Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

25 
 Dezember 
 
2012


 

ein schauspiel abgewendet, liebend, aber das verständnis fehlt
mord, ein thema, doch immer wieder nur ein thema.
selber eingefangen, verloren, liebe, sehnsucht,
traum vom hang nach oben,
unten irgendwie die liebe, liebe,
hilfe sucht und findet ihr in trauer ewig
heiland, gott.
ein Traum, den zu erfinden man erschaffen wird,
vorbei, das lied des todes
abgefallen, eingebettet in die ebene des unvergänglichen.

 

Dichtung Rainer Werner Fassbinder
Lesung Ulrich Janeztki
Bereitstellung wortlover

 
 
3 
 November 
 
2012

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

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Schläft ein Lied in allen Dingen (0:08)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.

 

 
Klage (0:46)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Ich hab manch Lied geschrieben.
Die Seele war voll Lust.
Von treuem Tun und Lieben,
Das Beste, was ich wusst.

Was mir das Herz bewogen,
Das sagte treu mein Mund.
Und das ist nicht erlogen,
Was kommt aus Herzensgrund.

[…]

 

 
Die blaue Blume (2:17)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Ich suche die blaue Blume.
Ich suche und finde sie nie.
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh.

Ich wandre mit meiner Harfe
Durch Länder, Städt und Au’n,
Ob nirgends in der Runde
Die blaue Blume zu schaun.

Ich wandre schon seit langem.
Hab lang gehofft, vertraut.
Doch ach, noch nirgends hab ich
Die blaue Blum geschaut.

 

 
Auf einer Burg (3:04)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter.
Drüber gehen Regenschauer,
Und der Wald rauscht durch das Gitter.

Eingewachsen Bart und Haare,
Und versteinert Brust und Krause,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.

Draußen ist es still und friedlich.
Alle sind ins Tal gezogen.
Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.

Eine Hochzeit fährt da unten
Auf dem Rhein im Sonnenscheine.
Musikanten spielen munter.
Und die schöne Braut, die weinet.

 

 
Abschied (4:17)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge Welt.
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Dass dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!

Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.

Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn.
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn.
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben.
So wird mein Herz nicht alt.

 

 
Frische Fahrt (6:00)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Laue Luft kommt blau geflossen.
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mutger Augen lichter Schein.
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluss.
In die schöne Welt hinunter
Lockt mich dieses Stromes Gruß.

Denn ich mag mich nicht bewahren!
Weit von euch treibt mich der Wind.
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen.
Hoch Aurora flammend weht.
Fahre zu! Ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!

 

 
Zwielicht (7:06)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Dämmrung will die Flügel spreiten.
Schaurig rühren sich die Bäume.
Wolken ziehn wie schwere Träume –
Was will dieses Graun bedeuten?
Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde.
Freundlich wohl mit Aug und Munde
Sinnt er Krieg im tückschen Frieden.
Hüte dich, sei wach und munter!

 

 
Der frohe Wandersmann (8:34)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt.
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Tal und Strom und Feld.

Die Trägen, die zu Hause liegen,
Erquicket nicht das Morgenrot.
Sie wissen nur von Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.

Die Bächlein von den Bergen springen!
Die Lerchen schwirren hoch vor Lust!
Was sollt ich nicht mir ihnen singen
Aus voller Kehl und frischer Brust?

Den lieben Gott lass ich nur walten.
Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
Und Erd und Himmel will erhalten,
Hat auch mein Sach aufs Best bestellt!

 
 
29 
 September 
 
2012

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Das Grab im Busento (0:46)
August Graf von Platen (1796 – 1835)

Nächtlich am Busento lispeln,
Bei Cosenza, dumpfe Lieder.
Aus den Wassern schallt es Antwort,
Und in Wirbeln klingt es wider!

Und den Fluss hinauf, hinunter
Ziehn die Schatten tapfrer Goten,
Die den Alarich beweinen,
Ihres Volkes besten Toten.

