Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

13 
 August 
 
2011


 

Eurydike, anmutige Baumnymphe und Zartspross edlern Triebs, entfloh des Aristaios’ jäh entflammter Begierde und ward in aufgebrachter Unacht von nied’rer Schlangenbrut gebissen. Eurydike erlag dem gieren Raffzahn und fuhr hinab ins Totenreich.

Orpheus, Sohn der Muse Kalliope und wehklagender Gatte Eurydikes, folgte der Spur der Entschwund’nen zum Ort des ewigen Dunkels, ersonn mit Saitenspiel und Beigesang die Gunst des Schattenfürsten zu erringen und erhob die Klage, mit der Seele mattem Flügelschlage.

Jener ward betört von Orpheus erhabener Kunst und gewährte den Liebenden freies Geleit.

Orpheus voran, Eurydike im treuen Gefolge, gelobte der Sänger dem Hades nicht der Liebsten Antlitz zu schau’n auf dem Rückweg aus dem Reiche der Schatten.

Die Teure indes gewahrte den geifernden Kerberos, hündischer Hüter der Schwelle zum Orkus. Es bangte ihr Busen und fasste des Liebenden Hand. Schauernd wandte sich Orpheus zum zitternden Weibe … und brach sein Versprechen.

Somit wurde Eurydike Orpheus, dem Untröstlichen, gänzlich entrissen, des Orkus’ Pforten auf ewig verschlossen.

Des Todes Schatten bleierne Kuss lag schmachtend auf zarter Seele welkem Geblüte und schlug den Musensohn in Banden.

 
 
27 
 April 
 
2008


 

An Diotima
 
Götter wandelten einst bei Menschen, die herrlichen Musen
und der Jüngling, Apoll, heilend, begeisternd wie du.

Und du bist mir, wie sie, als hätte der Seligen Einer
mich ins Leben gesandt, geh ich, es wandelt das Bild
meiner Heldin mit mir, wo ich duld und bilde, mit Liebe
bis in den Tod, denn dies lernt ich und hab ich von ihr.

Laß uns leben, o du, mit der ich leide, mit der ich
innig und gläubig und treu ringe nach schönerer Zeit.

Sind doch wirs! Und wüßten sie noch in kommenden Jahren
von uns beiden, wenn einst wieder der Genius gilt,
sprächen sie: es schufen sich einst die Einsamen liebend
nur von Göttern gekannt ihre geheimere Welt.

Denn die Sterbliches nur besorgt, es empfangt sie die Erde,
aber näher zum Licht wandern, zum Aether hinauf
sie, die inniger Liebe treu, und göttlichem Geiste
hoffend und duldend und still über das Schicksal gesiegt.

Persönlicher Nachtrag
Moralische Konflikte stellen sich bei mir in diesem Gedicht trotzdem ein, zumal Hölderlin dieses Gedicht Susette Gontard, einer verheiratete Frau und seiner Geliebte zugleich, widmete.

 
 
28 
 August 
 
1998

abgelegt in
Reimgedichte

 

Gold’nes Abendlicht tänzelt durch der Bäume
wankendes Blätterheer
küsst frohgemut des Wiesenteppichs wogendes Gräsermeer
und möchte uns’ren rauschergriffenen Seelen
streifend in den lichtgetränkten Feldern
schweifend zu den ferngerückten Wäldern
dem ewigen Frieden anbefehlen.

Hier am Quell der Nymphen und Elfen,
der Waldfeen und Musen,
darf man an Floras zartem Busen,
necktarträufelnder Blumenkelchen
den Durst nach wahrem Leben stillen,
berauschet von den Frühlingsklängen,
die schwirrend in den Lüften hängen,
das Herz mit ihrem Wiesenzauber füllen,
in dessen Purpurmantel sich bergend hüllen.

Düst’re Gedanken werden licht,
kleiden sich in bunte Schillerfarben,
Blütenträume müssen nimmer darben,
denn Wonnefluss gebietet hier die heilige Pflicht.

Ein Sonnenstrahl, aufs ascherne Haupt gesät,
krönt uns mit Lichterkranz zur Majestät,
und der purpurne Königsteppich, rosenbestreut,
ist uns der duft’ge Wiesenteppich, perlenbetäut.

Mein Schmetterling,
oh, Du Inbegriff der weiblichen Zierde,
du gleisend Licht in kühler Herzensgruft
beglückest mich mit nie ersonn’ner Adelswürde
umströmst mich lind mit deinem Fliederduft.

Händchenhaltend
zieht es uns auf ungewisse Pfade,
freudewaltend
tauch’ ich mich ins Rosenbade
deines Geistes ed’ler Wörterflut
deines Herzens reinster Liebesglut,
meines schwankenden Ichs eiserne Stütze.

Heldenhaft erklommen wir des Jäger’s Sitze,
um dort, von Zweigen umgarnt in höchsten Tannenkronen,
als Herrscherpaar regierend zu thronen,
der ganze Erdenrund uns zu Füßen liege.

Dein müdes Haupt senkt sich in meines Schoßes Wiege
schenkt ihm gebürt’ges Ruhekissen,
mein Fingerspiel streicht sanft der Wangen geschmeid’ge Züge
und zuweilen neigt mein Lippenrand sich zum Küssen.