Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

22 
 Februar 
 
2008

abgelegt in
Gedankenschau

 

NEIN, die gibt es nicht!

Zumindest funktioniert Lyrik nicht so wie ein herkömmlicher Getränkeautomat diverser Erfrischungsgetränke:

Man investiert eine Münze in den dafür vorgesehenen Einwurfschlitz, drückt mit entschlossenem, ausgestrecktem Zeigefinger die Taste des Getränks seiner Wahl und ist binnen Sekunden nach lautbarem Poltern des “Schatzes” durch das mechanisierte Eingeweidesystem glücklicher Empfänger desselbigen.

Manch einer denkt sich, dass SO auch das Schreiben funktionieren müsse:
Man investiere in seiner freien Zeit ein paar Gedankeneinwürfe ins Reich seiner Phantasie, wähle entschlossen mit einer gewissen Kraftanstrengung die Textart (Lyrik, Prosa) und erhoffe binnen kurzer Zeit vom stillen Getriebe des Geistes einen Auswurf, mehr noch, “einen großen Wurf innerhalb der Weltliteratur”.

Doch der menschliche Geist folgt nicht den Gesetzen der Mechanik, selbst ein paar Tritte versetzen den trägen Geist nicht in Bewegung.

Genauso wenig wie Lyrik mit Limonade verglichen werden möchte.

Lyrik ist mehr als ein abgefülltes, zuckerhaltiges, aromatisiertes Sprudelwässerchen.
Lyrik ist edler Rebensaft ohne Konservierungsstoffe, ohne kitschiger Überzuckerung mit Prickelgarantie.
Lyrik will sich angebaut wissen, will sich geerntet, will sich ERLESEN und gekeltert fühlen und will gelagert werden, um seine vollste Entfaltung sinnlichen Genusses zu erlangen.

Lyrik braucht Zeit.
Schon seit jeher.

 
 

4 Kommentare zu “Fließband-Lyrik”

  1. Mamü sagt:

    Und jede Lyrik hat seine Zeit, lieber Ralph. 🙂

    Mir drängt sich der Verdacht auf, dass du gerne Wein magst. 😉
    Ja, ein leckerer Rotwein, trocken aber kein „Fußnagelaufroller“ kann schon ein Gedicht sein. In Maßen genossen, nicht hastig runtergekippt, bei schöner heimeliger Atmosphäre, in der richtigen Gesellschaft schmeckt er noch köstlicher. 🙂

    Liebe Grüße,
    Martina

    Liebe Martina,

    Und jede Lyrik hat seine Zeit, lieber Ralph. 🙂
    … ich hoffe es doch. Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Großteil des Lesevolks sich nur noch für Mittelalter-Romane interessiert.
    Lyrik hat auf dem Literaturmarkt momentan einen schlechten Stand.

    Mir drängt sich der Verdacht auf, dass du gerne Wein magst. 😉
    Soll ich ehrlich sein?
    Ich bin kein Weinverköstiger eher ein Fan von Bananen-Weizen 😉
    Das war in meinem Freundeskreis das Fußball-WM-Getränk schlechthin. Macht nicht trunken und schmeckt lecker.

    Liebe Grüße,
    Ralph

  2. Mamü sagt:

    Lieber Ralph,

    damit hätte ich nun nicht gerechnet. *smile* So wie du über Wein geschrieben hast, hätte ich schwören können…
    Aber macht ja nix. Die Weinmetaphern gefallen mir trotzdem. Mit Bananen-Weizen würde das nicht so gut klingen. 🙂

    Liebe Grüße,
    Martina

    Liebe Martina,

    danke, dass ich dich mit der Weinmetapher trunken machen konnte 😉

    Liebe Grüße,
    Ralph

  3. Ulf Runge sagt:

    Lieber Ralph,

    sei ehrlich, wenn sich die Lyrik anschleicht,
    dann bloggt man halt in Prosa,
    dann reimt man rot auf rosa,
    und Wein auf Banane,
    und schreibt lyrische Romane (boing).

    LG, Ulf

    Schönes Gedicht 🙂

    Nebenbei: Ich reime nie, sondern werfe eigens meinen Phrasengenerator an, der mit einem durchschnittlichen Wortschatz von 12.000 Wörtern durchaus sinnvolle Satz- und Sinnkonstruktionen in die Tastatur hämmert 😉

    LG,
    Ralph

  4. Claudia sagt:

    Herr Dürrenmatt meinte:
    “Es wird mir klar, dass alles Dichterische nicht gekonnt, sondern blind geschehen muss.”
    LG

    Liebe Claudia,

    wenn Blindheit mit Intuition gleichzusetzen wäre, dann würde ich Herrn Dürrenmatt prinzipiell zustimmen.
    Allerdings ist die Lyrik stückweit auch “Handwerk”, das man erlernen kann.
    Das tröstet mich ungemein, da jeder sich der Dichtkunst stellen kann/darf und -auch als Laie- eigenproduktiv sich ihr nähern kann.
    Vielen Dank für deine Anregung.

    LG,
    Ralph

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