Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

29 
 August 
 
2018


 

DICHTUNG Friedrich Schiller
LESUNG Claudia Mischke
BEREITSTELLUNG wortlover



Eilende Wolken! Segler der Lüfte!
Wer mit euch wanderte, mit euch schiffte!
Grüßet mir freundlich mein Jugendland!
Ich bin gefangen, ich bin in Banden,
Ach, ich hab keinen andern Gesandten!
Frei in Lüften ist euren Bahn,
Ihr seid nicht dieser Königin untertan.
Dort legt ein Fischer den Nachen an!
Dieses elende Werkzeug könnte mich retten,
Brächte mich schnell zu befreundeten Städten.
Spärlich nährt es den dürftigen Mann.
Beladen wollt’ ich es reich mit Schätzen,
Einen Zug sollt’ er tun, wie er keinen getan,
Das Glück sollt’ er finden in seinen Netzen,
Nähm er mich ein in den rettenden Kahn.

 
 
8 
 August 
 
2018

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

 

Aus der Kindheit (0:24)
Friedrich Hebbel (1813 – 1863)
»Ja, das Kätzchen hat gestohlen,
Und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen,
Dass er es im Teich versenkt!«

Nachbars Peter hats vernommen,
Ungerufen kommt er schon.
»Ist die Diebin zu bekommen,
Gebe ich ihr gern den Lohn!«

»Mutter, nein, er will sie quälen,
Gestern warf er schon nach ihr,
Bleibt nichts andres mehr zu wählen,
So ertränk ich selbst das Tier.

Sieh, das Kätzchen kommt gesprungen,
Wie es glänzt im Morgenstrahl!«
Lustig hüpfts dem kleinen Jungen
Auf den Arm zu seiner Qual.

»Mutter, lass das Kätzchen leben.
Jedesmal, wenns dich bestiehlt,
Sollst du mir kein Frühstück geben.
Sieh nur, wie es artig spielt!«

»Nein, der Vater hats geboten,
Hundertmal ist ihr verziehn!« –
»Hat sie doch vier weiße Pfoten!«
»Einerlei! Ihr Tag erschien!«

»Nachbarin, ich folg ihm leise,
Ob er es auch wirklich tut!«
Peter spricht es hämscher Weise,
Und der Knabe hörts mit Wut.

Unterwegs auf manchem Platze
Bietet er sein Liebchen aus,
Aber keiner will die Katze,
Jeder hat sie längst im Haus.

Ach, da ist er schon am Teiche,
Und sein Blick, sein scheuer, schweift,
Ob ihn Peter noch umschleiche –
Ja, er steht von fern und pfeift.

»Nun, wir alle müssen sterben,
Großmama ging dir vorauf,
Und du wirst den Himmel erben,
Kratze nur, sie macht dir auf.«

Jetzt, um sie recht tief zu betten,
Wirft er sie mit aller Macht.
Doch zugleich, um sie zu retten,
Springt er nach, als ers vollbracht.

Eilte Peter nicht, der lange,
Gleich im Augenblick herzu,
Fände er – es ist mir bange –
Hier im Teich die ewge Ruh.

In das Haus zurückgetragen,
Hört er auf die Mutter nicht.
Schweigt auf alle ihre Fragen.
Schließt die Augen trotzig dicht.

Von dem Zucker, den sie brachte,
Nimmt er zwar zerstreut ein Stück.
Doch den Tee, den sie ihm machte,
Weist er ungestüm zurück.

Welch ein Ton! Er dreht sich stutzend,
Und auf einer Fensterbank,
Spinnend und sich emsig putzend,
Sitzt sein Kätzchen blink und blank.

»Lebt sie, Mutter?« – »Dem Verderben
Warst du näher, Kind, als sie!«–
»Und sie soll auch nicht mehr sterben?« –
»Trinke nur, so soll sies nie!«
Der Heideknabe 3:50)
Friedrich Hebbel (1813 – 1863)
Der Knabe träumt, man schicke ihn fort
Mit dreißig Talern zum Heideort.
Er ward drum erschlagen am Wege
Und war doch nicht langsam und träge.

Noch liegt er im Angstschweiß, da rüttelt ihn
Sein Meister und heißt ihn, sich anzuziehn,
Und legt ihm das Geld auf die Decke
Und fragt ihn, warum er erschrecke.

»Ach Meister, sie schlugen im Traum mich tot,
Die Sonne, sie ist ja wie Blut, so rot!« –
»Sie ist es für dich nicht alleine,
Drum schnell, sonst mach ich dir Beine!«–

»Ach, Meister, so sprachst du im Traume schon.
Das war das Gesicht, der Blick, der Ton,
Gleich greifst du …« – zum Stock will er sagen,
Er sagts nicht, er wird schon geschlagen.

