Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

12 
 April 
 
2012

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
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Das Lied von der Glocke (0:40)
Friedrich von Schiller (1759 – 1805)

Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muss die Glocke werden,
Frisch, Gesellen, seid zur Hand.
Von der Stirne heiß
Rinnen muss der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben.
Doch der Segen kommt von oben.

Erst mit der Freude Feierklange
Begrüßt sie das geliebte Kind
Auf seines Lebens erstem Gange,
Den es in Schlafes Arm beginnt.
Ihm ruhen noch im Zeitenschoße
Die schwarzen und die heitern Lose.
Der Mutterliebe zarte Sorgen
Bewachen seinen goldnen Morgen. –

Die Jahre fliehen pfeilgeschwind.
Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe,
Er stürmt ins Leben wild hinaus,
Durchmisst die Welt am Wanderstabe.
Fremd kehrt er heim ins Vaterhaus.
Und herrlich, in der Jugend Prangen,
Wie ein Gebild aus Himmelshöhn,
Mit züchtigen, verschämten Wangen
Sieht er die Jungfrau vor sich stehn.
Da fasst ein namenloses Sehnen
Des Jünglings Herz, er irrt allein,
Aus seinen Augen brechen Tränen,
Er flieht der Brüder wilden Reihn.
Errötend folgt er ihren Spuren
Und ist von ihrem Gruß beglückt,
Das Schönste sucht er auf den Fluren,
Womit er seine Liebe schmückt.
O! zarte Sehnsucht, süßes Hoffen,
Der ersten Liebe goldne Zeit,
Das Auge sieht den Himmel offen,
Es schwelgt das Herz in Seligkeit.
O! dass sie ewig grünen bliebe,
Die schöne Zeit der jungen Liebe!

Ja, wo das Strenge mit dem Zarten,
Wo Starkes sich und Mildes paarten,
Da gibt es einen guten Klang.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!
Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.

Lieblich in der Bräute Locken
Spielt der jungfräuliche Kranz,
Wenn die hellen Kirchenglocken
Laden zu des Festes Glanz.
Doch des Lebens schönste Feier
Endigt auch den Lebensmai,
Mit dem Gürtel, mit dem Schleier
Reißt der schöne Wahn entzwei.
Die Leidenschaft flieht!
Die Liebe muss bleiben,
Die Blume verblüht,
Die Frucht muss treiben.

Der Mann muss hinaus
Ins feindliche Leben.
Muss wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muss wetten und wagen,
Das Glück zu erjagen.
Da strömt dann herbei die unendliche Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe,
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.

Und drinnen waltet
Die tüchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise
Und lehret die Mädchen
Und wehret den Knaben
Und reget ohn Ende
Die fleißigen Hände
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn
Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden
Und dreht um die schnurrende Spindel den Faden
Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein
Die schimmernde Wolle, den schneeigten Lein
Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer
Und ruhet nimmer.

Und der Vater mit frohem Blick
Von des Hauses weitschauendem Giebel
Überzählet sein blühend Glück,
Siehet der Pfosten ragende Bäume
Und der Scheunen gefüllte Räume
Und die Speicher, vom Segen gebogen,
Und des Kornes bewegte Wogen,
Rühmt sich mit stolzem Mund:
»Fest, wie der Erde Grund,
Gegen des Unglücks Macht
Steht mir des Hauses Pracht!«
Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ewger Bund zu flechten,
Und das Unglück schreitet schnell.

Von dem Dome,
Schwer und bang,
Tönt die Glocke
Grabgesang.
Ernst begleiten ihre Trauerschläge
Eine Wand’rin auf dem letzten Wege.
Ach! die Gattin ist’s, die teure.
Ach! es ist die treue Mutter,
Die der schwarze Fürst der Schatten
Wegführt aus dem Arm des Gatten,
Aus der zarten Kinder Schar,
Die sie blühend ihm gebar,
Die sie an der treuen Brust
Wachsen sah mit Mutterlust –
Ach! des Hauses zarte Bande
Sind gelöst auf immerdar,
Seit sie wohnt im Schattenlande,
Die des Hauses Mutter war.
Denn es fehlt ihr treues Walten,
Ihre Sorge wacht nicht mehr,
An verwaister Stätte schalten
Wird die Fremde, liebeleer.

