Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

16 
 Dezember 
 
2018


 

DICHTUNG Erich Kästner
LESUNG Heinz Rühmann
BEREITSTELLUNG wortlover


 

Der Schnee hängt wie kandiertes Obst im Wald.
Es war ganz gut, daß ich gleich gestern fuhr.
Den Bäumen sind vielleicht die Füße kalt …
Doch was weiß unsereins von der Natur.

Der Schnee, das könnte klarer Zucker sein.
Als Kind hat man oft ähnliches geglaubt.
Wieso fällt mir das heute wieder ein,
und weshalb überhaupt?

Vorher sind Wolken da. Und nachher schneit’s.
Wie aber kommt der Schnee da erst hinauf?
Die Welt ist, wie gesagt, von großem Reiz.
Man paßt nur gar nicht auf.

Die kleinen Flocken tanzen ein Ballett,
und viele große Berge sehen zu.
Das schneit und schneit! Die Erde liegt zu Bett.
Und kaltes Wasser hab ich auch im Schuh.

Wenn man so ganz allein im Walde steht,
begreift man nur sehr schwer,
wozu man in Büros und Kinos geht.
Und plötzlich will man alles das nicht mehr!

Ich las, es soll die ganze Woche schnein.
Für einen Menschen, der auf sich was hält,
ist es nicht leicht, im Schnee allein zu sein.
Da wackelt, eh er’s denkt, die ganze Welt.

Na ja. Schon gut. Dort fließt ja auch ein Bach
und tut, als gab es weiter nichts als ihn.
Es ist so furchtbar still. Mir fehlt der Krach.
Die ersten Nächte lieg ich sicher wach
und möchte nach Berlin.”

 
 
20 
 August 
 
2018


 

DICHTUNG Rainer Maria Rilke
LESUNG Oskar Werner
BEREITSTELLUNG LYRIK & MUSIK



Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.
Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
Und machst du nachts deine Stube licht,
um Menschen zu schauen ins Angesicht,
so musst du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
das von ihren Gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende Welt
durcheinandergehäuft.
Auf ihren Stirnen hat gelber Schein
alle Gedanken verdrängt,
in ihren Blicken flackert der Wein,
an ihren Händen hängt
die schwere Gebärde, mit der sie sich
bei ihren Gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: Ich und Ich
und meinen: Irgendwen.

 
 
15 
 August 
 
2018


 


Römisches Haus [1]Von © R.Möhler – Originally posted to Panoramio as Römisches Haus im Park an der Ilm, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5250575

Die ihr Felsen und Baeume bewohnet o heilsame Nymphen
Gebet ieglichem gern was er im stillen begehrt.
Schaffet dem Traurigen Muth dem Zweifelhaften Belehrung
Und dem Liebenden goennt daß ihm begegne sein Glyk
Denn euch gaben die Goetter was sie den Menschen versagten
Jedem der euch vertraut hylfreich und troestlich zu seyn

Inschrifttafel beim Aufgang zum »Römischen Haus«

Fußnoten[+]