Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

25 
 März 
 
2017


 

Musik
Wojciech Kilar [1]Twilight Cellos

Der Erinnerung Unsterblichkeit [2][ geschrieben in Unterschwarzach, 2002]

Trau’re doch nicht dem erblühten Gedanken des lichten Momentes
bittere Tränenflut [3]Perlenflut nach, wenn die mächtige Hand
nachtenden Scheines nun jäh dein Gedankenreich deckt mit Vergessen,
jenen sonnigen Hain hüllet ins Schattengewand,
dem der zärtliche Lichtstreich der Freiheit einst Prachtwuchs bescherte.

Nun, der Lichtflut beraubt, rückt das Gefild der Ideen
tauchend ins Schattenreich ab. Es entschwelgt das selige Schauen…
Sei getrost und erfreu himmlischer Gabe dich doch,
dass der Freiheit Sommerwind streichend den Forst mild durchglänzte,
deinen geheiligten Grund blumen Geistes Bezirk!

Geistesblüten, sie welken nicht. Morpheus [4]Gott des Schlafes, die nächtliche Gottheit,
bangt um den lieblichen Reiz. Treu im Liebesarm wiegt
sicher den Liebling er, deckt mit ambrosischem Schlafe die Blüte,
mattet das Farbengewand und, mit sachtem Geschick,
senkt er den Kelch des Geblüms zum Schoße der schwärzenden Erde,
senkt in den ruhenden Schoß sinnenden Herzensgrund ihn.

Heilige Erde, du Heimstatt der scheuen Gedanken, beherberg’
frei die verwaiste Geburt geistigen Adels. Gewähr’
fürstlich ein Obdach dem nächtlichen Gaste in deinem Schoße.
Gönn’ dem untadligen Schlaf kühlende Ruhstatt gelind!

Reich der liebkosenden Schatten, oh weile als wachender Hüter,
bis im dämmernden Tal purpur Aurora [5]Göttin der Morgenröte entflammt,
wo mit loderndem Brand sie Helios’ [6]Der Sonnengott Auge beschüret.

Schimmernd woget die Glut übers Gefild der Ideen,
Nebel verziehen im Blumenhain, Schatten, sie weichen entmachtet.
Siehe, da neigt das Geblüm schmiegend dem Lichtstreich sich zu,
badet sich munter im warmen Lichtmeer erwachenden Tages.

Und Mnemosyne [7]Göttin des Gedächtnisses daselbst küsst es mit Morgentau wach.

→ zu Mnemosynes Geleit
Eherne Welt

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30 
 Dezember 
 
2016

abgelegt in
Filme | Gedankenschau

 

In der Wunschwerkstatt Walt-Disney wurde wieder einmal mächtig der Schmiedehammer geschwungen (oder der Eispickel)!

Loslassen?
Es gibt nicht wirklich den “Schnee von gestern”, da unser Heute, unser gegenwärtiges Hier-und-Jetzt immer die Summe der Handlungen unserer Vergangenheit ist. Die beiden Mäuse, mit denen ich diesen Film anschaute, sind auch keine Schneeverwehungen, bleiben -im Bilde des Filmes gesprochen und keineswegs abwertend gemeint- wunderschöne Eiskristalle.

Freiheit?
Es gibt auch keine wahre Freiheit, sondern nur das Einbringen (stoisch gesprochen: “die Pflicht”) in ein Sozialgefüge, in ein bereits installiertes Denksystem, das es mit der eigenen Individualität zu bereichern/erweitern gilt.

 
 
26 
 November 
 
2016

abgelegt in
Die Stoa | Gedankenschau

 

O, was ist der Mensch, daß er über sich klagen darf!

Ich will, lieber Freund, ich verspreche dir’s, ich will mich bessern, will nicht mehr ein bißchen Übel, das uns das Schicksal vorlegt, wiederkäuen, wie ich’s immer getan habe; […] das Vergangene soll mir vergangen sein.

Gewiß, du hast recht, Bester, der Schmerzen wären minder unter den Menschen, wenn sie nicht – Gott weiß, warum sie so gemacht sind! – mit so viel Emsigkeit der Einbildungskraft [1]Alles im Leben hängt von der Einbildung ab:
Ehrgeiz, Verschwendung und Habsucht leben von ihr. Der Schmerz nicht minder.
Jeder ist so unglücklich wie er zu sein glaubt.
Seneca
sich beschäftigten, die Erinnerungen des vergangenen Übels zurückzurufen, eher als eine gleichgültige Gegenwart zu ertragen.


aus: Johann Wolfgang von Goethe:
“Die Leiden des jungen Werther”
Kapitel 1, Erstes Buch.
Tagebucheintrag am 4. Mai 1771

Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist…

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