Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

23 
 November 
 
2007


 

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

Du liebes Kind, komm geh’ mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt der Wind.

Willst feiner Knabe du mit mir geh’n?
Meine Töchter sollen dich warten schön,
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.

Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,
Erlkönig hat mir ein Leids getan.

Dem Vater grauset’s, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not,
In seinen Armen das Kind war tot.

 
 
13 
 Juli 
 
1993


 

Du Röslein auf der lichten Aue,
was flüstert mein Herz, wenn ich dich schaue :

” Diese güldne, zierliche Pracht,
  ist einer Prinzessin würdigen Tracht !
  Oder ist sie nur ein Trugbild,
  das der Wirklichkeit garnicht gilt ! “

 
Doch was stehe ich hier abseits gelegen,
auf des sicheren Pfades Wegen !
Zumal die Sonnenwärmeglut hat mich erdrückt,
da die Mittagsstund’ ist nähergerückt !

Zu entrinnen der Tagesschwüle,
möcht’ ich mich flüchten in die Schattenkühle.
Zur Seite des Rosleins, das wäre gelinde,
dort weht ein kühler, frischer Winde !

Ja, da isset auch erfüllt die Luft,
gewürzet mit dem Rosendüft !

” Laßt uns weilen an diesem Orte
  zu lauschen der rauschenden Blätter Worte ! “

 
” Mein Kind, warum hast du das Gebot deiner Mutter verlassen,
  und tuest die Zucht des Vaters hassen ???
  Du wandelst nicht auf rechten Wegen,
  Du seist dem Kummer nun unterlegen !!! ”

 
Die Röslein, auch wenn sie schöne blüh’n,
      so haben sie doch Dornen !!!    ( Okt. 1993 )