Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

30 
 Juni 
 
1999

abgelegt in
Reimgedichte | Vertonungen

 

Die prangendsten Blumengärten
meiner Jugend bewanderte Fährten
nenn’ ich jene, die mir hochbetaget
im greisen Geiste duftend noch verharren.

Eingesackt in des Totenbettes bleichem Kissen,
im Schoße ruhend, die knöchernen Hände, tief eingerissen,
das faltendurchzogene Antlitz trübsalszernaget
und den laugen Blick unter arthrotischem Knarren
morscher Halswirbel gen Himmel aufrichtend,
der grünenden Jugend entlegener Küste sichtend,
seufzend auf ein Letztes ich gedenke:

Ihr ward
meiner Jugend Pfad
säumende Rosenbeete
Eure tröstende Freundschaftsrede
die munt’ren Quellen irdischer Wonnen…

…und krafterschlaffend mich dann senke
ins weiche Federfüllen, paradiesisch besonnen.

Denn ein Freund
schäumt
überfließend beherzte Worte,
Silbenwölkchen wie Gold-Stäubchen.

Säumt
und bäumt
auf kahler Festtagstorte
kräuselsprießend Sahnehäubchen.

Redeblüten
auf Briefpapier im Übermaße ausgestreut
mit zartem Wortschmelz rieselnd übertäut
erfrischen müden
Kämpfergeist mit Pollenduft der geistigen Heimatlüfte.

Erfasst
die krallend’ Hand
beim Sturze in des Schicksal’s Felsgeklüfte,
verblasst
mit tränenwallendem Augenrand,
wenn selbst das Herz im Trauerstrudel bangt,
zerreisst sogleich das ascherne Sorgengewand,
wenn grämender Mienenzug zu neuem Glanz erlangt.

Tadelung im Flüsterton
anstatt der Leute Megaphon,

Ruhebänkchen auf steilem Hang,
Laternenschein auf Heimatgang,

Zisterne für die salz’gen Augenbäche,
Seelentröster mit kühlendem Gefäche,
stillt so die beutelnden Beschwerden.

Die wahrheitsgeläuterten Gebärden
sind der reinen Seele Spiegelbild,
enthüllt
was aus des Herzen’s tiefstem Brunnen quillt.

In Kokusmilch tauchend gebadet
erstehet fächernd des Freundes’ Seele blühender Lotus,
daß selbst von kunstbemühter Venus
eine Schöngeburt aufs Holdeste begnadet
dem schönen Edelsinne weichen muß.

Denn des schönwüchsigen Menschen alternder Statur,
verwehet gleich des Schlitten’s eingegrabener Spur
im rauhen Schneesturm des wütenden Lebens,
doch des fühlenden Herzens tröstenden Strebens
darf seiner keimenden Aussaat sich erfreu’n
braucht nicht des Todes’ Schatten scheu’n.

Obgleich Fleisch vergeht
wie Gräserhalme abgemäht
des Freundes Geist beschwingt
und dringt
auf ewig
in des Himmels blauen Äther.