Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

19 
 Juni 
 
2005


 

Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht
Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,
Das den großen Gedanken
Deiner Schöpfung noch einmal denkt.

Komm, und lehre mein Lied jugendlich heiter seyn,
Süße Freude, wie du! gleich dem beseelteren
Schnellen Jauchzen des Jünglings,
Sanft, der fühlenden Fanny gleich.

Jetz empfing uns die Au in die beschattenden
kühlen Arme des Walds, welcher die Insel krönt;
Da, da kamest du, Freude!
Volles Maßes auf uns herab!

Göttin Freude! du selbst! Dich, wir empfanden Dich!
Ja, du warest es selbst, Schwester der Menschlichkeit,
Deiner Unschuld Gespielin,
die sich über uns ganz ergoß.

Süß ist, fröhlicher Lenz, deiner Begeistrung Hauch,
Wenn die Flur dich gebiert, wenn sich dein Odem sanft
in der Jünglinge Herzen,
und die Herzen der Mädchen gießt.

Ach, du machst das Gefühl siegend, es steigt durch dich
jede blühende Brust schöner, und bebender,
lauter redet der Liebe
nun entzauberter Mund durch dich!

 
 
30 
 Juni 
 
1999

abgelegt in
Reimgedichte | Vertonungen

 

Die prangendsten Blumengärten
meiner Jugend bewanderte Fährten
nenn’ ich jene, die mir hochbetaget
im greisen Geiste duftend noch verharren.

Eingesackt in des Totenbettes bleichem Kissen,
im Schoße ruhend, die knöchernen Hände, tief eingerissen,
das faltendurchzogene Antlitz trübsalszernaget
und den laugen Blick unter arthrotischem Knarren
morscher Halswirbel gen Himmel aufrichtend,
der grünenden Jugend entlegener Küste sichtend,
seufzend auf ein Letztes ich gedenke:

Ihr ward
meiner Jugend Pfad
säumende Rosenbeete
Eure tröstende Freundschaftsrede
die munt’ren Quellen irdischer Wonnen…

…und krafterschlaffend mich dann senke
ins weiche Federfüllen, paradiesisch besonnen.

Denn ein Freund
schäumt
überfließend beherzte Worte,
Silbenwölkchen wie Gold-Stäubchen.

Säumt
und bäumt
auf kahler Festtagstorte
kräuselsprießend Sahnehäubchen.

Redeblüten
auf Briefpapier im Übermaße ausgestreut
mit zartem Wortschmelz rieselnd übertäut
erfrischen müden
Kämpfergeist mit Pollenduft der geistigen Heimatlüfte.

Erfasst
die krallend’ Hand
beim Sturze in des Schicksal’s Felsgeklüfte,
verblasst
mit tränenwallendem Augenrand,
wenn selbst das Herz im Trauerstrudel bangt,
zerreisst sogleich das ascherne Sorgengewand,
wenn grämender Mienenzug zu neuem Glanz erlangt.

Tadelung im Flüsterton
anstatt der Leute Megaphon,

Ruhebänkchen auf steilem Hang,
Laternenschein auf Heimatgang,

Zisterne für die salz’gen Augenbäche,
Seelentröster mit kühlendem Gefäche,
stillt so die beutelnden Beschwerden.

Die wahrheitsgeläuterten Gebärden
sind der reinen Seele Spiegelbild,
enthüllt
was aus des Herzen’s tiefstem Brunnen quillt.

In Kokusmilch tauchend gebadet
erstehet fächernd des Freundes’ Seele blühender Lotus,
daß selbst von kunstbemühter Venus
eine Schöngeburt aufs Holdeste begnadet
dem schönen Edelsinne weichen muß.

Denn des schönwüchsigen Menschen alternder Statur,
verwehet gleich des Schlitten’s eingegrabener Spur
im rauhen Schneesturm des wütenden Lebens,
doch des fühlenden Herzens tröstenden Strebens
darf seiner keimenden Aussaat sich erfreu’n
braucht nicht des Todes’ Schatten scheu’n.

Obgleich Fleisch vergeht
wie Gräserhalme abgemäht
des Freundes Geist beschwingt
und dringt
auf ewig
in des Himmels blauen Äther.