Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

12 
 Juni 
 
2017


 
dance_of_the_blessed_spirits_orpheus_eurydike_tanz_der_gesegneten_seligen_geister
 
Orpheus und Eurydike
 
Musik
Christoph Willibald Gluck [1]Tanz der seligen Geister
Fürwahr, sein dumpfer Augenschein war lichter schon entflammt und loderte einst den ungetrübten Wonneglanz muntrer Erdentage, damals auf dem unbeschwerten Pfad seiner Jugend.

Damals, als er im milden Wonnefluss der Dämmerröte mit heiterem Blick auf den heimischen Fluren durch die rankbewachsenen, thrakischen Bergwälder lustwandelte und mit frohem Schritte aller Banden gelöset sich dem ewigen Herzensfrieden anbefahl, frei vom Regelzwange einer gefühlserstarrten, mechanisch gefügigen Welt.

Nicht selten entfloh sein Zartgeist dem wirren Lärmen jener Welt, die in ihrer heillosen Geschäftigkeit mit eifernder Glut nach materieller Glückseligkeit gierte, die mit ihrer gutbürgerlichen Tüchtigkeit die berstenden Kammern häufender Habe zu füllen gedachte, um in des Geldstromes erquicklichem Bade das sorgende Jammern der Seele zu ertränken, anstatt des Herzens zartwurzelndem Sehnen nach höher’m Erdenglück gebührend zu stillen.

Ach, wie treu wogen Orpheus und Eurydike indes die stillen Momente im Heiligtum der empfangenden Natur, die sie in ihren blumen Purpurmantel bergend hüllte und beide im trauten Flüstertone Liebesworte fromm einander beichten durften.

Duftend offenbarte er sich ihnen, der milde Jugendtraum, der sich mit zarter Gravur tief in ihre kindbewahrten Herzenstafeln senkte.
→ zu Mnemosynes Geleit
Morpheus‘ Schoß

Fußnoten[+]

 
 
28 
 Juni 
 
2016

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Die Edda | Mythologie
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1
Allen Edlen gebiet ich Andacht,
Hohen und Niedern von Heimdalls Geschlecht;
Ich will Walvaters Wirken künden,
Die ältesten Sagen, der ich mich entsinne.

2
Riesen acht ich die Urgebornen,
Die mich vor Zeiten erzogen haben.
Neun Welten kenn ich, neun Äste weiß ich
An dem starken Stamm im Staub der Erde.

3
Einst war das Alter, da Ymir lebte:
Da war nicht Sand nicht See, nicht salzge Wellen,
Nicht Erde fand sich noch Überhimmel,
Gähnender Abgrund und Gras nirgend.

4
Bis Börs Söhne die Bälle erhuben,
Sie die das mächtige Midgard schufen.
Die Sonne von Süden schien auf die Felsen
Und dem Grund entgrünte grüner Lauch.

5
Die Sonne von Süden, des Mondes Gesellin,
Hielt mit der rechten Hand die Himmelsrosse.
Sonne wußte nicht wo sie Sitz hätte,
Mond wußte nicht was er Macht hätte,
Die Sterne wußten nicht wo sie Stätte hatten.

6
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat.
Der Nacht und dem Neumond gaben sie Namen,
Hießen Morgen und Mitte des Tags,
Under und Abend, die Zeiten zu ordnen.

7
Die Asen einten sich auf dem Idafelde,
Hof und Heiligtum hoch sich zu wölben.
(Übten die Kräfte alles versuchend,)
Erbauten Essen und schmiedeten Erz,
Schufen Zangen und schön Gezäh.

8
Sie warfen im Hofe heiter mit Würfeln
Und darbten goldener Dinge noch nicht.
Bis drei der Thursen-Töchter kamen
Reich an Macht, aus Riesenheim.

9
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat,
Wer schaffen sollte der Zwerge Geschlecht
Aus Brimirs Blut und blauen Gliedern.

10
Da ward Modsognir der mächtigste
Dieser Zwerge und Durin nach ihm.
Noch manche machten sie menschengleich
Der Zwerge von Erde, wie Durin angab.

11
Nyi und Nidi, Nordri und Sudri,
Austri und Westri, Althiof, Dwalin,
Nar und Nain, Niping, Dain,
Bifur, Bafur, Bömbur, Nori;
Ann und Anarr, Ai, Miödwitnir.