Allzufrüh und fern der Heimat
Mussten hier sie ihn begraben,
Während noch die Jugendlocken
Seine Schultern blond umgaben.

Und am Ufer des Busento
Reihten sie sich um die Wette.
Um die Strömung abzuleiten,
Gruben sie ein frisches Bette.

In der wogenleeren Höhlung
Wühlten sie empor die Erde.
Senkten tief hinein den Leichnam,
Mit der Rüstung, auf dem Pferde.

Deckten dann mit Erde wieder
Ihn und seine stolze Habe,
Dass die hohen Stromgewächse
Wüchsen aus dem Heldengrabe.

Abgelenkt zum zweiten Male,
Ward der Fluss herbeigezogen.
Mächtig in ihr altes Bette
Schäumten die Busentowogen.

Und es sang ein Chor von Männern:
»Schlaf in deinen Heldenehren!
Keines Römers schnöde Habsucht
Soll dir je dein Grab versehren!«

Sangens, und die Lobgesänge
Tönten fort im Gotenheere.
Wälze sie, Busentowelle,
Wälze sie von Meer zu Meere!

 

 
Es sehnt sich ewig dieser Geist ins Weite (3:35)
August Graf von Platen (1796 – 1835)

Es sehnt sich ewig mein Geist ins Weite.
Und so möchte ich weiter und weiter streben.
Nie konnte ich lang nur an Einem kleben,
Und hätt ich ein Eden an meiner Seite.

Mein Geist, bewegt von innerem Streite,
Empfand in diesem so kurzen Leben,
Wie leicht es ist, die Heimat aufzugeben,
Allein wie schwer es ist, zu finden eine Zweite.

Doch wer wie ich aus voller Seele hasst das Schlechte,
Den wird es aus der Heimat bald verjagen,
Weil es verehrt wird dort vom Volk der Knechte.

Weit klüger ists dem Vaterlande zu entsagen,
Als unter einem kindischen Geschlechte
Das Joch des blinden Pöbelhasses tragen.

 

 
Tristan (5:05)
August Graf von Platen (1796 – 1835)

Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,
Ist dem Tode schon anheimgegeben.
Wird für keinen Dienst auf Erden taugen,
Und doch wird er vor dem Tode beben,
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen!

Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe,
Denn ein Tor nur kann auf Erden hoffen,
Zu genügen einem solchen Triebe.
Wen der Pfeil des Schönen je getroffen,
Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe!

Ach, er möchte wie ein Quell versiegen,
Jedem Hauch der Luft ein Gift entsaugen
Und den Tod aus jeder Blume riechen.
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,
Ach, er möchte wie ein Quell versiechen!

 

 
Farbenstäubchen auf der Schwinge (6:17)
August Graf von Platen (1796 – 1835)

Farbenstäubchen auf der Schwinge
Sommerlicher Schmetterlinge.

Flüchtig sind sie, sind vergänglich,
Wie die Gaben, die ich bringe,
Wie die Kränze, die ich flechte,
Wie die Lieder, die ich singe.

Schnell vorüber schweben alle,
Ihre Dauer ist geringe,
Wie ein Schaum auf schwanker Welle,
Wie ein Hauch auf blanker Klinge.

Nicht Unsterblichkeit verlang ich,
Sterben ist das Los der Dinge.
Meine Töne sind zerbrechlich
Wie das Glas, an das ich klinge.

 

 
Ich möchte, wenn ich sterbe, wie die lichten (8:33)
August Graf von Platen (1796 – 1835)

Ich möchte, wenn ich sterbe, wie die lichten
Gestirne schnell und unbewusst erbleichen.
Erliegen möcht ich einst des Todes Streichen,
Wie Sagen uns vom Pindaros berichten.

Nein, ich will nicht im Leben oder Dichten
Den großen Unerreichlichen erreichen.
Jedoch möcht ich, oh Freund, im Tod ihm gleichen.
So höre nun die schönste der Geschichten!

