Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

26 
 Mai 
 
2018


 


Säule 11

Des Herzens Feuerschale
Der Weise verliert nichts


Aus den Briefen Epiktets [1]fiktiv
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
Alles ist Leihgabe, himmlisches Pfand der gnädigen Götter,
welches beschieden dir ist, dir zur beschiedenen Zeit.
Klage drum nicht, du seist einer Sache verlustig geworden,
nahm dir der Geber doch nur, was er dir einst treu entlieh!

Sprich deshalb nicht, du hättest dein Weib, dein Kind gar verloren,
die auf irdischem Pfad liebend zur Hand dir gesellt.
Trauersang ehrt den Verlust, doch versagt er die Wiederkehr Liebster…
Sprich: “Was gegeben mir ward, geb’ ich nunmehr zurück!” [3]Der HERR hat’s gegeben,
der HERR hat’s genommen,
der Name des HERRN sei gelobt!


Oder dein Weinberg sei gestohlen, entwendet dir worden,
der an rühmlichem Hang heiter dir wog deinen Sinn.
“Aber es war doch ein nichtswürd’ger Schuft, der mit dreistem Verlangen
mir jenes Grundstück entriss!” [Dies auch gabst du nur zurück]

Doch was kümmert’es dich,
durch wen der Geber gedachte, sein Eigen zurück nun zu fordern?
Rechtest du mit dem Olymp um die [bisher] erwiesene Gunst?

Alles erachte [4]betrachte / behandle als fremdes Gut, zeitweilig dir zur Verfügung ge-
stellt [5]gereicht, zum zeitweiligen Besitz wie der Herberge Obdach dem Wanderer auch [6]der Leib als Herberge der Seele.
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Zenons Wandelhalle
Die stoischen Siegessäulen

Fußnoten[+]

 
 
26 
 Januar 
 
2016

Schlagwörter

1

 

 
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein
 

Die rheinischen Weinbauern (2:08)
Georg Weerth (1822 – 1856)
An Ahr und Mosel glänzten
Die Trauben gelb und rot.
Die fleißgen Bauern meinten,
Nun wär vorbei die Not.
Da kamen die Herren der Banken
Herbei aus aller Welt:
»Wir nehmen ein Drittel der Ernte
Für unser geliehenes Geld!«
Da kamen die Herren Beamten
Aus Koblenz und aus Köln:
»Das zweite Drittel gehöret
Dem Staate an Steuern und Zölln!«
Und als die Bauern flehten
Zu Gott in höchster Pein,
Da schickt er ein Hageln und Wettern
Und brüllt: »Der Rest ist mein!«
Viel Leid geschieht jetzunder,
Viel Leid und Hohn und Spott,
Und wen der Teufel nicht peinigt,
Den peinigt der liebe Gott!
Das Hungerlied (3:50)
Georg Weerth (1822 – 1856)
Verehrter Herr und König,
Weißt du die schlimme Geschicht?
Am Montag aßen wir wenig,
Und am Dienstag aßen wir nicht.

Und am Mittwoch mussten wir darben,
Und am Donnerstag litten wir Not.
Und ach, am Freitag starben
Wir fast den Hungertod!

Drum lass am Samstag backen
Das Brot, fein säuberlich.
Sonst werden wir sonntags packen
Und fressen, o König, dich!

Pfingstlied (6:00)
Georg Weerth (1822 – 1856)
Sie herzten und sie küssten sich
Mit liebevoller Gebärde.
Der junge Herr Frühling wonniglich,
Der besuchte die schöne Frau Erde.

Er ist der guten, ehrlichen Frau
Mit eins an den Hals gesprungen,
Dass bis hinauf in den Himmel blau
Nur Lust und Jubel erklungen.

»Es freut mich, Geliebter, dass du hier!
Lang währte des Winters Tosen.
Meine Felder brauchen die goldne Zier,
Meine Gärten Lilien und Rosen.

Verstummt sind all meine Nachtigalln,
Seit ich dich verloren hatte.
Drum schmücke den Vögeln die grünen Halln
Und den Hirschen die blumige Matte.

Ich habe so oft an dich gedacht,
Wenn der Schnee fiel im nassgrauen Winter.
Doch sprich, was hast du mir mitgebracht
Für die lieblichen Menschenkinder?«

»Für die Menschenkinder?« versetzte da
Der junge Herr Frühling stutzend –
In die Tasche griff er behend: »Voilá!
Revolutionen ein Dutzend.«

 
 
10 
 Juli 
 
2011


 

Übersetzt von Johann Gottlob Regis

I.
Vom schönsten Wesen wünschen wir Vermehrung,
Damit der Schönheit Ros’ unsterblich sei,
Und, wenn das Reife stirbt durch Zeitverheerung,
Sein Bild in zarten Erben sich erneu’,

Doch du, in eigner Augen Schein begnügt,
Nährst mit selbstwesentlichem Stoff dein Feuer,
Machst Hungersnot wo Überfülle liegt,
Dir selber Feind, des holden Ichs Bedräuer!

Der jungen Tage frische Zierde du
Und einz’ger Herold bunter Frühlingszeit,
Begräbst in eigner Knospe deine Ruh,
Vergeudest kargend, zarte Selbstigkeit!

Hab Mitleid mit der Welt! Verschling’ aus Gier
Ihr Pflichtteil nicht in deinem Grab und dir.

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