Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

28 
 Juni 
 
2012


 

DICHTUNG Gottfried Benn
LESUNG Gottfried Benn



Wer allein ist, ist auch im Geheimnis,
immer steht er in der Bilder Flut,
ihrer Zeugung, ihrer Keimnis,
selbst die Schatten tragen ihre Glut.

Trächtig ist er jeder Schichtung
denkerisch erfüllt und aufgespart,
mächtig ist er der Vernichtung
allem Menschlichen, das nährt und paart.

Ohne Rührung sieht er, wie die Erde
eine andere ward, als ihm begann.
nicht mehr Stirb und nicht mehr Werde:
formstill sieht ihn die Vollendung an.

 
 
6 
 Januar 
 
2012


 

DICHTUNG Walther von der Vogelweide
ÜBERSETZUNG WikiPedia
BEREITSTELLUNG Ginnungsgap


 

Under der linden Unter den Linden
mittelhochdeutsch heutiges Deutsch

 

Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
Vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.
Unter der Linde
an der Heide,
wo unser gemeinsames Bett war,
dort könnt ihr finden
gepflückte
sorgsam Blumen und Gras.
Vor dem Walde in einem Tal,
tandaradei,
sang die Nachtigall lieblich.
Ich kam gegangen zuo der ouwe,
dô was mîn friedel komen ê.
Dâ wart ich enpfangen,
hêre frouwe,
daz ich bin sælic iemer mê.
Kuster mich? Wol tûsentstunt:
tandaradei,
seht, wie rôt mir ist der munt.
Ich kam zu der Au,
da war mein Liebster schon da.
Dort wurde ich empfangen,
als edle Frau!

(so) dass ich für immer glücklich bin.
Küsste er mich? Wohl tausendmal!
Tandaradei,
seht, wie rot mir der Mund davon ist.

Dô het er gemachet alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
Des wirt noch gelachet inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
 
Bî den rôsen er wol mac,
tandaradei,
merken, wâ mirz houbet lac.
Da hatte er prächtig gemacht
aus Blumen ein Bett.
Darüber wird jetzt noch herzlich gelacht,
wenn jemand denselben Weg entlang kommt.
An den Rosen kann er wohl,
tandaradei,
erkennen, wo mein Haupt lag.
Daz er bî mir læge, wessez iemen
(nû enwelle got!), sô schamt ich mich.
 
Wes er mit mir pflæge,
niemer niemen bevinde daz,
wan er und ich,
und ein kleinez vogellîn –
tandaradei,
daz mac wol getriuwe sîn.
Dass er bei mir lag, wüsste das jemand
(das wolle Gott nicht!), dann würde ich mich schämen.
Was er mit mir tat,
das soll nie jemand erfahren,
außer er und ich
und ein kleines Vöglein,
tandaradei,
das kann wohl verschwiegen sein.
 
 
20 
 Juni 
 
2011


 


Auszug aus “Cyrano de Bergerac”

Wie voll mein Herz von Zärtlichkeit gewesen,
hast Du’s geahnt ?
Nie mehr, aber auch nie mehr
wird mein trunkener Blick nie mehr
in seliger Lust
die Lüfte küssen, die Du Zauberin
mit lieblichen Gebärden sanft bewegt.

Wie Deine Hand sich an meine Stirne legt,
ich seh’s im Geiste und Grüße send’ ich hin.
Mein ganzes Herz ist auch im Tode dein
und alle Glut, die liebend ich Dir zolle,
flammt noch in meiner Augen letztem Strahl.