Er saß im Schauspiel, vom Gesang beweget,
Und hatte, der ermüdet war, die Wangen
Auf seines Lieblingsknaben schönes Knie geleget.

Als nun der Chöre Melodien verklangen,
Da will wecken ihn, der ihn so sanft geheget,
Doch zu den Göttern war Pindaros heimgegangen.

 
 
2 
 Juni 
 
2011


 



 

Die göttliche Audienz
ein Schauspiel in einem Aufzug
über staatliche Willkür und Sittenverfall

Als PDF-Datei hier vorliegend

  1. Vorwort
  2. Figurenschau
  3. Szenisches Figurenspiel
  4. Anhang



 

Vorwort

 
Helios, der Sonnengott, hat schändlich versagt.

Die dürstenden Rosse seines Sonnenwagens rasteten zu lange an der Gebirgsquelle Helikon. Dadurch hinkte sein Pferdegespann dem Zeitplan hinterher und Helios konnte so innerhalb seines Tagesritts auf der Sphärenbahn nicht alle ird’schen Gegenden bescheinen.

Die Folgen waren verheerend:
Das sonnebegierige Pflanzenreich schmachtete und ließ ermattend seine Blütenhäupter senken.

Verdrossen verlautet der Olivenbaum, Gesandter des Pflanzenreichs, dem göttlichen Zeus seinen Missmut und erfleht mehr Sonnenschein.

Indes grollt auch der Löwe, der wildbemähnte Regent der Savannen.
Durch das Rasten von Helios‘ Sonnenpferden an der Quelle Helikon ward das umliegende Land der prallen Sonne preisgegeben und rief eine Dürre hervor. So ersehnt sich der Löwe für sein Steppenvolk schattiges Gefilde und heilen Regenguss aus Himmelshöhn.

Widerstreit entflammt, hoch schlägt des Unmuts Loderwerk, entfacht vom Sturm der Empörung.

Zeus muss schlichten, er muss die Rasenden besänftigen, will er die Eintracht auf der Erde Grund wahren.
Wenn ihn da nicht noch eines Kleinbauern Begehr bedrängte…



 

Figurenschau

 
Alljährlich,
wenn das schimmernde Nordlicht
am Nachtpolarhimmel streift und
im Banne der arktischen Kälte
der Gletscher gemächliches Treiben
nunmehr den Zeittakt bestimmt,
wird im wolkenerbauten Himmelspalast
ein Reichstag einberufen,
auf dem die Geladenen
Zeus, dem Erhab’nen,
ihre drückenden Klagen erheben.

Zugegen sind…

 

 
Die göttliche Obrigkeit
Zeus
Der lichtbewandete Göttervater und Rechtsprecher,
von Pegasus‘ Flügelpaar befächert

Klotho
Eine der Schicksalsgöttinnen,
weilend als greise Spinnerin zur Rechten des Zeus,
mit Lebensfaden und geschäftiger Spindel
in der Manier einer Hofschreiberin

Pegasus
Das beflügelte Musenross,
zur Linken des Zeus,
mit schlagendem Flügelpaar
die Himmelslüfte windend

 

 
Die Götterscharen
Helios
Der strahlenbekränzte Sonnengott,
auf seiner Ätherreise
durch eine kurzweilige Sonnenfinsternis
der Erde abkömmlich
(Licht)

Poseidon
Der dreizackgerüstete Meeresgott,
hier in Gestalt einer Regenwolke
(Wasser)

Zephyros
Der Frühlingsbote,
in luftigem, blütengewobenem Gewand eines Herolds
(Luft)

Demeter
Die Göttin allen Gedeihens,
mit fruchtbarer Ackerscholle zugegen
(Erde)

Hephaistos
Der Götterschmied und Gott des Feuers,
abwesend aufgrund von Rodungsbränden,
durch des Menschen unheilvolle Hand gelegt
(Feuer)

