Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

9 
 April 
 
2012


 

Mahatma Gandhi

„Ich glaube, dass geistiger Fortschritt
in einem gewissen Stadium von uns verlangt,
damit aufzuhören, unsere Mitgeschöpfe zur Befriedigung
unserer leiblichen Bedürfnisse zu töten.“

Mahatma Ghandi
Führer der indischen Selbständigkeitsbewegung
Friedensnobelpreisträger

Tierquälerei bleibt Tierquälerei! Im Respekt gegenüber Leben jeglicher Art sollte Religion Vorbild sein.

 
 
9 
 April 
 


 

Inwieweit der Grundsatz ethischen Handelns gerade um die friedliche Weihnachtszeit einen hochheiligen Anklang findet, lässt sich wohl aus den Verkaufszahlen der Fleischindustrie ablesen.

Irgendwie gebärdet sich die Spezies Mensch schizophren:
Einerseits ein höchst ästhetisch veranlagtes Wesen, das am Heilig Abend mit bedächtigem Sinn und fühlendem Herzen in architektonische Kunstbauten eines Gotteshauses strömt, um derorts mit feuchtem Auge und geradezu ekstatischer Entzückung im Liebschall erhobener Stimme den Schöpfer aller Dinge lobt und anschließend sich beim Weihnachtsessen barbarisch über dessen leidensfähigen Geschöpfe hermacht, obwohl der Mensch doch “den Garten [Eden] bewahren solle, mit weisem Regieren und Achtung seiner Geschöpfe”.

Bekanntlich kommt ja zuerst das Fressen und dann die Moral (Bertolt Brecht), wobei letztere wiederum vom leuchtenden Tannenbaum überstrahlt wird und die darunter angesammelten Geschenke es dem menschlichen Geist leicht machen, aufkommende Bedenken an der nicht bibelkonformen Esskultur zu zerstreuen.
Konkret denke man auch an die süßen Entchen in einem Bach, die man desöfteren schon mit Brot(-Resten) gefüttert hat und so seiner Tierliebe selbstschmeichelnd gehuldigt hat, andererseits aber um die friedensverheißende Weihnachtszeit diesen in knuspriger Form rein kullinarisch begegnen möchte: „Lasset unsre Häupter senken und an unsren Schöpfer denken. Wie reich hat uns doch unser himmlischer Vater beschenkt. Halleluja. AMEN“.

Man sieht, der Mensch ist äußerst ambivalent und jeder backt sich eben seine eigenen Weihnachtsplätzchen so, wie er sie haben will und mundgerecht bekömmlich sind.

Letztlich ist alles nur eine Frage der Auslegung, ein diffuses Aufschimmern lassen selbstdienlicher Moral … eine Sache der konstruierten Legitimation.

 
 
18 
 Dezember 
 
2011

abgelegt in
Gedankenschau

 

In Anspielung auf das Märchen von der wundersamen Speisung der fünftausend “Männer, ohne Frauen und Kinder”.
Märchen???

Von der literarischen Gattung ist die Speisung der 5000 zunächst kein Märchen, sondern ein Gleichnis.
Ein Gleichnis ist laut unserer allzeit beliebten Wikipedia “eine bildhafte rhetorische Figur zur Veranschaulichung eines Sachverhalts mittels eines Vergleichs […] und verfolgt den didaktischen Anspruch, einen komplexen oft theoretischen Sachverhalt in Form einer bildhaften und konkreten Darstellung abzubilden.”
Man wählte also die Sprache des einfachen Landvolks und verlor sich auch nicht in mehrfach verschachtelten Nebensätzen wie es vielfach (auch heute noch) Akademiker tun.

Insofern ist es auch egal, ob es 5000 (Menschen!) waren oder nur lediglich 5.
Es ist auch egal, ob es Tierkadaver (Fische) waren, die sich wundersam vermehrten.
Es hätten genauso gut Äpfel und Birnen sein können.
Oder auch nur Worte, nach denen das Volk damals “hungerte” und “gesättigt” wurde.