»Ach Meister, mein Meister, ich geh, ich geh,
Bring meiner Frau Mutter das letzte Ade!
Und sucht sie nach allen vier Winden,
Am Weidenbaum bin ich zu finden!«

Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich,
Die Heide, nebelnd, gespenstiglich,
Die Winde darüber sausend.
»Ach, wär hier ein Schritt wie tausend!«

Und alles so still und alles so stumm,
Man sieht sich umsonst nach Lebendigem um.
Nur hungrige Vögel schießen
Aus Wolken, um Würmer zu spießen.

Er kommt ans einsame Hirtenhaus.
Der alte Hirt schaut eben heraus.
Des Knaben Angst ist gestiegen.
Am Wege bleibt er noch liegen.

»Ach, Hirte, du bist ja von frommer Art,
Vier gute Groschen hab ich erspart,
Gib deinen Knecht mir zur Seite,
Dass er zum Dorf mich begleite.

Ich will sie ihm geben, er trinke dafür
Am nächsten Sonntag ein gutes Bier.
Dies Geld hier, ich trag es mit Beben.
Man nahm mir im Traum drum das Leben!«

Der Hirt, der winkte dem langen Knecht,
Er schnitt sich eben den Stecken zurecht,
Jetzt trat er hervor – Wie graute
Dem Knaben, als er ihn schaute!

»Ach, Meister Hirte, ach nein, ach nein,
Es ist doch besser, ich geh allein!«
Der Lange spricht grinsend zum Alten:
»Er will die vier Groschen behalten.« –

»Da sind die vier Groschen!« Er wirft sie hin
Und eilt hinweg mit verstörtem Sinn.
Schon kann er die Weide erblicken.
Da klopft ihm der Knecht auf den Rücken.

»Du hältst es nicht aus, du gehst zu geschwind.
Ei, eile mit Weile, du bist ja noch Kind.
Auch muss das Geld dich beschweren.
Wer kann dir das Ausruhn verwehren?

Komm, setz dich unter den Weidenbaum.
Und dort erzähl mir den hässlichen Traum.
Mir selber träumte … Gott soll mich verdammen,
Triffts nicht mit dem deinen zusammen!«

Er fasst den Knaben wohl bei der Hand.
Der leistet auch nimmermehr Widerstand.
Die Blätter flüstern so schaurig.
Das Wässerlein rieselt so traurig!

»Nun sprich, du träumtest?« – »Es kam ein Mann …«
»War ich das? Sieh mich doch näher an.
Ich denke, du hast mich gesehen!
Nun weiter, wie ist es geschehen?« –

»Er zog ein Messer!« – »War das wie dies?« –
»Ach ja, ach ja!« – »Er zogs?« – »Und stieß …«
»Er stieß dirs wohl so durch die Kehle?
Was hilft es auch, dass ich dich quäle!«
 
 
2 
 Februar 
 
2016

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In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf
Zum Leben, deine Wellen umspielten mich,
Und all der holden Hügel, die dich
Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.

Auf ihren Gipfeln löste des Himmels Luft
Mir oft der Knechtschaft Schmerzen; und aus dem Tal,
Wie Leben aus dem Freudebecher,
Glänzte die bläuliche Silberwelle.

Der Berge Quellen eilten hinab zu dir,
Mit ihnen auch mein Herz und du nahmst uns mit,
Zum stillerhabnen Rhein, zu seinen
Städten hinunter und lustgen Inseln.

Noch dünkt die Welt mir schön, und das Aug entflieht,
Verlangend nach den Reizen der Erde mir,
Zum goldenen Paktol, zu Smyrnas
Ufer, zu Ilions Wald. Auch möcht ich

Bei Sunium oft landen, den stummen Pfad
Nach deinen Säulen fragen, Olympion!
Noch eh der Sturmwind und das Alter
Hin in den Schutt der Athenertempel

Und ihrer Gottesbilder auch dich begräbt,
Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt,
Die nicht mehr ist. Und o ihr schönen
Inseln Ioniens! wo die Meerluft

Die heißen Ufer kühlt und den Lorbeerwald
Durchsäuselt, wenn die Sonne den Weinstock wärmt,
Ach! wo ein goldner Herbst dem armen
Volk in Gesänge die Seufzer wandelt,

Wenn sein Granatbaum reift, wenn aus grüner Nacht
Die Pomeranze blinkt, und der Mastixbaum
Von Harze träuft und Pauk und Cymbel
Zum labyrinthischen Tanze klingen.

Zu euch, ihr Inseln! bringt mich vielleicht, zu euch
Mein Schutzgott einst; doch weicht mir aus treuem Sinn
Auch da mein Neckar nicht mit seinen
Lieblichen Wiesen und Uferweiden.


 

Textdichter Friedrich Hölderlin
Lesung Bruno Ganz
Musik Alessandro Marcello