 

 
Die irdischen Vertreter
Oleas
ein Olivenbaum und
Gesandter des Pflanzenreichs

Pantheos
ein böotischer Löwe und
der bemähnte Regent der Tierwelt

Polon
ein Kleinbauer aus Böotien und
Fürsprecher des gemeinen Volks

 



 

Szenisches Figurenspiel

 
Der Vorhang öffnet sich mählich.
Helios, der durch die währende Sonnenfinsternis kurzweilig seiner irdischen Pflicht als Lichtspender entledigt ward, geriet in zeitlichen Verzug hinsichtlich der anberaumten Audienz.
Rastlos schwenkt er wie ein Wahnwitziger seinen Sonnenwagen in die Szenerie wolkenzerteilend­, bremst sein aufgescheuchtes Pferdgespanne aus, entsteigt seinem Himmelsgefährt, huldigt mit einer peinlichen Verneigung dem Göttervater Zeus und reiht sich in die anwesende Götterschar.
Donnergang des Zeus als Auftakt des einsetzenden Choralgesangs.

Nachdem die ebenso lautschallende Sphärenmusik ätherdurchwogend verklungen, begrüßet Zeus die Geladenen.

Zeus
rüstern die Stimme erhebend

Frohlocken weitet meine Götterbrust mit stolzem Odem!
Mit nie getrübter Augenlust und Heldenmut
durchflammt mein milder Herrscherblick
der Götterscharen munt’re Reihen und …
mit sichtlicher Zufriedenheit nochmals Atem schöpfend
… der hier vertretenen Gesandtschaft irdischer Gefilde.

Pegasus lässt mit sanfter Liebesschwinge Eros‘ Zauberhauche niederstreichen.
Sogleich tritt Oleas, ein Olivenbaum, aus der Menge.

Oleas
blickt zu Demeter

Demeter, Mutter allen Gedeihens, Ährenbekränzte Du,
deiner Segenshand sei es gedankt,
dass fruchtbar‘ Erd‘ umbettend mich erstarken ließ
und festverwurzelt dann in deinem nährend‘ Erdenreich
des Windes rauhen Atem zu trotzen ich vermochte.
Dankesblüte gleichfalls Dir, Poseidon,
dass klaren Baches süßen Stromes wallend mich umfloss,
den freudgeschwellten Knospenriegel brechen ließ und …

höhnisch zu Helios blickeschweifend, anklagend

… und Fruchtertrag beschieden hätte, wenn …

den Blick nunmehr wiederum auf Zeus gelenkt

… wenn Helios‘ Lichtesgabe im Gleichmaß mir gewogen.

Statt der reichen Ernte Zehnten schüttelt der Olivenbaum
trocknes Laub vom dürrbehangenem Geäste dem Zeus zu Fuße seines Thrones.
Raschelnd entsinkt das Blätterlaub im letzten Todesfluge…

Zeus
mit tiefem Mitgefühl den Olivenbaum beklagend
dann vorwurfsvoll zu Helios

Helios, du ewigflammender Siegesheld im Ätherreich,
weshalb entsandte deine glühende Götterlippe
ihm nicht den holden Kuss der schenkenden Reife?
Weshalb verwehrte denn dein wärmespendender Sonnenblick
den Zweigen blühendes Geschmück,
mit treibendem Fruchten ihm das allerhöchste Erdenglück?
Sag an, weshalb dein züngelnder Strahlenkranz,
sich nicht ergoss in flutendem Glanz,
ihm nicht den prallen Segen biegender Fülle bescherte!

Helios
beschämten Blicks, mit zögerlicher Stimme sich rechtfertigend
entsinnend und mutmaßend

… ich säumte wohl
am Musenquell auf klipp’ger Höhe Helikons,
denn meiner dürstenden Rosse tränkende Rast
gebot den misslichen Aufschub.
Beschwerlich zog mein Pferdgespann den Sonnenwagen
auf Iris‘ steilem Schimmerpfad.
Wirbelnd staubte unterm Hufschlag schon der Äther,
die Eisenräder spiehen Flammen.