Man sollte, sofern Textanalyse mit literaturwissenschaftlichem Ernst betrieben wird, sich vorher über die Textart im klaren sein, um den Text sodann mit der adäquaten “Lesebrille” konzeptionell richtig einzuordnen.

Und genau in diesem Punkt polarisieren sich die Lager.

Auf der einen Seite stehen die fundamentalistischen Christen, die eine 1:1-Übertragung in den Alltag dem Text zumuten und den Textgehalt maßlos überstrapazieren, verfremden, deformieren und meist für ihre eigene Ideologie modifizieren geradezu instrumentalisieren, sich zugleich auf göttliche Legitimation berufen, als letztes Glied der Heilsgeschichte gebärden.

Auf der anderen Seite stehen die Atheisten, die im Grunde dasselbe tun: das geschriebene Wort der Bibel als bare Münze zu nehmen, um dann über den Realitätsverlust der Christenheit abzulästern.

Wenn allgemeiner Spott auf Christen fällt, so kann ich dies rational nachvollziehen.
Wenn aber der Hohn auf die christliche Mythensammlung fällt, so kann ich nur den Kopf schütteln.
Es ist völlig normal, wenn in einem Mythos Gegebenheiten erzählt werden, die über die übliche Alltagserfahrung hinaus gehen, denn dies ist ja wesentlich für die Textgattung “Mythos”.
Darauf sollte sich der Leser auch einlassen oder gleich den Text beiseite legen.
In einem Kinderbuch kommen schließlich auch entgegen der Alltagserfahrung sprechende Tiere vor und Millionen von Eltern lesen ihren Kindern daraus vor.
Kein Mensch zweifelt dann an diesem “Wunder”, weil dieses innerhalb der Textgattung Märchen wiederum “normal” und “legal” ist.
Das “Wunder” ist gattungstypisch und es wäre sogar äußerst befremdlich, wenn keine Tiere sprechen könnten.

Was will ich damit sagen?
Dass sowohl fundamentalistische Christen als auch lästernde, meist auch streitsüchtige Atheisten unter literaturwissenschaftlichem und somit rationalem Gesichtspunkt eine äußerst fragwürdige Menschengruppierung darstellen, da sie den Kern einer Textaussage in ihrem eigentlichen Wesen verkennen.

Insofern bin ich ein großer Bewunderer des (kirchlich unbearbeiteten) Thomas-Evangeliums, in dem Jesus nicht unbedingt als der leibhaftige Sohn Gottes dargestellt wird. Auch Wundertaten, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt sucht der traditionelle Christ darin umsonst!!!
Jesus tritt als Philosoph auf, in dem sogar der Atheist Friedrich Nitzsche sicherlich einen Lehrmeister gefunden hätte.
Denn die Parallelen von Nitzsches “Übermenschen” (aus: “Also sprach Zarathrustra”) und dem Jesus des Thomas-Evangeliums weisen für mich doch sehr viele Gemeinsamkeiten auf:
Die Kraft zur Veränderung liegt in jedem selbst und bedarf keiner (kirchlichen) Institution.

Nur zum Gelingen, zur Überwindung der egoistischen Natur, der allen Lebewesen innewohnt (biblisches Bild: “Teufel” als kunstvoll gewählte Metapher der Ich-Befriedigung), bedarf es eines höheren Willens/Einsicht/Aufklärung, der häufig entgegen gesellschaftlicher Konventionen läuft.

Nenne es Gott oder Evolution des menschlichen Geistes!
In diesem Sinne an unsere Kirchenväter: Gott (=Evolution) in seiner Vielfältigkeit auf zählbare Seiten zwischen zwei Buchdeckeln zu pressen (Bibel), erscheint mir manchmal schon als Gotteslästerung selbst.