Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

25 
 August 
 
2016

abgelegt in
Gedankenschau

 

Rilke wäre nicht Rilke, wenn man ihn nicht wie ein Kuchenrezept lesen könnte, indem Zucker ein Äquivalent für etwas Süßes und Eigelb Garant für einen appetitlichen Farbton ist.
Ich distanziere mich in diesem Zusammenhang von jedweder Diskrimnierung kuchenbackener Hausfrauen, zumal ich selbst keinen Kuchen backen kann bzw. das Endprodukt auf dem Prüfstand allgemeiner Verköstigung qualitativ noch weite Obergrenzen zuließe.

Rilkes Werk ist für mich hinsichtlich einer lebenspraktischen Sinnentnahme und Handlungsanweisung oft schwierig zu deuten und fürwahr: bei einer Deutung bleibt es meist.

Zur Königsdisziplin zählen hierbei sicherlich die Duineser Elegien, die mit ihrem Komplexitätsanspruch (Mehrschichtigkeit) einer polyphonen Bachfuge gleichen, auf der dunklen Klaviatur subtiler Bedeutungsebenen spielend: “Fremdes” ist oft “Vertrautes”, emotionale Zustände verdichten sich außerpersonell in der unbelebten Natur, Wirkungsprinzipien werden durch Analogien zum Ausdruck gebracht.

Wohl dem, der zur richtigen Lesart die Rilkebrille zur Hand hat!

Der Symbolismus möchte weder die gesellschaftliche Wirklichkeit, wie z. B. der Realismus, noch persönliche Empfindungen oder subjektive Reaktionen auf äußere Ereignisse, wie Romantik und Impressionismus, darstellen.
Er schafft eine ästhetische oder mystische Kunstwelt, die für ihn ebenso der „Realität“ entspricht; die symbolistische Dichtung bildet im gleichen Maße ab, wie sie bildet.

Quelle: Wikipedia

 
 
10 
 November 
 
2011

abgelegt in
Gedankenschau

 

Ich folge lieber meinem arhythmischen Herzensschlag als des rasenden Zeitgeistes Puls.

 
 
1 
 Oktober 
 
1995


 

Oktober 1995

I. Handlung
Ein moderner Schlagzeuger nimmt seine erste Unterrichtsstunde bei einem alten Klaviermeister. Bei dieser Zusammenkunft prallen natürlich zwei Welten aufeinander.

II. Schauspieler

Schüler Einkleidung
   T-Shirt
   Sonnenbrille
   Kurze Flatterhose, z.B. Bermuda
   Schuhwerk ( hochgeschnürt ), z.B. Wanderschuhe
Haare eingegeelt und grüngefärbt
 
Klaviermeister Einkleidung
   Altmodische, enganliegende Kleidung
Klavier bzw. Synthesizer
Notenständer
Notenbuch ( mit inliegender Sprechrolle )
 

 
Der Schüler, schon auf seinen Platz auf der Bühne eingenommen, trommelt lautstark auf seinem Schlagzeug, durch dessen Lärm sogleich der Lehrer ins Geschehen stürzt.

Klaviermeister
So, so, ein Jugendsproß, der dem Zeitgeist frönt,
dem Muse und Taktgefühl gänzlich entwöhnt,
betäubet mir mein Zartgehör, bedrängt
die laue Magengrube und verrengt
mit Trommelwirbel und Paukenlärm
das sich verkrampfende Gedärm …

Lehrer legt seine Handfläche mit einem sichtlichen Ausdruck der Übelkeit auf die Bauchgegend

Schüler
Dies Stöckeschlagen ist der Puls der Zeit,
der rasend schlägt und hämmernd Euch befreit,
vom Packeis treibender Traditionen …

Klaviermeister
leicht in Rage
… und dafür pfleg’ ich keine Ambitionen !!!