Vonnöten war die Rast,
drum ließ ich
– die Nacht rang schon mit Heeresmacht –
die tälerklaffen Gärten unbeschienen.

Zeus
mit schmähendem Schattenwurf auf gramgefurchter Stirn zu Helios

Du säumtest deine heil’ge Pflicht,
die ich dir ernstlich auferlegte!

Klotho lässt beim Weben des Weltenteppichs, beim Webmotiv von Helios‘ Strahlenkranz, durch ein kurzweiliges Missgeschick eine Masche fallen.

Oh, hülle deine schuld’gen Wangen
beschämend in des Wolkenschauers grauen Schleier
und weile dort bis Nyxes Nachtesreich daselbst entflieht
vor deiner Schwester morgenlichtem Flammenheer,
die Schatten tilgt mit glühendem Himmelsbrand!

Bespanne dann mit goldnem Sonnendach
hinfort die Erdentäler
und send‘ zum Segensgruße deine warmen Pfeile
den Wiesenkindern irdischer Gefilde!
So tilg‘ auch ich die Missetat
auf Klotho weisend
… und Klotho soll das Wirrgeknäul dir wieder lösen.

Zeus schwenkt sein besiegeltes Szepter und winkt zugleich dem Pantheos, dem fürstlichen Löwen, sein Bittgesuch nun zu verlauten.

Pantheos
verneigend

Zeus, mein Königshaupt, es neigt sich vor dem Eurigen.
Ihr nahmt den kühnen Jugendmut dahin,
begürtet mich mit weiser Alterssänfte.
Bekränztet mir die Schläfe
zum wachenden Hüter der Savannen
und stets wird meiner Mähne wallend‘ Pracht
mit weisem Regier’n
es tausendfältig Euch liebzollen.

Ihr tadelt Helios zurecht,
da schleppend er die Himmelsbahn
im Streifen meines Königreiches zog,
dass zehrend‘ Himmelsglut dort meinem Volke drängte
und Dürre in das Land entsandte!

Zeus blickt nochmals grämend zu Helios

Helios
führt erneut eine Verteidigungsrede
mit peinlichem Tonfall und einem scherzhaften Lächeln beschwichtigend

Zeus, wie Euch schon vorgetragen,
„… die Eisenräder spiehen Flammen …“
nach kurzem Verstocken mit peinlichem Tone
… und sengten aschefahl den grünen Landstrich.

Zeus
erzürnt

Schweig, nimmer sollst du eines Lautes dich erkühnen,
soll kein vermeintlich Sonnenwort
mein taubgeword’nes Ohr bestürmen!
Denn aus der Schönred‘ feingeknüpfter Heuchlerei
staubet doch nur trock’ne Phraserei !
Hinweg mit dir,
bevor die meinige Zornesglut flammend dir entgegenschlägt!

verwundert und fragend sich zu Zephyros wendend

Zephyros, du zarter Frühlingswind,
verglimmt hingegen schien mir deine Glut,
die Liebesglut zu Chloris,
der frommen Göttin blühender Natur.
Kamst nicht vom hoh’n Gebirg zu ihr herab
und nahtest dich mit deinem feuchtem Hauche ihr,
die niedern Eb’nen zu erquicken?
Und decktest nicht mit deines Lippensaumes Träufe
den Blumenkelch der dich empfangenden Gemahlin?

Zephyros
mit überzeugtem Auftreten

Ich weidete – wie jeher schon – die Wolkenschäfchen
und scharte sie im zarten Ätherblau zu dichter Wolkenmasse,
damit bei prächtig angewachs’ner Herde
ich sie als prallen Regenschwall
hinab zum Erdental dann treiben könne.

