Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

5 
 Mai 
 
2018

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DICHTUNG Else Lasker-Schüler
LESUNG Maria Becker


 

Die Welt, aus der ich lange mich entwand,
Ruht kahl, von Glut entlaubt, in dunkler Hand;
Die Heimat fremd, die ich mit Liebe überhäufte,
Aus der ich lebend in die Himmel reifte.

Es wachsen auch die Seelen der verpflanzten Bäume
Auf Erden schon in Gottes blaue Räume,
Um inniger von Seiner Herrlichkeit zu träumen.

Der große Mond und seine Lieblingssterne,
Spielen mit bunten Muschelschäumen
Und hüten über Meere Gottes Geist so gerne.

So fern hab ich mir nie die Ewigkeit gedacht …
Es weinen über unsere Welt die Engel in der Nacht.
Sie läuterten mein Herz, die Fluren zu versüßen,
Und ließen euch in meinen Versen grüßen.

 
 
1 
 April 
 
2018


 

DICHTUNG Friedrich Schiller
REALISIERUNG Erna Fröhlich und Heide-Marie Heimhard
BEREITSTELLUNG Dancingsoul Munich


 

Somit wäre die schon ewig anhaltende Challenge zwischen den Geschlechtern wohl endlich beendet… 🙂

Ehret die Frauen! sie flechten und weben
Himmlische Rosen ins irdische Leben,
Flechten der Liebe beglückendes Band,
Und in der Grazie züchtigem Schleier
Nähren sie wachsam das ewige Feuer
Schöner Gefühle mit heiliger Hand.

        Ewig aus der Wahrheit Schranken
        Schweift des Mannes wilde Kraft;
        Unstet treiben die Gedanken
        Auf dem Meer der Leidenschaft;
        Gierig greift er in die Ferne,
        Nimmer wird sein Herz gestillt;
        Rastlos durch entlegne Sterne
        Jagt er seines Traumes Bild.

Aber mit zauberisch fesselndem Blicke
Winken die Frauen den Flüchtling zurücke,
Warnend zurück in der Gegenwart Spur.
In der Mutter bescheidener Hütte
Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte,
Treue Töchter der frommen Natur.

        Feindlich ist des Mannes Streben,
        Mit zermalmender Gewalt
        Geht der wilde durch das Leben,
        Ohne Rast und Aufenthalt.
        Was er schuf, zerstört er wieder,
        Nimmer ruht der Wünsche Streit,
        Nimmer, wie das Haupt der Hyder
        Ewig fällt und sich erneut.

Aber zufrieden mit stillerem Ruhme,
Brechen die Frauen des Augenblicks Blume,
Nähren sie sorgsam mit liebendem Fleiß,
Freier in ihrem gebundenen Wirken,
Reicher, als er, in des Wissens Bezirken
Und in der Dichtung unendlichem Kreis.

        Streng und stolz, sich selbst genügend,
        Kennt des Mannes kalte Brust,
        Herzlich an ein Herz sich schmiegend,
        Nicht der Liebe Götterlust,
        Kennet nicht den Tausch der Seelen,
        Nicht in Thränen schmilzt er hin;
        Selbst des Lebens Kämpfe stählen
        Härter seinen harten Sinn.

Aber wie leise vom Zephyr erschüttert,
Schnell die äolische Harfe erzittert,
Also die fühlende Seele der Frau.
Zärtlich geängstigt vom Bilde der Qualen
Wallet der liebende Busen, es strahlen
Perlend die Augen von himmlischem Thau.

        In der Männer Herrschgebiete
        Gilt der Stärke trotzig Recht;
        Mit dem Schwert beweist der Scythe,
        Und der Perser wird zum Knecht.
        Es befehden sich im Grimme
        Die Begierden wild und roh,
        Und der Eris rauhe Stimme
        Waltet, wo die Charis floh.

Aber mit sanft überredender Bitte
Führen die Frauen den Scepter der Sitte,
Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht,
Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen,
Sich in der lieblichen Form zu umfassen,
Und vereinen, was ewig sich flieht.

 
 
24 
 März 
 
2018

abgelegt in
Gibran, Khalil

 

Weisheit von Khalil Gibran aus: “Der Prophet”


DICHTUNG Khalil Gibran
LESUNG Troubadonna



Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Es sind Söhne und Töchter von des Lebens Verlangen nach sich selber.
Sie kommen durch euch, doch nicht von euch;
Und sind sie auch bei euch, so gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, doch nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Leib behausen, doch nicht ihre Seelen.
Denn ihre Seelen wohnen im Hause von morgen, das ihr nicht zu betreten vermögt,
selbst nicht in euren Träumen.
Ihr dürft euch bestreben, ihnen gleich zu werden, doch suchet nicht,
sie euch gleich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilet es beim Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile entsandt werden.
Der Schütze sieht das Zeichen auf dem Pfade der Unendlichkeit, und Er biegt euch mit
Seiner Macht, auf dass Seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Möge das Biegen in des Schützen Hand euch zur Freude gereichen;
Denn gleich wie Er den fliegenden Pfeil liebt, so liebt Er auch den Bogen, der standhaft bleibt.