31 Juli 2017 |
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Der Götter zweierlei Wohnstätte
Eurydike
schmeichelnd
Lorbeerduftes Sängerhaupt,
wohl windet lieblich dir Apoll
in königskrönender Manier
grünzart schmückend den Siegeskranz.
Orpheus
zärtlich erwidernd
Gleichfalls jedoch streut Flora
blühend mit liebender Hand
ins untadlig Gemüte dir
knospenquell erstand’ne Blumenzier.
Oh schöne Seele,
vom taugenährten Lippensaum
träuft [3]rinnt dir liebwallend [4]liebschallend Göttertrank
als kristallner Perlenzauber.
Eurydike
geschmeichelt
Musenentsandter,
Beseelter auf irdischem Kreise,
wie mundet köstlich mir dein Wonnetrunk,
die holden Worte süßer Traube,
weil Bacchus’ rege Winzerhand doch selbst
den Weinstock sorgend dir gepflanzt,
am Bergeshange des Olymp
in Ceres’ fruchtbarestem Schoße
sanft mit mütterlicher Acht gesenkt,
wo sein goldnes Füllhorn Helios
sich lichtesschwemmend weit ergießt
und reinster Himmelsäther wolkt.
Orpheus
einstimmend
Wo freie Wurzeln
sprossend mit Lustempfinden schlagen,
munter ins Erdreich tief sich wagen,
wo heit’res Purzeln
von scharigen Blütenpollen
entlegene Pfade erspüren wollen,
labt munter sich des Haines Wild
im gleisen Dämmertaugefild’
am schilfbewachs’nen Weiher.
Dort, oh Kind der süßen Triebe,
entschwebet deinem Lotusmund
als zarter Morgenschleier
der wahren Schönheit Nebeldunst.
Eurydike
mit einem Lächeln belehrend
Drum, erhab’ne Denkerstirn,
verschmäh’ das Zartgemüte [5]Herzensbildung nicht,
dem du auf sphärischem Geleis
im Geistesfluge kühn entschwebst!
Gleichwie der Huf des Pegasus‘
des Dichters brausen Geisterguss
entfesselnd aus dem Fels entlässt
und sprenget das steinerne Mieder,
so rauscht in Artemis’ Garten
auch mir mein Wunderquell.
Orpheus
zuflüsternd
Fürwahr,
gemählich ziehen unser beider Ströme
durchs Paradies der einen Brust
und einen sich im Ozeane
ewiger Wonnestunden.
→ Morpheus’ Schoß
Fußnoten
2 Februar 2016 |
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In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf
Zum Leben, deine Wellen umspielten mich,
Und all der holden Hügel, die dich
Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.
Auf ihren Gipfeln löste des Himmels Luft
Mir oft der Knechtschaft Schmerzen; und aus dem Tal,
Wie Leben aus dem Freudebecher,
Glänzte die bläuliche Silberwelle.
Der Berge Quellen eilten hinab zu dir,
Mit ihnen auch mein Herz und du nahmst uns mit,
Zum stillerhabnen Rhein, zu seinen
Städten hinunter und lustgen Inseln.
Noch dünkt die Welt mir schön, und das Aug entflieht,
Verlangend nach den Reizen der Erde mir,
Zum goldenen Paktol, zu Smyrnas
Ufer, zu Ilions Wald. Auch möcht ich
Bei Sunium oft landen, den stummen Pfad
Nach deinen Säulen fragen, Olympion!
Noch eh der Sturmwind und das Alter
Hin in den Schutt der Athenertempel
Und ihrer Gottesbilder auch dich begräbt,
Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt,
Die nicht mehr ist. Und o ihr schönen
Inseln Ioniens! wo die Meerluft
Die heißen Ufer kühlt und den Lorbeerwald
Durchsäuselt, wenn die Sonne den Weinstock wärmt,
Ach! wo ein goldner Herbst dem armen
Volk in Gesänge die Seufzer wandelt,
Wenn sein Granatbaum reift, wenn aus grüner Nacht
Die Pomeranze blinkt, und der Mastixbaum
Von Harze träuft und Pauk und Cymbel
Zum labyrinthischen Tanze klingen.
Zu euch, ihr Inseln! bringt mich vielleicht, zu euch
Mein Schutzgott einst; doch weicht mir aus treuem Sinn
Auch da mein Neckar nicht mit seinen
Lieblichen Wiesen und Uferweiden.
Textdichter | Friedrich Hölderlin | |
Lesung | Bruno Ganz | |
Musik | Alessandro Marcello |
28 November 2015 |
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Flut’ mit zartem Wimpernschlage
meiner Wange Hang auch Du hin-
ab, den Weinberg schweller Früchte [1]ausgeprägte Wangenknochen,
und empfange Dionysos‘ Gnadengereich!
Und ich, vom Sonnenstreich umschmeichelt,
betret’ mit leisen Fingersohlen
den leichten Pfad talabwärts sinnend
der Schulter Blumenhang auch Dir! Sanft
mein Weckruf, den schlummernden Knospen
…nun blühend!
Fußnoten