Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

9 
 August 
 
2016

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DICHTUNG Heinrich Heine
LESUNG Katharina Thalbach


 

Der Vorhang fällt, das Stück ist aus,
Und Herrn und Damen gehn nach Haus.
Ob ihnen auch das Stück gefallen?
Ich glaub, ich hörte Beifall schallen.
Ein hochverehrtes Publikum
Beklatschte dankbar seinen Dichter.
Jetzt aber ist das Haus so stumm,
Und sind verschwunden Lust und Lichter.

Doch horch! ein schollernd schnöder Klang
Ertönt unfern der öden Bühne,
Vielleicht, daß eine Seite sprang
An einer alten Violine.
Verdrießlich rascheln im Parterr
Etwelche Ratten hin und her,
Und alles riecht nach ranzgem Öle.
Die letzte Lampe ächzt und zischt
Verzweiflungsvoll und sie erlischt.
Das arme Licht war meine Seele.

 
 
20 
 Mai 
 
2016

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Gedankenschau
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Bezugnehmend auf den Artikel von Zoe Beck

Letztens erst wieder: Zum Veranstaltungsende bekommen die an der Diskussionsrunde beteiligten Frauen Blumensträuße, die Männer Bücher. Ich bin nicht die einzige im Publikum, die große Augen macht. Die Frau, die neben mir sitzt, schüttelt den Kopf und sagt: Das glaub ich doch nicht. Das können die doch nicht machen.

Machen sie aber.

Warum bekommen die Frauen Blumen und die Männer Bücher?, frage ich hinterher in die Runde. Ach, das ist doch alles nicht so wichtig, sagt jemand. Oder: Hat sich noch niemand beschwert. Oder: Ist doch egal, wer weiß, vielleicht sind die Bücher ja auch blöd. Aber tatsächlich sagen viele: Ja, hab ich mich auch gefragt. So ein Unfug.

Es stört mich, und eben nicht nur mich, weil es so symbolisch ist. Blumenschmuck für die Damen, das „schöne Geschlecht“, etwas Dekoratives, und nun könnte man denSymbolcharakter noch weiter ausdehnen, aber das ginge zu weit. Und für die Herren…

Als Frau hätte ich die just empfangene Blume stilvoll vor den Mund gehalten und “durch die Blume” mit übertriebender Gebärde in die Runde der männlichen Mohngesichter die Frage gestellt, ob Georg Büchner nebst seiner revolutionären Schriften auch Anthologien (“Blumenlese”) las. Aber vermutlich hätte das niemand verstanden und ich hätte mich dann wohl in Anwesenheit jenes Witzvakuums “verduftet”…

 
 
5 
 Februar 
 
2016

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09 → Romantik | Novalis

 

DICHTUNG Novalis
LESUNG Jürgen Goslar
BEREITSTELLUNG wortlover


 

Jüngst als Lisettchen im Fenster saß,
Da kam Herr Filidor
Und küßte sie,
Umschlang ihr weiches, weißes Knie;
Und sagt ihr was ins Ohr,
Ich weiß nicht was.

Dann gingen beide fort, er und sie,
Und lagerten sich hier,
Im hohen Gras
Und triebens frei in Scherz und Spaß;
Er spielte viel mit ihr,
Ich weiß nicht wie.

Zum Spiele hatt er viel Genie,
Er triebs gar mancherlei,
Bald so, bald so,
Da wars das gute Mädel froh,
Doch seufzte sie dabei,
Ich weiß nicht wie?

Das Ding behagt dem Herren baß
Oft gings da capo an?
Doch hieß es drauf,
Nach manchem, manchem Mondenlauf,
Er hab ihr was getan;
Ich weiß nicht was.