Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

8 
 Juni 
 
2012

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

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Dorothea Veit, die Tochter von Moses Mendelssohn, die in zweiter Ehe mit Friedrich Schlegel verheiratet war, Caroline Michaelis, die dessen Bruder August Wilhelm heiratete und Caroline Schlegel hieß, bevor sie schließlich den wesentlich jüngeren Philosophen Schelling heiratete, Caroline von Rochow, die Frau von Friedrich de la Motte-Fouqué, Bettine Brentano, Schwester von Clemens Brentano, Frau dessen Freundes Achim von Arnim, Wilhelmine von Chézy, Enkelin von Anna Louise Karsch, Marianne Willemer, Geliebte Goethes und Mitverfasserin von dessen ‘West-östlichen Divans’, Dorothea Tieck, Shakespeare-Übersetzerin, Tochter von Ludwig Tieck, der diese einzigartigen Schlegel-Tieckschen Übersetzungen lediglich herausgegeben hat, Rahel Levin, verheiratet mit dem Goetheforscher Varnhagen van Ense, Sophie Mereau, verheiratet mit Clemens Brentano und eben Caroline von Günderode, um die Clemens vergeblich warb, und die in den Göttinger Mythenforscher Creuzer verliebt war.

 

 
Der Luftschiffer (3:13)
Karoline von Günderode (1780 – 1806)

Gefahren bin ich in schwankendem Kahne
Auf dem blaulichen Ozeane,
Der die leuchtenden Sterne umfließt.
Habe die himmlischen Mächte begrüßt.
War in ihrer Betrachtung versunken,
Habe den ewigen Äther getrunken,
Habe dem Irdischen ganz mich entwandt,
Droben die Schriften der Sterne erkannt,
Und in ihrem Kreisen und Drehen
Bildlich den heiligen Rhythmus gesehen.

Aber ach! Es ziehet mich hernieder,
Nebel überschleiert meinen Blick,
Und der Erde Grenzen seh ich wieder,
Wolken treiben mich zurück.
Wehe! das Gesetz der Schwere
Es behauptet nun sein Recht,
Keiner darf sich ihm entziehen,
Von dem irdischen Geschlecht.

 

 
Einstens lebt ich süßes Leben (5:21)
Karoline von Günderode (1780 – 1806)

Einstens lebt ich süßes Leben,
Denn mir war, als sei ich plötzlich
Nur ein duftiges Gewölke.
Über mir war nichts zu schauen
Als ein tiefes blaues Meer.
Und ich schiffte auf den Wogen
Dieses Meeres leicht umher.
Sah jetzt in dem heilig tiefen,
Unnennbaren Raum der Himmel,
Wunderseltsame Gebilde
Und Gestalten sich bewegen.

Ewige Götter
Saßen auf Thronen
Glänzender Sterne,
Schauten einander
Selig und lächelnd.
Blühend voll Anmut
Unter den Rohen
Stand eine Jungfrau,
Alle beherrschend.
Liebliche Kinder
Spielten inmitten
Giftiger Schlangen. –
Hin zu den Kindern
Wollt ich nun schweben,
Mit ihnen spielen
Und auch der Jungfrau
Sohle dann küssen.

Doch es hielt ein tiefes Sehnen
In mir selber mich gefangen.
Und mir war, als hab ich einstens
Mich von einem süßen Leibe
Losgerissen, und nun blute
Erst die Wunde alter Schmerzen.

Ich musste weinen.
Rinnend in Tränen
Sank ich hinab
Zu dem Schoße der Mutter.
Farbige Kelche
Duftender Blumen
Fassten die Tränen,
Und ich durchdrang sie,
Alle die Kelche,
Rieselte abwärts
Hin durch die Blumen,
Tiefer und tiefer,
Bis zu dem Schoße
Hin, der verhüllten –
Quelle des Lebens.

 

 
Die eine Klage (8:31)
Karoline von Günderode (1780 – 1806)

Wer die tiefste aller Wunden
Hat in Geist und Sinn empfunden:
Bittrer Trennung Schmerz.
Wer geliebt, was er verloren,
Lassen muss, was er erkoren:
Das geliebte Herz.

Der versteht in Lust die Tränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein.
Eins im Andern sich zu finden,
Dass der Zweiheit Grenzen schwinden
Und des Daseins Pein.

Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt ein Wesen liebgewinnen,
O! den tröstets nicht,
Dass für Freuden, die verloren,
Neue werden neu geboren:
Jene sinds doch nicht.

Das geliebte, süße Leben,
Dieses Nehmen und dies Geben,
Wort und Sinn und Blick,
Dieses Suchen und dies Finden,
Dieses Denken und Empfinden
Gibt kein Gott zurück.

