiegeln es die laut’ren Tränen
bächefließend über heißerglühte Wangen.

Weltleidergriffen
ins Herz geschliffen
dröhnen mit bleigenährter Trauerschwere
die ewighallenden Jammerchöre.

Vielleicht erlausch’ ich in der Steppe gähnender Leere
schauernd voller Unbehagen
den bebenden Donner anrückender Streiteswagen?

Vielleicht erspäh’ ich sich türmende Feindesheere
mit bangem Gemüt und angstgeschürt
wo bloße Einöde mir entgegen stiert?

 
 
30 
 Juni 
 
1997

abgelegt in
Reimgedichte | Vertonungen

 



 
Kräftevoll trägt
des strammen Pfeilers weißer Marmor
der bleichen Decke morsches Holzgebälk.

Liebestoll regt
ein Pflänzchen sich empor
mit kosendem Umranken, zur halben welk.

Doch dank dem Sehnsuchtstriebe
entsprungen aus dem Liebesquell
erklimmt es flugs, bevor es erstürbe,
des Pfeilers geziertes Kapitell.

Flammende Kerzen als stumme Zeugen
leuchten schauernd diesem letzten Liebesspiel,
mit lodernden Blicken sie beäugen
des Pflänzchen’s Todeskampf mit Schmerzgefühl.