– Pause – danach ernüchternd

Nehmt Euch doch selbst in Augenschein:
Die Haarestracht verkrustet zu Zementgestein
und grüngefärbt, ist sie gar schimmlich ???
Der schnöde Kleidertand,
dies kostümierte Flattergewand,
erscheint vom Preis mir unerschwinglich,
daß selbst der Schneider teuren Stoff einsparte,
sodaß im Arm- und Beinbereich,
bloßgelegt das nackte Fleisch,
sowohl das zärtlich glatte als auch das kräuselnde behaarte !

zeigt auf Arm und Beingegend

Welch Nutzen zollen diese dunklen Augengläser ???

auf die Sonnenbrille deutend

Seid ihr am grauen Star erkrankt ?
Plagt Euch ein körperlich’ Gebrechen,
denn weil der schwankend Gang sonst wankt,
der keineswegs vom Standvermögen ist beseelt
schnürt ihr das Schuhwerk, wie Efeupflanzen hochgerankt,
das Eure schlaffen Sehnenbänder stählt.

orthopäd. Schuhe ?

Ein Ausbunt modischer Vernarrtheit,
ein Schmückstück jeglichen Maskenballs
gibt Zeugnis herrschenden Wertezerfalls,
des unheilbaren Wahnsinns wohl geweiht !!!

Schüler
Es gibt viele Formen des menschlichen Wahnsinns,
und ich bin nur eine davon !!!

Klaviermeister nimmt am Klavier Platz und besänftigt sich

Klaviermeister
Der Worte sind genug geflossen,
so laßt uns unbefangen, unverdrossen,
zu tätigem Werke nunmehr schreiten,
Euren ungebändigten Geiste striegeln,
den wildentflammten zum Gleichmaß zügeln,
sogleich zu luft’gen Höhen gleiten,
wo güld’ne Klänge uns entgegensonnen,
himmlische Harfenspiele uns bewonnen,
und mit seliger Lauterkeit betört
des Herzens Einheit wiederkehrt,
die Ihr mit lautem Getöse entzweie schluget !!!

Ihr, Banausen-Hirn, schleicht Euch unbefuget
ins musikalische Konstrukto,
obwohl der Schaffensgeist entfloh.

Ihr schlürft aus seichten, stinkenden Tümpeln,
muß eines Besseren Euch belehr’n,
den geistigen Unrat zu entrümpeln,
das Herzensstübchen auszukehren.

Senkt seinen Blick

Lauscht meinem zarten Fingerspielen
und laßt den überhitzen Geist Euch kühlen
der sonst in blinder Raserei verglüht,
denn nur wer ohne Unterlaß bemüht,
des dumpfen Hammerschlags schmetternder Stöckchen,
bleibeschwert,
verkehrt
in einen Schwebeflug eiskristall’ner Flöckchen
vermag durch bedächtiges Trommelstreicheln,
dem lauschend Publikum zu schmeicheln.

Ihr schürt verwegen
des Herzens Ofen voller Überschwang,
daß jede süße Speise überkocht,

Klaviermeister fängt an zu spielen

Klaviermeister
Verspürt hingegen
der Seele leichten Wellengang,
der flehend an die Herzenspforte pocht,

Wie bunte, aufgestiegene Herbstwinddrachen
bricht helles, unbeschwertes Kinderlachen,
sich unaufhaltsam Bahn,
erkaltete Herzen sonnen sich warm,
es schmilzet jeglicher Herzensgram,
und alles Geschöpf verfällt dem süßen Wahn.

Schüler mißachtet die belehrenden Worte und trommelt nach eigenem Gutdünken wild darauf los …

Klaviermeister
Gemach, gemach,
als ob ein Bienenschwarm
Euch stach,
erlieget ihr der wilden Tobsucht,
mit voller, ungedämpfter Wucht,
dem Instrumente Klänge zu entlocken,
und anstatt in Augenleuchten zu frohlocken,
muß mir der rauhe Atem stocken.

Laßt doch Eurer Stöcke Donnerbeben,
voller Anmut niederschweben.

Schüler
[…]

 

 
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Musikliebhaber