Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

12 
 Juli 
 
2018

abgelegt in
Schule & Studium

 

Heute habe ich erfahren, dass mein Musiklehrer meiner Grundschulzeit verstorben ist.
Heute noch hallt mir sein Lied nach, das er uns in der Musikstunde beigebracht hat.
Der Text ist simple und besteht nur aus einem Wort: “Tomatensalat”.

Interessant ist, dass durch ständige Aneinanderreihung mittels rhythmischer Melodieführung das Wort nicht nur lautlich durchgliedert wird, sondern sich auch die Betonungssilben verschieben.
Gerade unter Betrachtung der Metrik ergeben sich vielfältige Muster: Jambus, Trochäus, Daktylus, Anapäst, …

Vielleicht fand damals meine erste Sensibilisierung für lautliche Massen statt (vgl. Phonologische Bewusstheit)

 
 
2 
 September 
 
2008

abgelegt in
Gedankenschau

 

Lehramtstudium an einer Pädagogischen Hochschule absolviert,
kindzentriertes Menschenbild demontiert?

Hinsichtlich der Benotung in der 2. Grundschulklasse stieß ich im Internet auf das Posting einer Mutter, deren Sohn in einer Mathematik-Arbeit die stolze Punktzahl von 52 bei 53 Höchstpunkten (98,11% von 100%) erreichte.
Er bekam die Note 2,0.
Die Antwort der Klassenlehrerin war lediglich, dass die Note 1 wohl nur “ab 100%” erreicht würde.

Hmm, laut der Berechnungsformel meines ehemaligen Geschichts- und Gemeinschaftskundelehrers Harald Barth (5*erreichte Punktzahl / Gesamtpunkt * (-1)) ergäbe sich die Note 1,094339623 (gerundet 1,0).

Mir geht es bei diesem Beitrag aber nicht um die Zensurphilosophie, sondern grundsätzlich um das Menschenbild, welches durch das Gegenpost vermittelt wird: produkt- und nicht prozessorientiert.
Es sollte nicht das Endresultat im Vordergrund stehen, sondern das Lernpotential, das sich in einer Glanzleistung zeigen kann, aber nicht unbedingt (in der zweiten Klasse schon) muss.

Da ich selbst Sonderschulpädagogik studiere, hat mich dies doch sehr befremdet.

 
 
23 
 November 
 
2007


 

Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
merkt ich und den Brauch,
und mit Geistesstärke
tu ich Wunder auch.
Walle! walle
Manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße.

Und nun komm, du alter Besen!
Nimm die schlechten Lumpenhüllen;
bist schon lange Knecht gewesen:
nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,
oben sei ein Kopf,
eile nun und gehe
mit dem Wassertopf!
Walle! walle
manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße.

Seht, er läuft zum Ufer nieder,
Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
und mit Blitzesschnelle wieder
ist er hier mit raschem Gusse.
Schon zum zweiten Male!
Wie das Becken schwillt!
Wie sich jede Schale
voll mit Wasser füllt!
Stehe! stehe!
denn wir haben
deiner Gaben
vollgemessen! –
Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
Hab ich doch das Wort vergessen!

Ach, das Wort, worauf am Ende
er das wird, was er gewesen.
Ach, er läuft und bringt behende!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güsse
bringt er schnell herein,
Ach! und hundert Flüsse
stürzen auf mich ein.
Nein, nicht länger
kann ichs lassen;
will ihn fassen.
Das ist Tücke!
Ach! nun wird mir immer bänger!
Welche Mine! welche Blicke!

O du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh ich über jede Schwelle
doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!
Willst am Ende
gar nicht lassen?
Will dich fassen,
will dich halten
und das alte Holz behende
mit dem scharfen Beile spalten.

Seht da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nur auf dich werfe,
gleich, o Kobold, liegst du nieder;
krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich, brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
und ich atme frei!
Wehe! wehe!
Beide Teile
stehn in Eile
schon als Knechte
völlig fertig in die Höhe!
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Naß und nässer
wirds im Saal und auf den Stufen.
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister! hör mich rufen! –
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.
“In die Ecke,
Besen, Besen!
Seids gewesen.
Denn als Geister
ruft euch nur zu diesem Zwecke,
erst hervor der alte Meister.”

 

Textdichter Johann Wolfgang von Goethe
Lesung JDD
Bereitstellung Ronnypups