Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

22 
 Mai 
 
2011


 



Thematische Einordnung in das Schachspiel:
Die Bedeutung der Linien


 
Der schaffende Geist als Triumphator

Damals im Anbeginn der jungen Erdenzeit,
als fahler Sternenglanz des Himmelsgewölbes
noch mit matter Wange in die ew’gen Wasser des Weltmeers hinabblickte,
bedrang ein dichter Nebel
des gold’nen Sonnenballes hehren und immerdar währenden Glanzes.

Alles verharrte in dämmriger Finsternis,
denn düster verhangen waret das Ätherreich
und die grauen Schatten rühmten der dunklen Herrscherkron’ sich.

Doch auf silberner Woge des Weltmeers
erkühnte der Weltgeist sich zum hühnenhaften Meistertanz.
Mit mächtig schlagender Götterschwinge vermochte allein er zu ringen
mit wütendem, aufbegehrenden Wogenspiel.
Sein waltender Flügelschlag lag peitschend über schäumender Gicht
und ließ mit aufgepeitscher Windesstärke
die Wassermassen zu hohem Walle türmend schwellen.

Und aus dem gähnenden Rachenschlund
der schwarzen, gebärenden Meerestiefe 
erhob sich brausend geweckt, rüstern zum Streite gebirgisch gereckt
der Landesfeste trock’ner Erdengrund

Gleisende Blitze enteilten, verweilten hinforten nimmermehr.
Der Wolkengase erstickender Schleier entschwand alsbald durch Windesmacht
und lichtete jäh den Blick zum Sternenheer.
Die Finsternis entfloh, triumphentmachtet, und ICH gebar das Licht,
dem Schattenreiche ungemach, schied so des Nachtes graue Schleiermacht
von des Tages blendender Lichterpracht,
dessen goldener Strom
des ersten Morgens gleisender Sonnenbahn nun taufte.

Im Taumel süßen Lebenswahns
funkelte lichter Au’n  kristallner Morgenreif,
farbenfroh ergoss sich dufter Blütentraum.

Ragend wölbte sich der Gebirge Rücken ,
tragend als wuchtige Säulen der himmlischen Wolkenbauten,
der heim’schen Stätte mir.

Meiner Schöpferhände schaffendes Regen
senkte mit mütterlich waltendem Streben
und wuchsbedachtem Göttersegen der Wälder Bäume
in den fruchtbaren Schoß der empfangenden Erde

Zum keimenden Lebensbund grub ich der Bäche  verschlungene Pfade,
vom felsrinnenden Quell bis hin zum weitentlegenen Ozeane.

Mit Allmacht sprechendem Herrschermund gebot ich,
dass die Wasser sich füllen mögen mit allerlei tierischem Gewimmel,
auch die verwaiste Landesfeste hervorbringe allerlei Getier,
ein jedes nach seiner Art, und der Vögel süße Sängerschar
mit Hymnengesang umkränzen sollen, den weißen Wolkenflausch ,
als gefiederte Wächter meiner Himmelspforte.

“Und da mein Werk der reichen Schöpfertat micht freudig stimmt“,
wähnt ich im Busen insgeheim, im Anblick dieses wunderlichen Scheins,
“sei zum Zeichen ewig währenden Friedensbundes
über der reichen Gebirge gähnenden Schlundes
des Regenbogen farbenschillernder Steg  gekrümmt.

 

Linie Landschaft Attribute
A’
A Atlantik Wellenspitzen
B Brache Ufersaum der Küstenregion
C Chloris’ Wiesenlandschaft gebogene Grashalme
D Dolomiten Bergkuppeln
E Erde Gefurchte Kulturland
F Flüsse Schwimmboje/Segel
G Gewölk Federstuhl
H Himmel Himmelsleiter
H’

 
 
11 
 September 
 
2009

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein


 
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Rezitierte Gedichte

 
Menschliches Elende (Auszug) (0:09)
Andreas Gryphius (1616 – 1664)

Was sind wir Menschen doch? Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen,
Ein Ball des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit,
Ein Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid,
Ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen.

Dies Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Scherzen.
Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid
Und in das Totenbuch der großen Sterblichkeit
Längst eingeschrieben sind, sind uns aus Sinn und Herzen.

Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt
Und wie ein Strom verscheußt, den keine Macht aufhält,
So muß auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden.

Was itz und Atem holt, muß mit der Luft entfliehn,
Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn.
Was sag ich? Wir vergehn, wie Rauch von starken Winden.

