Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

27 
 November 
 
2015

abgelegt in
09 → Romantik | Novalis

 

DICHTUNG Novalis
LESUNG Christian Brückner
BEREITSTELLUNG LYRIK & MUSIK


 

Verschwunden waren die Götter.
Einsam und leblos
Stand die Natur
Entseelt von der strengen Zahl
Und der eisernen Kette
Gesetze wurden.
Und in Begriffe
Wie in Staub und Lüfte
Zerfiel die unermeßliche Blüthe
Des tausendfachen Lebens.
Entflohn war
Der allmächtige Glauben
Und die allverwandelnde
Allverschwisternde
Himmelsgenossinn
Die Fantasie.
Unfreundlich blies
Ein kalter Nordwind
Über die erstarrte Flur
Und die Wunderheymath
Verflog in den Aether
Und des Himmels
Unendliche Fernen
Füllten mit leuchtenden Welten sich.
Ins tiefere Heiligthum
In des Gemüths höhern Raum
Zog die Seele der Welt
Mit ihren Mächten
Zu walten dort
Bis zum Anbruch
Des neuen Tags,
Der höhern Weltherrlichkeit.
Nicht mehr war das Licht
Der Götter Aufenthalt
Und himmlisches Zeichen —
Den Schleyer der Nacht
Warfen Sie über sich
Die Nacht ward
Der Offenbarungen
Fruchtbarer Schoos.

 
 
28 
 März 
 
2012

abgelegt in
Gedankenschau

 

Bezugnehmend auf den Artikel von Frl. Rot verstehe ich mittlerweile die Schüler in ihren höchst individuell ausgeprägten und gepflegten Rechtschreibstrategien und ich kann ihnen aufgrund inkonsequenter Orthografieregeln die Inkonformität zum Duden nicht verübeln.

Denn die Schüler haben erkannt, dass Sprache etwas Wunderbares ist.
Dass Sprache aus Bausteinen besteht, mit denen sich spielen lässt.

Gönne dem Knaben, zu spielen, in wilder Begierde zu toben!
Nur die gesättigte Kraft kehret zur Anmut zurück.

Friedrich Schiller

Ebenso haben die Schüler erkannt, dass sich aus einzelnen Morphemen wahre architektonische Meisterbauwerke gestalten lassen, himmelan strebend und sich im Wolkenblau des geistigen Ätherraums verlierend.

Keiner von euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen,
Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
Untereinander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute,
Mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken
Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet.

aus: “Die Eichbäume” (Friedrich Hölderlin)

Denn nicht immer folgt jener “Wildwuchs” der Geradlinigkeit, folgen die sprachlichen Gebilde der kühnen Himmelsstürmer den althergebrachten Statik-Vorgaben, den Konventionen alter Baumeister. Doch was gilt’s.
Wurde nicht auch der Schiefe Turm Pisas daselbst von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

 
 
8 
 Juni 
 
2011


 

Hier, von diesen Naturprodukten umgeben,
sitze ich oft stundenlang und meine Sinne schwelgen
in dem Anblick der empfangenden und gebärenden Kinder der Natur.
Hier verhüllt mir die majestätische Sonne
kein von Menschenhänden gemachtes Dreckdach,
der blaue Himmel ist mein sublimes Dach.

Wenn ich am Abend den Himmel staunend betrachte
und das Heer der ewig in seinen Grenzen
sich schwingenden Lichtkörper, Sonnen oder Erden genannt,
dann schwingt sich mein Geist
über diese soviel Millionen Meilen entfernten Gestirne
hin zur Urquelle, aus welcher alles Erschaffene strömt
und aus welcher ewig neue Schöpfungen entströmen werden.

Wenn ich dann und wann versuche,
meinen aufgeregten Gefühlen in Tönen eine Form zu geben –
ach, dann finde ich mich schrecklich getäuscht:
Ich werfe mein besudeltes Blatt auf die Erde
und fühle mich fest überzeugt,
daß kein Erdgeborener je die himmlischen Bilder,
die seiner aufgeregten Phantasie in glücklicher Stunde vorschwebten,
durch Töne, Worte, Farbe oder Meißel darzustellen imstande sein wird.