12
Weig, Gandalf, Windalf, Thrain,
Theck und Thorin, Thror, Witr und Litr,
Nar und Nyrad; nun sind diese Zwerge,
Regin und Raswid, richtig aufgezählt.

13
Fili, Kili, Fundin, Nali,
Hepti, Wili, Hannar und Swior,
Billing, Bruni, Bild, Buri,
Frar, Hornbori, Frägr und Loni,
Aurwang, Jari, Eikinskjaldi.

14
Zeit ist’s, die Zwerge von Dwalins Zunft
Den Leuten zu leiten bis Lofar hinauf,
Die aus Gestein und Klüften strebten
Von Aurwangs Tiefen zum Erdenfeld.

15
Da war Draupnir und Dolgtrasir,
Har, Haugspori, Hläwang, Gloi,
Skirwir, Wirwir, Skafid, Ai,
Alf und Yngwi, Eikinskjaldi.

16
Fialar und Frosti, Finnar und Ginnar,
Heri, Höggstari, Hliodolf, Moin.
So lange Menschen leben auf Erden,
Wird zu Lofar hinauf ihr Geschlecht geleitet.

17
Gingen da dreie aus dieser Versammlung,
Mächtige, milde Asen zumal,
Fanden am Ufer unmächtig
Ask und Embla und ohne Bestimmung.

18
Besaßen nicht Seele, und Sinn noch nicht,
Nicht Blut noch Bewegung, noch blühende Farbe.
Seele gab Odin, Hönir gab Sinn,
Blut gab Lodur und blühende Farbe.

19
Eine Esche weiß ich, heißt Yggdrasil,
Den hohen Baum netzt weißer Nebel;
Davon kommt der Tau, der in die Täler fällt.
Immergrün steht er über Urds Brunnen.

20
Davon kommen Frauen, vielwissende,
Drei aus dem See dort unterm Wipfel.
Urd heißt die eine, die andre Werdani:
Sie schnitten Stäbe; Skuld hieß die dritte.
Sie legten Lose, das Leben bestimmten sie
Den Geschlechtern der Menschen, das Schicksal verkündend.

21
Allein saß sie außen, da der Alte kam,
Der grübelnde Ase, und ihr ins Auge sah.
Warum fragt ihr mich? Was erforscht ihr mich?
Alles weiß ich, Odin, wo du dein Auge bargst :

22
In der vielbekannten Quelle Mimirs.
Met trinkt Mimir allmorgendlich
Aus Walvaters Pfand! Wißt ihr, was das bedeutet?

23
Ihr gab Heervater Halsband und Ringe
Für goldene Sprüche und spähenden Sinn.
Denn weit und breit sah sie über die Welten all.

24
Ich sah Walküren weither kommen,
Bereit zu reiten zum Rat der Götter.
Skuld hielt den Schild, Skögol war die andre,
Gunn, Hilde, Göndul und Geirskögul.
Hier nun habt ihr Herjans Mädchen,
Die als Walküren die Welt durchreiten.

25
Da wurde Mord in der Welt zuerst,
Da sie mit Geren Gulweig (die Goldkraft) stießen,
In des Hohen Halle die helle brannten.
Dreimal verbrannt ist sie dreimal geboren,
Oft, unselten, doch ist sie am Leben.

26
Heid hieß man sie wohin sie kam,
Wohlredende Wala zähmte sie Wölfe.
Sudkunst konnte sie, Seelenheil raubte sie,
Übler Leute Liebling allezeit.

27
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilige Götter hielten Rat,
Ob die Asen sollten Untreue strafen,
Oder alle Götter Sühnopfer empfahn.

28
Gebrochen war der Burgwall den Asen,
Schlachtkundge Wanen stampften das Feld.
Odin schleuderte über das Volk den Spieß:
Da wurde Mord in der Welt zuerst.

29
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat,
Wer mit Frevel hätte die Luft erfüllt,
Oder dem Riesenvolk Odhurs Braut gegeben?

30
Von Zorn bezwungen zögerte Thor nicht,
Er säumt selten wo er solches vernimmt:
Da schwanden die Eide, Wort und Schwüre,
Alle festen Verträge jüngst trefflich erdacht.

31
Ich weiß Heimdalls Horn verborgen
Unter dem himmelhohen heiligen Baum.
Einen Strom seh ich stürzen mit starkem Fall
Aus Walvaters Pfand: wißt ihr, was das bedeutet?

