Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

30 
 Oktober 
 
2012


 

Die Mutter lag im Totenschrein,
zum letztenmal geschmückt;
da spielt das kleine Kind herein,
das staunend sie erblickt.

Die Blumenkron’ im blonden Haar
gefällt ihm gar zu sehr,
die Busenblumen, bunt und klar,
zum Strauß gereiht, noch mehr.

Und sanft und schmeichelnd ruft es aus:
»Du liebe Mutter, gib
mir eine Blum’ aus deinem Strauß,
ich hab’ dich auch so lieb!«

Und als die Mutter es nicht tut,
da denkt das Kind für sich:
Sie schläft, doch wenn sie ausgeruht,
so tut sie’s sicherlich.

Schleicht fort, so leis’ es immer kann,
und schließt die Türe sacht
und lauscht von Zeit zu Zeit daran,
ob Mutter noch nicht erwacht.

 

Dichtung Friedrich Hebbel
Lesung Gertrud Kückelmann
Bereitstellung 59Berger

 
 
6 
 September 
 
2012

abgelegt in
Jürges, Holger

 

 

Ich bin es nicht der ist -,
ich bin der, der nie sich misst,
der ständig leise spricht
und dessen Angesicht
ich nie erblickte,

auch wenn ich dann und wann
ihm leis’ Verehrung schickte,
sobald ich mich auf ihn besann.

Und wie er schweigt,
wenn ich im Lauten wandle,
und wie er mir verzeiht,
sofern ich töricht handle.
Ist außerhalb von meinem Sinn,
sanftmütig lächelnd,
wenn ich nicht mehr bin.

 

Textdichter Holger Jürges
Lesung Holger Jürges
Bereitstellung wortlover