Zeus
auf Zephyros stolz weisend

Getreuer Diener, …
mit abgewandtem Antlitz auf Helios deutend
… an dessem tatenreichen Sinn sich
Helios‘ Müßiggange still und mit Bewunderung
doch mild entflammen sollte!

Helios
aufgebracht, zu Zephyros

Zephyros, rede ihm Wahrheit!
Nichts entschwindet meinem klaren Götteraug‘,
das Verborg’nes doch ans Licht der Wahrheit bringt!
Ich sah dich lustigere Dinge treiben
als Wolkenschafe …

Zephyros
einwendend, mit gelassener Gebärde seine Schilderung bekräftigend

Gewiss doch, waltend meiner angestammten Pflicht
versammelt‘ ich mit aller Langmut eines Schäfers
die Wolkenschafe nah am schroffen Bergeshang!

Helios
mit nüchtern kühler Stimme

Wohl wahr, ́s ist recht gesprochen!
mit lautem Hohnlachen
So reicht ihm doch den Hirtenstab!

wiederum mit ernsterem lautlich ansteigendem Tone

Ein Schäferstündchen hieltest du!
Mit Iris, der Regenbogengöttin!
Und liest der Sinneslust gar zarte Lämmer
auf ihrem Bettgelage sätt’gend weiden.
Im tollen Liebesspiele beugte sie sich über dich
und krümmte in dem Rausch der Lustgebärden
farbenschillernd ihren Bogen, …

sich zu Zeus wendend, um die Sachlage genaustens zu erklären

… Ihr wisst, den weitgespannten Bogen
mir stets als Himmelstraße dienlich?

Zeus
verständnisvoll nickend, abwinkend

Gewiss, mir war der Himmelsweg einst selbst vertraut,
als ich im Zauber lauer Sommernächte
in listiger Verwandlung
hinabstieg zu den schönen Erdentöch…

Stockend, das Geständnis seiner moralischen Verirrung mit einem Räuspern kaschierend, schuldbewusst um sich schauend, doch zu seiner
Erleichterung nicht seine eifersüchtige Gattin Hera gewahrend.
sich wieder sammelnd

Fahr‘ fort in deiner Rede!

den weiteren Ausführungen von Helios wissbegierig lauschend

Helios
fortsetzend

Steiler denn je, mühsiger als an and’ren Tagen,
ward an eben diesem Tag
aus eben schon besagtem Grund
die sonst so unbeschwerte Himmelsbahn.
Ich wähnte mich im Greisenalter!
Drum hielt ich Rast,
die Rösser einerseits zu tränken
und mich zugleich des Radwerks
meines Sonnenwagens zu versichern,
ob nicht der feine Ätherstaub
den schnellen Lauf gar hemmte.
Doch nichts gewahrte ich dergleichen!
Als ich die Rösser wieder vor den Wagen spannte
erspäht‘ ich just
das wunderliche Liebesspiel,
das eingehüllt im schweißgewirkten Wolkendunst
sich meinem kühnen Adlerblick frei offenbarte.

Zephyros
mit sichtlicher Unsicherheit und nunmehr ins Wanken geratene Stimme zu Helios

Welch‘ faul Geschwätz!
Die Hitze deiner eignen Strahlen, sie stieg dir in den Kopf,
und ließ in deinem brodelnd Sonnenhaupt
kristall’ne Wahrheit gärend trüben.

Helios
entgegen prallend

Verwegener,
willst du denn mit mir rechten?
Bisher verstummte ich aus Nachsicht
der zarten Jahre deines jugendlichen Leichtsinns wegen.
Gesteh‘ dein Fehlen,
den eitlen Lug lass‘ dir entfahren
und beug‘ den höher’n Götterscharen
die Niedertracht mit reuem Herzen!

