9 Februar 2008 | |
In der Straßenbahn
» Was guckst du so blöde? «
» Wer? Ich? «
» Ja, DU! «
» Ich schaue nicht blöde, eher gelangweilt … gelangtweilt vom hektischen Verkehrsgetriebe, von den noch hektischeren, geschäftigen und anonymen Menschenmassen, kurzum: vom mich wieder ereilten Alltag einer pulsierenden Großstadt.
Und insbesondere gelangweilt von solchen Menschen wie dir, die glauben, sie könnten sich aus dieser grauen, tristen Masse der Anonymität, der Eintönigkeit emporschwingen, indem sie durch provokante Zurufe “auf”-zufallen sich erhoffen, um dadurch in den Fokus meiner näheren Betrachtung zu gelangen, meiner sinnlichen Anteilnahme an ihrem Dasein.
Du könntest auch deine sicherlich gesprächigeren Fäuste reden lassen, das würde mir auch keinen spürbaren Reiz zuführen, der mich aufhorchen ließe.
Auch über dich hat sich der graue Schleier der Anonymität gelegt, bist eins mit der leblosen Objektwelt um mich geworden, die in gefühlserkalteter Manier selbstgefällig sich nur selbst meint.
Wieso sollte ich dich -in alles in der Welt- also “blöde angucken”?
Ich schaue dich nämlich NICHT an, mein Blick ist nach innen gewandt und lediglich mein Kopf wendete sich in die Richtung, in der du vor gut zwei Haltestationen Platz genommen hast.
Du hättest dich auch woanders hinsetzen können.
Zur alten Dame mit ihrem Schoßhündchen, zum Beispiel.
Zum zeitungslesenden Geschäftsmann.
Zu den lärmenden Schulkindern.
Oder einfach -stehend- neben den Fahrkarten-Entwerter.
Aber NEIN, DU musstest ja dich unbedingt mir gegenüber hinsetzen.
Einfach so. Rein zufällig.
Natürlich könnte ich meinen gedankenversunkenen Blick auch aus dem Fenster richten.
Oder zur alten Dame mit ihrem Schoßhündchen.
Zum zeitungslesenden Geschäftsmann.
Zu den lärmenden Schulkindern.
Oder einfach nur auf den Fahrkarten-Entwerter.
Aber NEIN, ICH wendete meinen Kopf, und NUR meinen Kopf, dir zu.
Einfach so. Rein zufällig. «