27 März 2017 | |
DICHTUNG | Rainer Maria Rilke | |
LESUNG | Oskar Werner | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
Ihr, von denen das Sein
leise sein großes Gesicht
wegwandte: ein
vielleicht Seiender spricht
draußen in der Freiheit
langsam bei Nacht ein Gebet:
Dass euch die Zeit vergeht,
denn ihr habt Zeit.
Wenn es euch jetzt gedenkt,
greift euch zärtlich durchs Haar:
alles ist weggeschenkt,
alles, was war.
Oh, dass ihr stille bliebt,
wenn euch das Herz verjährt;
dass keine Mutter erfährt,
dass es das gibt.
Oben hob sich der Mond,
wo sich die Zweige entzwein,
und, wie von euch bewohnt,
bleibt er allein.
1 Dezember 2016 | |
DICHTUNG | Rainer Maria Rilke | |
LESUNG | Oskar Werner | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
Nenn ich dich Aufgang oder Untergang?
Denn manchmal bin ich vor dem Morgen bang
und greife scheu nach seiner Rosen Röte –
und ahne eine Angst in seiner Flöte
vor Tagen, welche liedlos sind und lang.
Aber die Abende sind mild und mein,
von meinem Schauen sind sie still beschienen;
in meinem Armen schlafen Wälder ein, –
und ich bin selbst das Klingen über ihnen,
und mit dem Dunkel in den Violinen
verwandt durch all mein Dunkelsein.
25 August 2012 | |
DICHTUNG | Paul Celan | |
LESUNG | Paul Celan | |
BEREITSTELLUNG | paulantschell |
FADENSONNEN
über der grauschwarzen Ödnis.
Ein baum-
hoher Gedanke
greift sich den Lichtton: es sind
noch Lieder zu singen jenseits
der Menschen.