Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

17 
 Juli 
 
2012


 

DICHTUNG Ingeborg Bachmann
BEREITSTELLUNG Janina Goe


 

Wie Orpheus spiel ich
auf den Saiten des Lebens den Tod
und in die Schönheit der Erde
und deiner Augen, die den Himmel verwalten,
weiß ich nur Dunkles zu sagen.

Vergiß nicht, daß auch du, plötzlich,
an jenem Morgen, als dein Lager
noch naß war von Tau und die Nelke
an deinem Herzen schlief,
den dunklen Fluß sahst,
der an dir vorbeizog.

Die Saite des Schweigens
gespannt auf die Welle von Blut,
griff ich dein tönendes Herz.
Verwandelt ward deine Locke
ins Schattenhaar der Nacht,
der Finsternis schwarze Flocken
beschneiten dein Antlitz.

Und ich gehör dir nicht zu.
Beide klagen wir nun.

Aber wie Orpheus weiß ich
auf der Seite des Todes das Leben
und mir blaut
dein für immer geschlossenes Aug.

 
 
1 
 Juli 
 
2012


 

DICHTUNG Andreas Gryphius
LESUNG Ritter von Schönhering
BEREITSTELLUNG Ritter von Schönhering


 

Wo Lust ist / da ist Angst; wo Freud’ ist / da sind Klagen.
Wer schöne Rosen siht / siht Dornen nur dabey;
Kein Stand /kein Ort / kein Mensch ist seines Creutzes frey.
Wer lacht; fühlt wenn er lacht im Hertzen tausend Plagen.

Wer hoch in Ehren sitzt / muß hohe Sorgen tragen.
Wer ist / der Reichthumb acht’/ und loß von Kummer sey
Wo Armut ist; ist Noth. Wer kennt wie mancherley
Traur-würmer uns die Seel und matte Sinnen nagen?

Ich red’ es offenbahr / so lang als Titans Licht
Vom Himmel ab bestralt / mein bleiches Angesicht /
Ist mir noch nie ein Tag / der gantz ohn Angst / bescheret

O Welt du Thränen Thal! recht selig wird geschätzt;
Der eh er einen Fuß / hin auff die Erden setzt /
Bald aus der Mutter Schoß ins Himmels Lusthauß fähret.

 
 
9 
 April 
 
2012

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Schilf-Lieder 1. – 5.

1
Drüben geht die Sonnen scheiden,
Und der müde Tag entschlief.
Niederhangen hier die Weiden
In den Teich, so still, so tief.

Und ich muß mein Liebstes meiden:
Quill, o Träne, quill hervor!
Traurig säuseln hier die Weiden,
Und im Winde bebt das Rohr.

In mein stilles, tiefes Leiden
Strahlst du, Ferne! hell und mild,
Wie durch Binsen hier und Weiden
Strahlt des Abendsternes Bild.

2
Trübe wird’s, die Wolken jagen,
Und der Regen niederbricht,
Und die lauten Winde klagen:
„Teich, wo ist dein Sternenlicht?”

Suchen den erloschnen Schimmer
Tief im aufgewühlten See.
Deine Liebe lächelt nimmer
Nieder in mein tiefes Weh.

3
Auf geheimem Waldespfade
Schleich ich gern im Abendschein
An das öde Schilfgestade
Mädchen, und gedenke dein!

Wenn sich dann der Busch verdüstert,
Rauscht das Rohr geheimnisvoll,
Und es klaget, und es flüstert,
Daß ich weinen, weinen soll.

Und ich mein, ich höre wehen
Leise deiner Stimme Klang
Und im Weiher untergehen
Deinen lieblichen Gesang.

4
Sonnenuntergang;
Schwarze Wolken ziehn,
O wie schwül und bang
Alle Winde fliehn!

Durch den Himmel wild
Jagen Blitze, bleich;
Ihr vergänglich Bild
Wandelt durch den Teich.

Wie gewitterklar
Mein ich dich zu sehn,
Und dein langes Haar
Frei im Sturme wehn!

5
Auf dem Teich, dem regungslosen,
Weilt des Mondes holder Glanz,
Flechtend seine bleichen Rosen
In des Schilfes grünen Kranz.

Hirsche wandeln dort am Hügel,
Blicken in die Nacht empor;
Manchmal regt sich das Geflügel
Träumerisch im tiefen Rohr.

Weinend muß mein Blick sich senken;
Durch die tiefste Seele geht
Mir ein süßes Deingedenken,
Wie ein stilles Nachtgebet!

 

Dichtung Nikolaus Lenau
Lesung Arnold Frank
Bereitstellung wortlover