Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

18 
 Mai 
 
2022

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Mythologie
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Aurora und Nyx

Ein sonnenreicher Tag verglüht
im samt‘nen Kuss der senken Abendröte,
die sich mildflammend nun sacht schmiegt
an trauter Hügel Frohgefild!

Doch nun brichst Du, o Nyx,
mit heerer Macht
der langen Schatten ein
und stumpfst mit kühlem Blick
den letzten prunken Sonnenpfeil!

O schone sein,
du Königin der Nacht,
denn ferner sind
des Tages lichte Stunden nun!

So sende du, Aurora,
des hoffnungsfrohen Tages Morgenglut
und spanne ätherflamm
den zugewies’nen Sternenpfad
dem Himmelsbruder Dein!

Das Sternentor,
es stehet nunmehr offen!

Durch hochgewölbtes, goldbespanntes
‘Morgentor zum Schönen’
beginnt der Sonnengott
im rossbespannten Himmelswagen
nun seine Sphärenreise.

Die Eisenräder speien Funken
und wirbelt Ätherstaub
aus Sternenhäuptern.

Und mählich weichen die Schatten
dem tagenden Licht!

 
 
13 
 August 
 
2011


 

Was soll der Götter laun’sches Narrenspiel,
das unentwegt mit heißem Lustgefühl
begehrt, dem siechend’ Erdensohn zu drängen?

Kühlt sich des Zeuses Brust, die ruhmerglühte,
mit Tränenflut menschlicher Trauergesängen?

Füllst Du, Poseidon, denn die Weltenmeere trübsals-
erpicht mit Menschenzähr’ um Menschenzähre?

Raubst Helios Du das Lächeln Deiner Siegesstrahlen
von dem erlosch’nen Augenlicht gefall’ner Helden
in rauer Heeresschlacht, um fremdbeprunkt zu prahlen?

Trittst, Chloris Du, hinzu, um reinlich nun der Rosen
Gewand im Pril verfloss’nem Streiterblut zu tränken?

Oh, soll doch an des Aulis’ Strande Abendhimmel
sich Helios Götteraug’ ins schwarze Weltmeer senken
und Nyx mit finst’rem Blick allmählich nachten!

Des Leidgeplagten tränbegoss’nes Trachten
ängstigt nicht der eise Würgegriff,
nahen Todes glatter Lanzenstich
lüstern in die matte Brust gerammt,
ja, löscht nichts, was eh’ schon ward verflammt.

Wähne dich glücklich, oh eitles Herrschergeschlecht, denn erhaben
thronest du! Siegesgewiß waltet dein Zepter der Macht,
teilst mit der Themis entheiligtem Schwert der Gemeinen
Länderbesitz und beglückst Fürstenverwalter damit.
Zwingst des Menschen geschändetes Haupt unters Joch des verhängten
Frones und nährest dich wohl von der Gepeinigten Müh’.

Harre drum, Musensohn, fröhlich der kommenden Tage. In Bälde
endigt der Willkür Regent, sprengt deiner Ketten Gewalt.
Denn deiner Freiheit ermatteter Flügel, er schlägt kühn zu seiner
Zeit und trägt dich getrost hoch zu der Träume Palast.