 
 
8 
 Juni 
 

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Ein Jüngling liebt ein Mädchen (0:42)
Heinrich Heine (1797 – 1856)

Ein Jüngling liebt ein Mädchen.
Die hat einen andern erwählt.
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen.
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte.
Doch bleibt sie immer neu.
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.

 

 

»Wie angenehm verwundert war ich Anno 1819, als ich, ein ganz junger Mensch, die Universität Bonn besuchte und dort die Ehre hatte, den Herrn Dichter A. W. Schlegel, das poetische Genie, von Angesicht zu Angesicht zu sehen.
Noch heute fühle ich einen heiligen Schauer, der durch meine Seele zog, wenn ich vor seinem Katheder stand und ihn sprechen hörte. Ich trug damals einen weißen Flauschrock, eine rote Mütze, lange blonde Haare und keine Handschuhe.
Herr A. W. Schlegel trug aber Glacéhandschuhe und war ganz nach der neuesten Pariser Mode gekleidet. Er war die Zierlichkeit und die Eleganz selbst, und wenn er vom Großkanzler von England sprach, setzte er hinzu »mein Freund«.
Neben ihm stand sein Bedienter in der Schlegelschen Hauslivree und putzte die
Wachslichter, die auf silbernen Armleuchtern brannten und nebst einem Glase Zuckerwasser vor dem Wundermanne auf dem Katheder standen.
Livreebedienter! Wachslichter! Silberne Armleuchter! Mein Freund, der Großkanzler von England! Glacéhandschuhe! Zuckerwasser!
Welch unerhörte Dinge im Kollegium eines deutschen Professors!«

 

 

»Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem König von Hannover und enthält einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist.
Im allgemeinen werden die Bewohner Göttingens eingeteilt in Studenten, Professoren, Philister und Vieh, welche vier Stände doch nichts weniger als streng geschieden sind. Der Viehstand ist der bedeutendste. Die Namen aller Studenten und aller ordentlichen und unordentlichen Professoren hier herzuzählen, wäre zu weitläufig.
Auch sind mir in diesem Augenblick nicht alle Studentennamen im Gedächtnisse, und unter den Professoren sind manche, die noch gar keinen Namen haben.«

 

 
Die Lorelei (4:52)
Heinrich Heine (1797 – 1856)

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin.
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein.
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar.
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei.
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh.
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn.
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lorelei getan.

 

 
Wahrhaftig (aus:”Buch der Lieder”) (6:23)
Heinrich Heine (1797 – 1856)

Wenn der Frühling kommt mit dem Sonnenschein,
Dann knospen und blühen die Blümlein auf.
Wenn der Mond beginnt seinen Strahlenlauf,
Dann schwimmen die Sternlein hintendrein.
Wenn der Sänger zwei süße Äuglein sieht,
Dann quellen ihm Lieder aus tiefem Gemüt. –
Doch Lieder und Sterne und Blümelein,
Und Äuglein und Mondglanz und Sonnenschein,
Wie sehr das Zeug auch gefällt,
So machts doch noch lang keine Welt.

 

 
Heimkehr (aus:”Buch der Lieder”) (7:50)
Heinrich Heine (1797 – 1856)

Der Wind zieht seine Hosen an,
Die weißen Wasserhosen!
Er peitscht die Wellen, so stark er kann,
Die heulen und brausen und tosen.
Aus dunkler Höh, mit wilder Macht,
Die Regengüsse träufen.
Es ist, als wollt die alte Nacht
Das alte Meer ersäufen.

___________

Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang.
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein, sein Sie munter!
Das ist ein altes Stück.
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück.

 
 
4 
 Juni 
 
2012

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Mein Herz, mein Herz ist traurig,
Doch lustig leuchtet der Mai;
Ich stehe, gelehnt an der Linde,
Hoch auf der alten Bastei.

Da drunten fließt der blaue
Stadtgraben in stiller Ruh;
Ein Knabe fährt im Kahne,
Und angelt und pfeift dazu.

Jenseits erheben sich freundlich,
In winziger, bunter Gestalt,
Lusthäuser, und Gärten, und Menschen,
Und Ochsen, und Wiesen, und Wald.

Die Mägde bleichen Wäsche,
Und springen im Gras herum;
Das Mühlrad stäubt Diamanten,
Ich höre sein fernes Gesumm.

Am alten grauen Turme
Ein Schilderhäuschen steht;
Ein rotgeröckter Bursche
Dort auf und nieder geht.

Er spielt mit seiner Flinte,
Die funkelt im Sonnenrot,
Er präsentiert und schultert –
Ich wollt, er schösse mich tot.