Markt und Straße werden stiller,
Um des Lichts gesellge Flamme
Sammeln sich die Hausbewohner,
Und das Stadttor schließt sich knarrend.
Schwarz bedecket sich die Erde,
Doch den sichern Bürger schrecket
Nicht die Nacht,
Die den Bösen grässlich wecket,
Denn das Auge des Gesetzes wacht.

Heilige Ordnung, segenreiche
Himmelstochter, die das Gleiche
Frei und leicht und freudig bindet,
Die der Städte Bau gegründet.
Holder Friede,
Süße Eintracht,
Weilet, weilet
Freundlich über dieser Stadt!
Möge nie der Tag erscheinen,
Wo des rauhen Krieges Horden
Dieses stille Tal durchtoben.
Wo der Himmel,
Den des Abends sanfte Röte
Lieblich malt,
Von der Dörfer, von der Städte
Wildem Brande schrecklich strahlt!
Der Meister kann die Form zerbrechen
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit,
Doch wehe, wenn in Flammenbächen
Das glühende Erz sich selbst befreit!

Freiheit und Gleichheit! hört man schallen,
Der ruhige Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen,
Und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Menschen zu Hyänen
Und treiben mit Entsetzen Scherz,
Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen,
Zerreißen sie des Feindes Herz.
Gefährlich ists, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.

Herein! herein!
Gesellen, schließt die Reihn,
Dass wir die Glocke taufend weihn,
Concordia soll ihr Name sein,
Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine
Versammle sie die liebende Gemeine.
Dem Schicksal leihe sie die Zunge,
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl,
Begleite sie mit ihrem Schwunge
Des Lebens wechselvolles Spiel.

Jetzt mit der Kraft des Stranges
Wiegt die Glock mir aus der Gruft,
Dass sie in das Reich des Klanges
Steige, in die Himmelsluft.
Ziehet, ziehet, hebt!
Sie bewegt sich, schwebt!
Freude dieser Stadt bedeute.
Friede sei ihr erst Geläute.

 
 
11 
 April 
 
2012


 

Was soll ich dir für Namen geben?
Mein trautes Herz! mein einz’ges Leben!
Mein Sonnenblick! mein Seelenstrahl!
Mein Hoffen, Sehnen und Verlangen!
Mein Wünschen, Glauben, Zweifeln, Bangen!
O meine süße Liebesqual!

Ich nenne dich mit allen Namen,
Die je von Liebeslippen kamen,
Ich grüße dich mit jedem Laut,
Den du mir je geküßt vom Munde,
Ich nenne dich im Herzengrunde,
Lieb, ewig teuer, Schwester, Braut!

 

Dichtung Friedrich Rückert
Lesung Max Volkert Martens
Bereitstellung wortlover

 
 
3 
 Oktober 
 
2008


 

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Rezitierte Gedichte

 
Auf die Gesundheit meiner LIebsten (1:33)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Was ich schlafe, was ich wache,
was mir träumet für und für,
was mir Angst macht, was Begier,
was ich lasse, was ich mache,
was ich weine, was ich lache;
was ich nehm’ an Kost zu mir,
schreibe, lese, denke hier
die und die und diese Sache,
was ich nicht tu, was ich tu,
Nichts und Alles, reis’ und ruh’,
Angst und Freuden, Lust und Schmerzen,
dieses Alles, Alles das
tu ich hier ohn’ Unterlaß
auf Gesundheit meines Herzen.

 

 
Wie er wollet geküsset sein (2:38)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Nirgends hin, als auf den Mund:
Da sinkts in des Herzen Grund.
Nicht zu frei, nicht zu gezwungen,
Nicht mit gar zu faulen Zungen.