Zeus
schlichtend dazwischen fahrend

Lasst eurer Worte Donnerbeben
voller Anmut niederschweben,
wie Göttersöhnen es geziemt!

vom Gezanke der Götter entnervt, mit lauter Stimme entfahrend

Es ist ans Licht gebracht!
nachsinnend, dann in nüchterner Rede
Zephyros fiel dem Laster seiner Jugend jäh anheim,
wie selbst auch ich oft gar in jungen Tagen
nicht minder aus dem Kelch der Liebe schlürfte.

pausierend, ernüchtert

Nun denn, so sei es
und was gescheh’n ist, sei gescheh’n.
Doch Zorneswogen, aufgepeitscht und wutentschäumt,
die an der Jugend unerschüttlich Felsgeklüfte branden
verlaufen doch entschäumt nur still im Sand.
Denn Tadelung mit rauer Wortgewalt
deucht mir hier schlicht vergebens,
es mildert nicht die Erdennot,
die durch Zephyros‘ Liebelei entstand.

mit Nachdruck und Fingerzeig auf Zephyros

Um weit’res Unheil abzuwenden,
enthebe dich, Zephyros, nun mit frischer Tat.
Besalb‘ geschwind mit deinem linden Balsamhauch
die wunden Male dürrer Steppe.
Denn noch baumelt
der gelynchte Hoffnungsschimmer
am Galgen der Untröstlichkeit,
es dörrte der Sonne heißes Geflimmer
mit sengendem Blick
und Beharrlichkeit
das hohle Gebein zu Kalkgetrümmer.
Und geiern kreiset mit schleifender Schleppe
ein Todgestank über flimmernder Steppe…

Zephyros enteilt

Zeus
zu Poseidon

Und du, Poseidon,
entsteig‘ als grauer Wolkendunst,
den heim’schen Meereswogen
und gicht‘ mit Regenprassen gleichfalls
die dürstend‘ Erde ohne Unterlass.

Poseidon ist im Begriff von dannen zu gehen.

Polon
schnellt von seinem Wolkenschemel empor, dem Zeus ins Wort fahrend

Zeus, haltet ein, Ihr, der Schwachen Schutzpatron,
sorgend‘ Amme gepeinigter Nation,
die Ihr an prallgefüllter Brust stets nährtet.
Und wahrlich,
Eurem Edelsinne had’re ich nicht,
der Euch ins fühlend Herz gesenkt.
Doch lasset ab von Eurem Tun
und hemmt des Himmels Schleusen!

Zeus
über des Polon eigenmächtiges Erscheinen leicht erbost
nunmehr selbst ins Wort fahrend

Erspar‘ der Worte feingewund’nen Lorbeer mir
und edler Rede bester Gewandung!
Was führt dich her?
Lass‘ mehr den Umstand mir verlauten,
weshalb der König nicht zugegen
und niederste Gesandtschaft er erwählte.

Polon
Keines Herren Wink gebot mir Sendung,
auf eigenes Geheiß tret‘ ich vor Euren Gnadenthron.
Gewiss bin fern ich königlichen Sprosses,
den waltende Kräfte durchströmen,
und fern erlesenen Geblüts von Adel,
vor dem man abertausend bunte Blumenkränze zieht.
Vermag mit Geistesgrößen nimmer Schritt zu halten,
die schillernd glänzen, Ruhm behangen
mit duften ominösen Siegeskränzen.

Zeus
unterbrechend, höhnisch lachend

So sendet also ird’sche Majestät
den Esel als Gesandter seines Reichs?

Polon
ernstlich gestimmt

Lacht, oh lachet,
mit feuriger Lästerzunge
entfachet loh des Spottes Scheiterhaufen
und rammt
des Hohnes zugespitzen Pfahl
dem heil’gen Ernst
ins letzte Gliederzucken.

besinnend

Den Herrscher selbst,
den ehrenvoll Ihr hier erhofftet,
er schwelgt im überschwenglich Maß
am höf’schen Festgelage.
Im wollüstigen Prassen
mit seiner liebestollen Fürstenschar
labt er sich frech
vom Schweiß des darben Volks.