 

 
Thränen des Vaterlandes (2:35)
Andreas Gryphius (1616 – 1664)

Wir sind doch nunmehr gantz, ja mehr denn gantz verheeret!
Der frechen Völcker Schaar, die rasende Posaun
Das vom Blut fette Schwerdt, die donnernde Carthaun
Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrath auffgezehret.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret.
Das Rathauß liegt im Grauß, die Starcken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest und Tod, der Hertz und Geist durchfähret.

Hir durch die Schantz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreymal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut,
Von Leichen fast verstopfft, sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest und Glut und Hungersnoth:
Das auch der Seelen Schatz so vilen abgezwungen.

 

 
Es ist alles eitel (4:06)
Andreas Gryphius (1616 – 1664)

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo jetz und Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.

Was jetz und prächtig blüht, soll bald zertreten werden;
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach, was ist alles dies, was wir vor köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum, die man nicht wieder findt!
Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.

 

 
An sich selbst (6:09)
Andreas Gryphius (1616 – 1664)

Mir grauet vor mir selbst, mit zittern alle Glieder,
Wenn ich die Lipp’ und Nas’ und beider Augen Kluft,
Die blind vom Wachen sind, des Atems schwere Luft
Betracht’, und die nun schon erstorbnen Augenlider.

Die Zunge, schwarz vom Brand, fällt mit den Worten nieder,
Und lallt ich weiß nicht was; die müde Seele ruft
Dem großen Tröster zu, das Fleisch reucht nach der Gruft,
Die Ärzte lassen mich, die Schmerzen kommen wieder,

Mein Körper ist nicht mehr als Adern, Fell und Bein.
Das Sitzen ist mein Tod, das Liegen eine Pein.
Die Schenkel haben selbst nun Träger wohl vonnöten!

Was ist der hohe Ruhm und Jugend, Ehr’ und Kunst?
Wenn diese Stunde kommt: wird alles Rauch und Dunst.
Und eine Not muss uns mit allem Vorsatz töten.

 

 
Verleugnung der Welt (Auszug) (8:24)
Andreas Gryphius (1616 – 1664)

Was frag ich nach der Welt! sie wird in Flammen stehn:
Was acht ich reiche Pracht: der Tod reißt alles hin!
Was hilfft die Wissenschafft / der mehr denn falsche Dunst:
Der Libe Zauberwerck ist tolle Phantasie:
Die Wollust ist fürwahr nichts als ein schneller Traum;
Die Schönheit ist wie Schnee‘ / diß Leben ist der Tod.

Diß alles stinckt mich an / drumb wündsch ich mir den Tod!
Weil nichts wie schön und starck / wie reich es sey / kan stehn
Offt / eh man leben wil / ist schon das Leben hin.
Wer Schätz‘ und Reichthumb sucht: was sucht er mehr als Dunst.
Wenn dem der Ehrenrauch entsteckt die Phantasie:
So traumt ihm / wenn er wacht / er wacht und sorgt im Traum.

Auff meine Seel / auff! auff! entwach aus disem Traum!
Verwirff was irrdisch ist / und trotze Noth und Tod!
Was wird dir / wenn du wirst für jenem Throne stehn /
Die Welt behülfflich seyn? wo dencken wir doch hin?
Was blendet den Verstand? sol diser leichte Dunst
Bezaubern mein Gemüt mit solcher Phantasie?

Bißher! und weiter nicht! verfluchte Phantasie!
Niehts werthes Gauckelwerck. Verblendung-voller Traum!
Du Schmertzen-reiche Lust! du folter-harter Tod!
Ade! ich wil nunmehr auff freyen Füssen stehn
Vnd treten was mich tratt! Ich eile schon dahin;
Wo nichts als Warheit ist. Kein bald verschwindend Dunst.

Treib ewig helles Licht der dicken Nebel Dunst
Die blinde Lust der Welt: die tolle Phantasie
Die flüchtige Begird‘ und diser Gütter Traum
Hinweg und lehre mich recht sterben vor dem Tod.
Laß mich die Eitelkeit der Erden recht verstehn
Entbinde mein Gemüth und nim die Ketten hin.

Nim was mich und die Welt verkuppelt! nim doch hin
Der Sünden schwere Last: Laß ferner keinen Dunst
Verhüllen mein Gemüth / und alle Phantasie
Der Eitel-leeren Welt sey für mir als ein Traum
Von dem ich nun erwacht! und laß nach disem Tod
Wenn hin! Dunst / Phantasie / Traum! Tod / mich ewig stehn.