29 Juli 2011 |
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Was schläfst und träumst du, Jüngling, gehüllt in dich
Und säumst am kalten Ufer, Geduldiger,
Und achtest nicht des Ursprungs, du, des
Ozeans Sohn, des Titanenfreundes!
Die Liebesboten, welche der Vater schickt,
Kennst du die lebenatmenden Lüfte nicht?
Und trifft das Wort dich nicht, das hell von
Oben der wachende Gott dir sendet?
Schon tönt, schon tönt es ihm in der Brust, es quillt,
Wie, da er noch im Schoße der Felsen spielt’,
Ihm auf, und nun gedenkt er seiner
Kraft, der Gewaltige, nun, nun eilt er,
Der Zauderer, er spottet der Fesseln nun,
Und nimmt und bricht und wirft die Zerbrochenen
Im Zorne, spielend, da und dort zum
Schallenden Ufer und an der Stimme
Des Göttersohns erwachen die Berge rings,
Es regen sich die Wälder, es hört die Kluft
Den Herold fern und schaudernd regt im
Busen der Erde sich Freude wieder.
Der Frühling kommt; es dämmert das neue Grün;
Er aber wandelt hin zu Unsterblichen;
Denn nirgend darf er bleiben, als wo
Ihn in die Arme der Vater aufnimmt.
10 Juli 2011 |
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Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl? Dahin!
Dahin möcht’ ich mit dir,
O mein Geliebter, ziehn.
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl? Dahin!
Dahin möcht’ ich mit dir,
O mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier such im Nebel seinen Weg,
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut.
Kennst du ihn wohl? Dahin!
Dahin geht unser Weg!
O Vater, laß uns ziehn!
10 Juli |
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I.
Vom schönsten Wesen wünschen wir Vermehrung,
Damit der Schönheit Ros’ unsterblich sei,
Und, wenn das Reife stirbt durch Zeitverheerung,
Sein Bild in zarten Erben sich erneu’,
Doch du, in eigner Augen Schein begnügt,
Nährst mit selbstwesentlichem Stoff dein Feuer,
Machst Hungersnot wo Überfülle liegt,
Dir selber Feind, des holden Ichs Bedräuer!
Der jungen Tage frische Zierde du
Und einz’ger Herold bunter Frühlingszeit,
Begräbst in eigner Knospe deine Ruh,
Vergeudest kargend, zarte Selbstigkeit!
Hab Mitleid mit der Welt! Verschling’ aus Gier
Ihr Pflichtteil nicht in deinem Grab und dir.