Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

15 
 April 
 
2012


 

aus: “Sebastian im Traum”

Wo im Schatten herbstlicher Ulmen der verfallene Pfad hinabsinkt,
Ferne den Hütten von Laub, schlafenden Hirten,
Immer folgt dem Wandrer die dunkle Gestalt der Kühle

Über knöchernen Steg, die hyazinthene Stimme des Knaben,
Leise sagend die vergessene Legende des Walds,
Sanfter ein Krankes nun die wilde Klage des Bruders.

Also rührt ein spärliches Grün das Knie des Fremdlings,
Das versteinerte Haupt;
Näher rauscht der blaue Quell die Klage der Frauen.

 

Dichtung Georg Trakl
Lesung Frederik Kranemann
Bereitstellung Der Critische Musicus

 
 
3 
 April 
 
2012


 
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
Eventuelle Kommentare zum Video-Clip bitte direkt auf YouTube!

 

 
Alter Samen artet leicht aus (0:10)
Gottfried August Bürger (1747 – 1794)

Das schwör ich dir, bei meinem hohen Namen,
Mein guter Klaus, ich bin aus altem Samen!
Das ist nicht gut, erwidert Klaus,
Oft artet alter Samen aus.

 

 
Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen (0:50)
Gottfried August Bürger (1747 – 1794)

Wer bist du, Fürst, dass ohne Scheu
Zerrollen mich dein Wagenrad,
Zertreten darf dein Ross?

Wer bist du, Fürst, dass in mein Fleisch
Dein Freund, der Jagdhund, ungestraft
Darf Klaun und Zähne haun?

Wer bist du, dass, durch Saat und Forst,
Das Waldhorn deiner Jagd mich treibt,
Entkräftet, wie das Wild? –

Die Saat, die deine Jagd zertritt,
Was Pferd und Hund und du verfrisst,
Das alles Fürst, ist mein.

Du hast ja nicht, mit Egg und Pflug,
Den Erntetag durchschwitzt.
Mein ist der Fleiß, das Brot! –

Was? Du wärst Obrigkeit von Gott?
Gott spendet Segen aus. Du raubst!
Du nicht von Gott, Tyrann!

 

 
An die Menschengesichter (5:31)
Gottfried August Bürger (1747 – 1794)

Ich habe was Liebes, das hab ich so lieb.
Was kann ich, was kann ich dafür?
Drum sind mir die Menschengesichter nicht hold.
Doch spinn ich ja leider nicht Seide, noch Gold,
Ich spinne nur Herzeleid mir.

Auch mich hat was Liebes im Herzen so lieb.
Was kann es, was kanns für sein Herz?
Auch ihm sind die Menschengesichter nicht hold.
Auch spinnt es wie ich weder Seide noch Gold,
Es spinnt sich nur Elend und Schmerz.

Wir seufzen und sehnen, wir schmachten uns an.
Wir sehnen und seufzen uns krank.
Die Menschengesichter verargen auch das.
Verleumden uns, reden, ich weiß nicht was,
Und schmieden uns Fessel und Zwang.

Wir quälen euch Menschengesichter doch nicht.
Wir quälen ja nur uns allein.
Drum, Menschengesichter, wir bitten euch sehr,
Ach, lasst uns gewähren, und quält uns nicht mehr,
O lasst uns allein für uns sein!

 

 
Naturrecht (5:19)
Gottfried August Bürger (1747 – 1794)

Von Blum und Frucht, die die Natur erschafft,
Darf ich zur Lust, wie zum Bedürfnis, pflücken.
Ich darf getrost nach allem Schönen blicken,
Und atmen darf ich jedes Würzkrauts Kraft.

Ich darf die Traube, darf der Biene Saft,
Des Schafes Milch in meine Schale drücken.
Mir dient der Stier. Mir leiht das Ross den Rücken.
Der Seidenwurm spinnt Atlas mir und Taft.

Es darf das Lied der holden Nachtigallen
Mich, hingestreckt auf flaumenweichem Moos,
Wohl in den Schlaf, wohl aus dem Schlafe hallen.

Warum wehrt Menschensatzung mir denn bloß,
Voll Liebe in Augustes Wonneschoß,
Von Lust bezwungen, hinzufallen.

 
 
2 
 April 
 
2012


 

DICHTUNG Matthias Claudius
LESUNG Katharina Thalbach
BEREITSTELLUNG LYRIK & MUSIK


 

Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar;
der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.

Sehr ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel;
wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns Dein Heil schauen,
auf nichts Vergänglichs trauen,
nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
und vor Dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein!

Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod,
und wenn Du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
Du, unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder!
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen;
und laß uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbar auch!