28 März 2012 |
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Rosen (1:42)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Rosen lieb ich, wenn sie blühn!
Morgen ist nicht heut!
Keine Stunde lass entfliehn –
Flüchtig ist die Zeit.
Trink und küsse! Sieh, es ist
Heut Gelegenheit!
Weißt du, wo du morgen bist?
Flüchtig ist die Zeit.
Aufschub einer guten Tat
Hat schon oft gereut!
Heute leben ist mein Rat –
Flüchtig ist die Zeit!
An die Schwalbe (3:12)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Liebe Kleine, kommst du wieder?
Zu dem Dichter, der dich liebt?
Und für deine süßen Lieder
Dir so gern ein Obdach gibt?
Kannst nur singen, kannst nicht sprechen.
Das ist schade, sonst fragt ich
Nach den Strömen, nach den Bächen,
Die du sahst, du Liebe, dich.
An dem einen oder andern
Wohnt ein lieber Freund von mir.
Du kannst fliegen, ich nur wandern,
Schau, sonst flög ich oft mir dir.
Lern doch sprechen, liebe Kleine!
Wenn dus kannst, dann nenn ich dir
Meine lieben Freunde am Rheine,
Und du grüßest sie von mir.
Gleim wird von allen bösen Zungen (4:21)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Gleim wird von allen bösen Zungen,
So schlimm verlästert und betrübt.«
»Schon recht! Warum hat er von Lieb und Wein gesungen
Und nicht getrunken, nicht geliebt?
Gesungen im Zelt (4:51)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Die Erde geht, wir gehen mit,
Unwissend, wo wir sind.
Wir gehn im Dunkeln Schritt vor Schritt,
Wir tappen alle blind!
Wir gehn so manchen schmalen Steg
Zu Lebens Lust und Leid.
Wir müssen sterben! Tod ist Weg
Von Zeit zu Ewigkeit!
Wir gehn in jeder Lebensfrist
An eines Grabes Rand!
Ich wüsste nicht, was schöner ist,
Als Tod fürs Vaterland!
An den Mond (6:23)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Dein stilles Silberlicht
Erquickt mir mein Gesicht.
O Mond, Gedankenfreund, ich sehe dich von weitem
Und winke dich zu mir
Und bin nicht weit von dir
Und denk an schönre Zeiten.
Wer einst, du lieber Mond,
In diesem Hüttchen wohnt,
Und sieht dein Silberlicht, dem mögen keine Falten
Auf seiner Stirne stehn,
Magst still vorübergehn,
Und ihn für glücklich halten.
Dass ichs nicht bin, sag ich
Nur dir und tröste mich –
O Mond, Gedankenfreund, lass stille Nächte kommen!
Dir nur vertrau ichs, dir:
Schon manche stille Nacht hat mir
Des lauten Tages Gram genommen.
Der Greis (7:58)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Hin ist alle meine Kraft!
Alt und schwach bin ich.
Wenig nur erquicket mich
Scherz und Rebensaft!
Hin ist alle meine Zier!
Meiner Wangen Rot
Ist hinweggeflohn! Der Tod
Klopft an meine Tür!
Unerschreckt mach ich ihm auf.
Himmel, habe Dank:
Ein harmonischer Gesang
War mein Lebenslauf!
Letztes Lied (9:03)
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 – 1803)
Meine Blumen sind verblüht!
Sing es, kleines Lied! –
Meine Blumen sind verblüht,
Aber andre, hoff ich, werden
Schöner blühn auf schönern Erden,
Wo die Kleinste nicht verblüht.
Sing es, kleines Lied.