Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

19 
 August 
 
2012


 

DICHTUNG Erich Kästner
LESUNG Erich Kästner
BEREITSTELLUNG LYRIK & MUSIK


 

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.

 
 
11 
 Februar 
 
2008

abgelegt in
Gedankenschau

 

Vom Ammenmärchen der menschlichen Monogamie

Vorab möchte ich mich von einer sexistisch anmutenden Sachdarstellung lossprechen und eine neutrale Position in dem schon seit Urzeiten wütenden Geschlechterkampf beziehen.

Gleichfalls möchte ich mich hinsichtlich der Erschaffung der Welt weder auf die Seite der bibelkonformen Kreationisten (“Gott erschuf Himmel und Erde”) noch auf jene der Evolutionsverfechter (“Urknall-Theorie”) schlagen, sondern eine Mittelstellung einnehmen: Die Erde sowie alle Lebens- und Erscheinungsformen in ihr sind Zufallsprodukte, allerdings durch eine verborgene, kreative Macht gewirkt (Schiller: […] und huldiget der furchtbar’n Macht, die richtend im Verborgnen wacht, die unerforschlich, unergründet des Schicksals dunklen Knäuel flicht […]).

Das ist allerdings – wie der Rest des Beitrags – nur eine Gedankenspielerei ohne wissenschaftlichen Fundus.

Gott stellt für mich ein Sammelbegriff aller Naturgesetze dar, abstrakt gesehen ein strukturschaffender Algorithmus, personalisiert betrachtet ein experimentierfreudiger Wissenschaftler, der in einer eigens angelegten Biosphäre (uns allen als Heimatplaneten „Erde“ bekannt) vor rund 4,6 Mrd. Jahren die wohl größte Versuchsreihe überhaupt startete.

“Zufälle” (innerhalb der Evolution) sind in diesem Kontext sehr wohl Würfelspiel im Weltengemenge.

Allerdings setzt(e) Gott oft gezielt “gezinkte Würfel” ein, um ein bestimmtes Ergebnis (z.B. bauliche Prinzipien, markante menschliche Erfindungen) zu erzwingen und zu beschleunigen.

Wichtig in seiner Versuchsreihe war ihm jeher eine Variationsbreite oder -biologisch ausgedrückt- ein Genpool, um durch größtmögliche Vielfalt das Potential möglicher Spezien voll auszuschöpfen.

Wie die breite Basis einer Pyraminde sich begünstigend auf die Stabilität und Höhe auswirkt, so garantiert ein großer Genpool durch Variabilität ein Höchstmaß an Anpassungsvermögen und damit Fortbestand einer Spezies in der Erdgeschichte.

Stagnation (Erstarrtheit) einer Art bedeutet für sie nicht nur Stillstand, sondern sie wird mittels natürlicher Selektion vom Platz des Weltgeschehens verwiesen.

Vielfalt ermöglicht Veränderung und ohne Veränderung gibt es kein Leben.

Daher scheint sich das Konzept der Polygamie (Rückgriff auf mehrere Sexualpartner, auf mehrere Genpoole) bewährt zu haben.

Während Primaten (Herrentiere) wie z.B. Schimpansen polygam leben, finden sich bei den Gibbons monogame Lebensweisen.
Gerne wäre ich ein Gibbon, Angehöriger einer Spezies mit festen Bezugspunkten, lebenslänglicher Verlässlichkeit und Urvertrauen.

Bin ich allerdings nicht.
Ich gehöre -will man dem Biologiebuch Glauben schenken- zu den Wirbeltieren, dort wiederum zu den Säugern aus der Ordnung der Primaten.

Primaten? Ja, aber die Primaten, die hatten wir doch schon?

Richtig!
Bei den Primaten wird “gewürfelt” und zwar richtig, meist ohne gezinkte Würfel.

Dadurch erhofft sich sowohl Männchen als auch Weibchen durch wechselnde Sexualpartner einen günstigen Wurf zu erzielen (etymologische Zusammenhänge zwischen “Wurf” und “Geburt” drängen sich mir auf!).

Wer will auch schon sein Leben lang mit EINEM Partner zusammenleben, ständig mit ihm einen Dreier- oder Viererpasch würfeln, wenn er mit einem anderen auch eine “Große Straße” erwürfeln kann?
Monogamisten mögen jetzt Sturm laufen, aber so lautet nun mal das Regelwerk, das genetisch in uns verankert ist.

Wem’s wiederstrebt, braucht sich ja nicht an den großen Spieltisch zu setzen.
So wie ich.

Ich bin nämlich streng monogam mit Hang zur geistigen Verklärung erotischer Liebe und spiele lieber mit Mozart, Schiller und Hesse auf dem Parterre Karten.
Und wir haben schon seit Jahren, auch ohne großen Spieleinsatz, einen Heidenspaß.