Nicht zu wenig, nicht zu viel:
Beides wird sonst Kinderspiel.
Nicht zu laut und nicht zu leise:
Bei der Maß’ ist rechte Weise.

Nicht zu nahe, nicht zu weit:
Dies macht Kummer, jenes Leid.
Nicht zu trocken, nicht zu feuchte,
Wie Adonis Venus reichte.

Nicht zu harte, nicht zu weich,
Bald zugleich, bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam, nicht zu schnelle,
Nicht ohn’ Unterschied der Stelle.

Halb gebissen, halb gehaucht,
Halb die Lippen eingetaucht,
Nicht ohn Unterschied der Zeiten,
Mehr alleine denn bei Leuten.

Küsse nun ein jedermann,
Wie er weiß, will, soll und kann!
Ich nur und die Liebste wissen,
Wie wir uns recht sollen küssen.

 

 
An Elsabe – Elsgens treues Herz (3:44)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ein getreues Herze wissen,
Hat des höchsten Schatzes Preis.
Der ist selig zu begrüßen,
Der ein treues Herze weiß.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Läuft das Glücke gleich zu Zeiten
Anders, als man will und meint,
Ein getreues Herz hilft streiten
Wider alles, was ist feind.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Sein Vergnügen steht alleine
In des andern Redligkeit,
Hält des andern Not für seine,
Weicht nicht, auch bei böser Zeit.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Gunst, die kehrt sich nach dem Glücke,
Geld und Reichtum, das zerstäubt.
Schönheit läßt uns bald zurücke;
Ein getreues Herze bleibt.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Eins ist da sein und geschieden,
Ein getreues Herze hält,
Gibt sich allezeit zufrieden,
Steht auf, wenn es niederfällt.
lch bin froh bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Nichts ist Süßers, als zwei Treue,
Wenn sie eines worden sein.
Dies ists, daß ich rnich erfreue,
Und sie gibt ihr Ja auch drein.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

 

 
Zur Zeit meiner Verstoßung (5:03)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ein Kaufmann, der sein Gut nur einem Schiffe traut,
Ist hochgefählich dran, indem es bald kann kommen,
Daß ihm auf einen Stoß sein ganzes wird genommen.
Der fehlt, der allzuviel auf ein Gelücke traut.

Gedenk ich nun an mich , so schauret mir die Haut:
Mein Schiff, das ist entzwei, mein Gut ist weggeschwommen.
Nichts mehr, das ist mein Rest, das machet kurze Summen.
Ich habe Müh und Angst, ein andrer meine Braut.

Ich Unglückseliger! meine Herze wird zerrissen,
Mein Sinn ist ohne sich; meine geist zeucht von mir aus.
Mein Alles wird nun Nichts. Was wird doch endlich draus?

Wär eins doch übrig noch, so wollt ich alles missen.
Mein teuerster Verlust, der bin selbselbsten ich.
Nun bin ich ohne sie; nun bin ich ohne mich.

 

 
Grabinschrift (7:01)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ich war an Kunst und Gut und Stande groß und reich,
des Glückes lieber Sohn, von Eltern guter Ehren,
frei, meine, kunte mich aus meinen Mitteln nähren,
mein Schall floh über weit, kein Landsman sang mir gleich,

von Reisen hochgepreist, für keiner Mühe bleich,
jung, wachsam, unbesorgt. Man wird mich nennen hören,
bis daß die letzte Glut diß Alles wird verstören.
Diß, deutsche Klarien, diß Ganze dank’ ich euch.

Verzeiht mir, bin ichs wert, Gott, Vater, Liebste, Freunde,
ich, sag’ ench gute Nacht und trete willig ab.
Sonst Alles ist getan bis an das schwarze Grab.

Was frei dem Tode steht, das tu er seinem Feinde.
Was bin ich viel besorgt, den Othem aufzugeben?
An mir ist minder Nichts, das lebet, als mein Leben.