Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

22 
 Mai 
 
2016


 

im_falschen_licht_carlo_schäfer
Dann stampfte er [Erster Hauptkommissar Theuer] die vielen Treppen hoch, die ihm als Ausrede dienten, keinen Sport zu treiben. In seiner kleinen Zweizimmerwohnung angekommen, ließ er sich auf den alten Sessel plumpsen und dachte an seine tote Frau. […]

Es war ein Abend, um die erwachsenen Kinder anzurufen, die er nicht hatte, oder bei den Geschwistern nachzufragen, wie die Kontrolluntersuchungen an Brust und Prostata gelaufen waren – er hatte keine Geschwister. Ein paar Cousins und Cousinen gab es, mehrheitlich im Pfälzer Wald und Saargebiet mit der Ehe mindestens so geschlagen wie er mit dem Alleinsein. […]

“Im falschen Licht” (Carlo Schäfer), S. 35, 36.

Theuer hat sie erfahren, die Hölle der Einsamkeit und wog sie nicht minder als manche “Vergesellschaftung” in einer unglücklichen Ehe, in der der Einsamkeit Schwester, das Nicht-Verstanden-Wissen, stete Begleiterin ist und Traurigkeit der nacheilende Schatten.

Es gibt Atheisten, die nicht an die Hölle glauben.
Es gibt Christen, die an den Himmel glauben.
Und es gibt Christen, die nur an den Himmel gedenken zu glauben, um nicht in der allverzehrenden Hölle zu landen.
Letztgenannte glauben nicht an den Himmel aus Liebe zu Gott, sondern aus Angst vor dem Teufel.
Sie glauben nicht aus Überzeugung, aus Liebe, sondern aus Gründen der Vermeidung, der Schadensbegrenzung.

Liebe, Überzeugung und authentische Hingabe sollten die Triebkraft in einer Beziehung sein, nicht die Angst oder gar Flucht vor der Einsamkeit.
Es ist besser allein zu bleiben, als (weiterhin) bestehende Einsamkeit in Liebe zu verkehren.

Die Hölle der Einsamkeit sollten man nicht eintauschen gegen den Himmel der vermeintlichen Zweisamkeit, erst recht nicht, wenn man nicht daran glaubt.

 
 
6 
 April 
 
2012

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Nun bitten wir den heiligen Geist
Um den rechten Glauben allermeist,
Dass er uns behute an unserm Ende,
Wenn wir heimfahren aus diesem Elende.
Kyrioleis.

Du wertes Licht, gib uns deinen Schein,
Lehr uns Jesum Christ kennen allein,
Dass wir an ihm bleiben, dem treuen Heiland,
Der uns bracht hat zum rechten Vaterland.
Kyrioleis.

Du susse Lieb, schenk uns deine Gunst,
Lass uns empfinden der Liebe Brunst,
Dass wir uns von Herzen einander lieben
Und im Frieden auf einem Sinn blieben.
Kyrioleis.

Du hochster Troster in aller Not,
Hilf, dass wir nicht furchten Schand noch Tod,
Dass in uns die Sinnen nicht verzagen,
Wenn der Feind wird das Leben verklagen.
Kyrioleis.

 

Verfasser Martin Luther
Lesung Corinna Kirchhoff
Bereitstellung wortlover

 
 
10 
 Februar 
 
2012

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Zu Bacharach am Rheine,
Wohnt eine Zauberin,
Die war so schön und feine
Und riß viel Herzen hin,

Und machte viel zuschanden
Der Männer rings umher,
Aus ihren Liebesbanden
War keine Rettung mehr.

Der Bischof ließ sie laden
Vor geistliche Gewalt,
Und mußte sie begnaden,
So schön war ihr’ Gestalt.

Er sprach zu ihr gerühret,
»Du arme Lore Lay.
Wer hat dich dann verführet
Zu böser Zauberei.«

»Herr Bischof laßt mich sterben,
Ich bin des Lebens müd,
Weil jeder muß verderben
Der meine Augen sieht.

Die Augen sind zwei Flammen,
Mein Arm ein Zauberstab,
O schickt mich in die Flammen,
O brechet mir den Stab.«

»Den Stab kann ich nicht brechen,
Du schöne Lore Lay,
Ich müßte dann zerbrechen,
Mein eigen Herz entzwei.

Ich kann dich nicht verdammen,
Bis du mir erst bekennt
Warum in deinen Flammen
Mein eignes Herz schon brennt.«

»Herr Bischof mit mir Armen
Treibt nicht so bösen Spott,
Und bittet um Erbarmen
Für mich den lieben Gott,

Ich darf nicht länger leben,
Ich lieb’ kein Leben mehr
Den Tod sollt ihr mir geben,
Drum kam ich zu euch her.

Ein Mann hat mich betrogen,
Hat sich von mir gewandt,
Ist fort von mir gezogen
Fort in ein andres Land.

Die Blicke sanft und wilde,
Die Wangen rot und weiß,
Die Worte still und milde,
Die sind mein Zauberkreis.

Ich selbst muß drin verderben,
Das Herz tut mir so weh,
Vor Jammer möcht’ ich sterben,
Wenn ich zum Spiegel seh’.

Drum laßt mein Recht mich finden,
Mich sterben, wie ein Christ,
Denn alles muß verschwinden
Weil er mir treulos ist.«

Drei Ritter ließ er holen:
»Bringt sie ins Kloster hin,
Geh Lore! Gott befohlen,
Sei dein berückter Sinn.

Du sollst ein Nönnchen werden,
Ein Nönnchen schwarz und weiß.
Bereite dich auf Erden
Zum Tod mit Gottes Preis.«

Zum Kloster sie nun ritten
Die Ritter alle drei,
Und traurig in der Mitten
Die schöne Lore Lay.

»O Ritter laßt mich gehen,
Auf diesen Felsen groß,
Ich will noch einmal sehen,
Nach meines Buhlen Schloß,

Ich will noch einmal sehen
Wohl in den tiefen Rhein,
Und dann ins Kloster gehen,
Und Gottes Jungfrau sein.«

Der Felsen ist so jähe,
So steil ist seine Wand,
Sie klimmen in die Höhe,
Da tritt sie an den Rand,

Und sprach: »Willkomm, da wehet
Ein Segel auf dem Rhein,
Der in dem Schifflein stehet,
Der soll mein Liebster sein.

Mein Herz wird mir so munter,
Er muß der Liebste sein.«
Da lehnt sie sich hinunter
Und stürzet in den Rhein.

Es fuhr mit Kreuz und Fahne
Das Schifflein an das Land,
Der Bischof saß im Kahne,
Sie hat ihn wohl erkannt.

Daß er das Schwert gelassen,
Dem Zauber zu entgehn,
Daß er zum Kreuz tät fassen,
Das konnt’ sie nicht verstehn.

Wer hat dies Lied gesungen
Ein Priester auf dem Rhein
Und immer hat’s geklungen,
Vom hohen Felsenstein

Lureley
Lureley
Lureley.

Als wären es meiner drei!

 

Textdichter Clemens Brentano
Lesung Anna Thalbach
Bereitstellung wortlover