4 September 2012 |
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DICHTUNG | Gottfried Benn | |
LESUNG | Gottfried Benn |
Astern – schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.
Noch einmal die goldenen Herden,
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?
Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du –
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu,
Noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
Die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.
28 Juni 2012 |
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DICHTUNG | Gottfried Benn | |
REALISIERUNG | Bund Neuland: Martyred King |
Tag, der den Sommer endet
Herz, dem das Zeichen fiel:
die Flammen sind versendet,
die Fluten und das Spiel.
Die Bilder werden blasser,
entrücken sich der Zeit,
wohl spiegelt sie noch ein Wasser,
doch auch dies Wasser ist weit.
Du hast eine Schlacht erfahren,
trägst noch ihr Stürmen, ihr Fliehn,
indessen die Schwärme, die Scharen,
die Heere weiter ziehn.
Rosen- und Waffenspanner,
Pfeile und Flammen weit -:
die Zeichen sinken, die Banner -:
Unwiederbringlichkeit.
12 April 2012 |
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DICHTUNG | Annette von Droste-Hülshoff | |
LESUNG | Gertrud Kückelmann | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
So gern hätt’ ich ein schönes Lied gemacht
von deiner Liebe, deiner treuen Weise,
die Gabe, die für andre immer wacht
hätt’ ich so gern geweckt zu deinem Preise.
Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr
und wie ich auch die Reime mochte stellen.
Des Herzens Fluten wallten drüber her,
zerstören mir des Liedes zarte Wellen.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
von einfach ungeschmücktem Wort getragen,
und meine ganze Seele nimm darin.
Wo man am meisten fühlt,
weiß man nicht viel zu sagen!