Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

16 
 Oktober 
 
2017


 

Der pythische Sieger [1]Erklärung zum ‘Pythischen Sieger’

 
Musik
Ludwig van Beethoven [2]Mondscheinsonate
Sphärengesang

Apoll,
dem nie die blanke Waffe ward gewogen,
seit jeher schon mit leichtem Saitenspiel
der Herzen Gram bezwungen:

„Wirf’ die Leier hinweg
und greife zum nächtlichen Raum
kühler Schöne!“

Spanne mit seidenem Band
Selenes halbmonden Bogen
silbernen Klangs!

Sternengleis pfeilt der harmonische Ton,
der zielgewiss niederstreckt
der Allgegenwart dumpfer Gesinnung!
→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede
 
 
8 
 August 
 
2017

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Zum Felsen erstarrte Echo


Musik
Georg Friedrich Händel [1]Sarabande – Quelle: www.mp3pn.biz
[ Bemerkung zum Text ] [2] Ich distanziere mich explit zu Bezügen aus meinem privaten Umfeld, die rein zufällig wären und der Text darüberhinaus dem Jahre 2001(?) entstammt. Lediglich die Verortung im Gedichtezyklus “Mnemosynes Geleit” war angedacht.

Des Worts dumpfer Widerhall
Geistiger Zufluchtsort
 
Ist’s nicht der Geist,
der beseelt,
der gedruckte Buchstabe aber,
der in erstarrten Konturen
leblos dem Auge sich stellet?

Findet Empfindung
im glüh’nden Geist des Phantasten
nicht mehr Beheimatung
als in der kühleren Felsengruft
nüchtern bedruckter Seiten?

* * *

Ist nicht der menschliche Geist in freieren Sphären,
der von irdischen Banden erlöste Gedanke,
von höher’m Gut,
indessen die Niederschrift
jenes musengewirkten Gotthauchs
zu niederem Adel entwürdigt,
in Lettern gepresst,
ins enge Korsett der Sprachgewalt?

Oh leid’ges Tintengekleckse,
das des entfesselten Geistes Allmacht
die Schwingen gestutzt hat!

Selbst pathetisches Dichtungswerk
gleicht kristall’ner Karaffe [3]Ausdruck aus: “Cyrano de Bergerac”,
die den süßen Gehalt
des heiligen Himmelsgefäßes
nicht zu fassen vermag.

Wie der Gießbach mit brausender Urkraft
sich vom Gebirgsfelsen stürzt,
dann springend ins Tale sich dränget,
um gemächlich
ebenen Stroms das Gefild zu durchwandern,

so ähnlich büßet
der einst dem Geistquell entbrauste Gedanke
nun an himmlischer Macht und Kraftes Fülle doch ein,
wenn ihn des Geistes Refugium
durch die ehernen Pforten wallend entlässt,
hinabströmet ins geschriebene Wort
und tälerne [4]irdische, zahmere Läufe erduldet [5]erleidet
in der Ordnung Begrenzung.

Da sich der mildherbe Wildwuchs
des Geistes Geblüm aber nimmer
vollsten Düfteumfangs in dem Wort offenbart,
so erzeigt er
sich auf des Geistes Fluren ungepflücket
doch weitaus edler, prächtiger,
als im gebundenen Wortstrauß
noch kostbarster Vase.
→ zu Mnemosynes Geleit
Die Elemente

Fußnoten[+]

 
 
2 
 Juli 
 
2017

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DICHTUNG Friedrich Hölderlin
LESUNG Roger Willemsen
BEREITSTELLUNG always poet


 

Der Jüngling an die klugen Ratgeber

Ich sollte ruhn? Ich soll die Liebe zwingen,
Die feurigfroh nach hoher Schöne strebt?
Ich soll mein Schwanenlied am Grabe singen,
Wo ihr so gern lebendig uns begräbt?
O schonet mein! Allmächtig fortgezogen,
Muß immerhin des Lebens frische Flut
Mit Ungeduld im engen Bette wogen,
Bis sie im heimatlichen Meere ruht.

Des Weins Gewächs verschmäht die kühlen Tale,
Hesperiens beglückter Garten bringt
Die goldnen Früchte nur im heißen Strahle,
Der, wie ein Pfeil, ins Herz der Erde dringt.
Was sänftiget ihr dann, wenn in den Ketten
Der ehrnen Zeit die Seele mir entbrennt,
Was nimmt ihr mir, den nur die Kämpfe retten,
Ihr Weichlinge! mein glühend Element?

Das Leben ist zum Tode nicht erkoren,
Zum Schlafe nicht der Gott, der uns entflammt,
Zum Joch ist nicht der Herrliche geboren,
Der Genius, der aus dem Aether stammt;
Er kommt herab; er taucht sich, wie zum Bade,
In des Jahrhunderts Strom und glücklich raubt
Auf eine Zeit den Schwimmer die Najade,
Doch hebt er heitrer bald sein leuchtend Haupt.

Drum laßt die Lust, das Große zu verderben,
Und geht und sprecht von eurem Glücke nicht!
Pflanzt keinen Zedernbaum in eure Scherben!
Nimmt keinen Geist in eure Söldnerspflicht!
Versucht es nicht, das Sonnenroß zu lähmen!
Laßt immerhin den Sternen ihre Bahn!
Und mir, mir ratet nicht, mich zu bequemen,
Und macht mich nicht den Knechten untertan.

Und könnt ihr ja das Schöne nicht ertragen,
So führt den Krieg mit offner Kraft und Tat!
Sonst ward der Schwärmer doch ans Kreuz geschlagen,
Jetzt mordet ihn der sanfte kluge Rat;
Wie manchen habt ihr herrlich zubereitet
Fürs Reich der Not! wie oft auf euern Sand
Den hoffnungsfrohen Steuermann verleitet
Auf kühner Fahrt ins warme Morgenland!

Umsonst! mich hält die dürre Zeit vergebens,
Und mein Jahrhundert ist mir Züchtigung;
Ich sehne mich ins grüne Feld des Lebens
Und in den Himmel der Begeisterung;
Begrabt sie nur, ihr Toten, eure Toten,
Und preist das Menschenwerk und scheltet nur!
Doch reift in mir, so wie mein Herz geboten,
Die schöne, die lebendige Natur.