32
Östlich saß die Alte im Eisengebüsch
Und fütterte dort Fenrirs Geschlecht.
Von ihnen allen wird eins das schlimmste:
Des Mondes Mörder übermenschlicher Gestalt.

33
Ihn mästet das Mark gefällter Männer,
Der Seligen Saal besudelt das Blut.
Der Sonne Schein dunkelt in kommenden Sommern,
Alle Wetter wüten: wißt ihr, was das bedeutet?

34
Da saß am Hügel und schlug die Harfe
Der Riesin Hüter, der heitre Egdir.
Vor ihm sang im Vogelwalde
Der hochrote Hahn, geheißen Fialar.

35
Den Göttern gellend sang Gullinkambi,
Weckte die Helden beim Heervater,
Unter der Erde singt ein andrer,
Der schwarzrote Hahn in den Sälen Hels.

36
Ich sah dem Baldur dem blühenden Opfer,
Odins Sohne, Unheil drohen.
Gewachsen war über die Wiesen hoch
Der zarte, zierliche Zweig der Mistel.

37
Von der Mistel kam, so dauchte mich
Häßlicher Harm, da Hödur schoß.
(Baldurs Bruder, war kaum geboren,
Als einsichtig Odins Erbe zum Kampf ging.

Die Hände nicht wusch er, das Haar nicht kämmt er,
Eh er zum Bühle trug Baldurs Töter.)
Doch Frigg beklagte in Fensal dort
Walhalls Verlust: wißt ihr, was das bedeutet?

38
In Ketten lag im Quellenwalde
In Unholdgestalt der arge Loki.
Da sitzt auch Sigyn unsanfter Gebärde,
Des Gatten Waise: wißt ihr, was das bedeutet?

39
Gewoben weiß da Wala Todesbande,
Und fest geflochten die Fessel aus Därmen.
Viel weiß der Weise, weit seh ich voraus
Der Welt Untergang, der Asen Fall.
Gräßlich heult Garm vor der Gnupahöhle,
Die Fessel bricht und Freki rennt.

40
Ein Strom wälzt ostwärts durch Eitertäler
Schlamm und Schwerter, der Slidur heißt.

41
Nördlich stand an den Nidabergen
Ein Saal aus Gold für Sindris Geschlecht.
Ein andrer stand auf Okolnir
Des Riesen Biersaal, Brimir genannt.

42
Einen Saal seh ich, der Sonne fern
In Nastrands, die Türen sind nordwärts gekehrt.
Gifttropfen fallen durch die Fenster nieder;
Mit Schlangenrücken ist der Saal gedeckt.

43
Im starrenden Strome stehn da und waten
Meuchelmörder und Meineidige
(Und die andrer Liebsten ins Ohr geraunt).
Da saugt Nidhögg die entseelten Leiber,
Der Menschenwürger: wißt ihr, was das bedeutet?

44
Viel weiß der Weise, sieht weit voraus
Der Welt Untergang, der Asen Fall.

45
Brüder befehden sich und fällen einander,
Geschwister sieht man die Sippe brechen.
Der Grund erdröhnt, üble Disen fliegen;
Der eine schont des andern nicht mehr.

46
Unerhörtes ereignet sich, großer Ehbruch.
Beilalter, Schwertalter, wo Schilde krachen,
Windzeit, Wolfszeit eh die Welt zerstürzt.

47
Mimirs Söhne spielen, der Mittelstamm entzündet sich
Beim gellenden Ruf des Giallarhorns.
Ins erhobne Horn bläst Heimdall laut,
Odin murmelt mit Mimirs Haupt.

48
Yggdrasil zittert, die Esche, doch steht sie,
Es rauscht der alte Baum, da der Riese frei wird.
(Sie bangen alle in den Banden Hels
Bevor sie Surturs Flamme verschlingt.)
Gräßlich heult Garm vor der Gnupahöhle,
Die Fessel bricht und Freki rennt.

49
Hrym fährt von Osten und hebt den Schild,
Jörmungand wälzt sich im Jötunmute.
Der Wurm schlägt die Flut, der Adler facht,
Leichen zerreißt er; los wird Naglfar.

50
Der Kiel fährt von Osten, da kommen Muspels Söhne
Über die See gesegelt; sie steuert Loki.
Des Untiers Abkunft ist all mit dem Wolf;
Auch Bileists Bruder ist ihm verbündet.

51
Surtur, fährt von Süden mit flammendem Schwert,
Von seiner Klinge scheint die Sonne der Götter.
Steinberge stürzen, Riesinnen straucheln,
Zu Hel fahren Helden; der Himmel klafft.

52
Was ist mit den Asen? Was ist mit den Alfen?
All Jötunheim ächzt, die Asen versammeln sich.
Die Zwerge stöhnen vor steinernen Türen,
Der Bergwege Weiser: wißt ihr, was das bedeutet?

53
Da hebt sich Hlins anderer Harm,
Da Odin eilt zum Angriff des Wolfs.
Belis Mörder mißt sich mit Surtur;
Schon fällt Friggs einzige Freude.

54
Nicht säumt Siegvaters erhabner Sohn
Mit dem Leichenwolf, Widar, zu fechten:
Er stößt dem Hwedrungssohn den Stahl ins Herz
Durch gähnenden Rachen: so rächt er den Vater.

55
Da kommt geschritten Hlodyns schöner Erbe,
Wider den Wurm wendet sich Odins Sohn.
Mutig trifft ihn Midgards Segner.
Doch fährt neun Fuß weit Fiörgyns Sohn
Weg von der Natter, die nichts erschreckte.
Alle Wesen müssen die Weltstatt räumen.

56
Schwarz wird die Sonne, die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel schwinden die heitern Sterne.
Glutwirbel umwühlen den allnährenden Weltbaum,
Die heiße Lohe beleckt den Himmel.

57
Da seh ich auftauchen zum andernmale
Aus dem Wasser die Erde und wieder grünen.
Die Fluten fallen, darüber fliegt der Aar,
Der auf dem Felsen nach Fischen weidet.

58
Die Asen einen sich auf dem Idafelde,
Über den Weltumspanner zu sprechen, den großen.
Uralter Sprüche sind sie da eingedenk,
Von Fimbultyr gefundner Runen.

59
Da werden sich wieder die wundersamen
Goldenen Bälle im Grase finden,
Die in Urzeiten die Asen hatten,
Der Fürst der Götter und Fiölnirs Geschlecht.

60
Da werden unbesät die Äcker tragen,
Alles Böse bessert sich, Baldur kehrt wieder.
In Heervaters Himmel wohnen Hödur und Baldur,
Die walweisen Götter. Wißt ihr, was das bedeutet?

61
Da kann Hönir selbst sein Los sich kiesen,
Und beider Brüder Söhne bebauen
Das weite Windheim. Wißt ihr, was das bedeutet?

62
Einen Saal seh ich heller als die Sonne,
Mit Gold bedeckt auf Gimils Höhn:,
Da werden bewährte Leute wohnen
Und ohne Ende der Ehren genießen.

63
Da reitet der Mächtige zum Rat der Götter,
Der Starke von oben, der alles steuert.
Den Streit entscheidet er, schlichtet Zwiste,
Und ordnet ewige Satzungen an.

64
Nun kommt der dunkle Drache geflogen,
Die Natter hernieder aus Nidafelsen.
Das Feld überfliegend trägt er auf den Flügeln
Nidhöggurs-Leichen – und nieder senkt er sich.

 
 
27 
 November 
 
2015

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09 → Romantik | Novalis

 

DICHTUNG Novalis
LESUNG Christian Brückner
BEREITSTELLUNG LYRIK & MUSIK


 

Verschwunden waren die Götter.
Einsam und leblos
Stand die Natur
Entseelt von der strengen Zahl
Und der eisernen Kette
Gesetze wurden.
Und in Begriffe
Wie in Staub und Lüfte
Zerfiel die unermeßliche Blüthe
Des tausendfachen Lebens.
Entflohn war
Der allmächtige Glauben
Und die allverwandelnde
Allverschwisternde
Himmelsgenossinn
Die Fantasie.
Unfreundlich blies
Ein kalter Nordwind
Über die erstarrte Flur
Und die Wunderheymath
Verflog in den Aether
Und des Himmels
Unendliche Fernen
Füllten mit leuchtenden Welten sich.
Ins tiefere Heiligthum
In des Gemüths höhern Raum
Zog die Seele der Welt
Mit ihren Mächten
Zu walten dort
Bis zum Anbruch
Des neuen Tags,
Der höhern Weltherrlichkeit.
Nicht mehr war das Licht
Der Götter Aufenthalt
Und himmlisches Zeichen —
Den Schleyer der Nacht
Warfen Sie über sich
Die Nacht ward
Der Offenbarungen
Fruchtbarer Schoos.