Oh, welch groteskes Trauerspiel:
Bei glüh’ndem Trunk und üpp’ger Speis‘,
geziemt es hochgepries’ner Obrigkeit
auf weltbeäugtem Marmorglanz
das Tanzbein weinbeflügelt stolz zu schwingen
entfacht im Wettstreit eifernd dann zu ringen
um des Beifalles betörend‘ Liebschall.

Derweil belärmet wilder Stämme Gier
des Vaterlandes Grenze,
bedrängen Feindeshorden heimisches Gefilde.
Die Frevelhand, sie schürt des Krieges Städtebrand.
Es wälzt sich fort der Dränger Kette
und schnürt des Reiches matt sich hebende Brust.
Doch blind geschlagen irrt des Königs Sinn,
der sonst in Kriegskunst wohl erprobt.

Oh, denn seiner Landesknechte Heeresschar
wie unsereins, sie soll an Krieges Front,
wo unablässlich Lanzenspieß und Pfeileshagel tobt
sich musterhaft bewähren
und heldenbürtig Siege dort erringen.

Wo tausend schwirrend Schwerter klirrend klingen,
gilt’s Feindesheere wegzufegen,
beiseite säubernd sie zu kehren
wie faules unliebsames Blätterlaub.

Doch wo scharret mir
im aufgewirbelten Erdenstaub
Poseidons gepanzerter Rappen?
Wo pranget mir Artemis‘ Köcher, angefüllt mit flinken Pfeilen?
Wo spiegelt Sonnenglanz Hephaistos‘ schützend Schild
beschmücket mit Athenes Wappen?

Mitnichten!
Muss als jammernde Nacktgestalt
wohl kampfgefeiet, blutgewallt,
doch streitend nicht zu hohem Rosse,
Aug‘ in Aug‘ dem stählernen Kolosse
das Kriegsgeschicke rühmlich wenden
mit Schleuderwurf und Gottvertrauen.

Zeus
stöhnend, mit Verdruss

Schon ewig schallt auf Erdengrund
der dumpfe Kriegsgesang
und schrecklich tönet er …

nachsinnend

Stumpf ist des Menschen Geist geworden
scharf der Zwietracht Klaue,
die grausam tiefe Wunden schlägt.
pausierend, nachsinnend
Mich dünkt Prometheus‘ Schöpfertat misslungen,
denn allzu fehl missriet doch seiner Hände Werk:
An äußerer Gestalt voll Herrlichkeit
ist es gepaart mit grimmem Sinn!

Oleas
einlenkend und Zeus‘ Ansicht bekräftigend

Die stolzen Wälder meiner Heimat,
sie wichen dem noch stolzeren Geschlecht des Menschen.
Des Himmels fromm gezähmte Flamm‘,
die einst entstohlen durch Prometheus‘ Lüsterhand,
sie flackert nun wild lodernd
im Dienst der Menschengier.
Die heil’ge Stätte meiner Väter: Entehrt,
mit unheilvollem Flächenbrand
der Rodung preisgegeben!
Demeters jungfräulicher Leib: Durchpflügt,
der schon seit Anbeginn der Zeit
das Tier- und Pflanzenreich stets nährte!

Demeter
sonst stiller Natur, sich kundtuend

Dem ist so!
Der Mensch, er presst aus meinem Schoß
der immer reichen Gabenfülle
mit unnachgieb’gem Würgegriff
die reichen Ernten
und füllt damit die Scheunen der Zufriedenheit.

Polon schüttelt mit verneinender Gebärde den Kopf

Pantheos
stimmt in den Klagechor empört mit ein

In meinem Reich gilt jeher ein Gesetz,
das sich durch alte Stammessitten zieht:
Ein jedes Raubtier, es erbeute nur so viel
wie es der leere Magen abverlangt.
Man zolle stets dem schwachen Herdentiere Ehrfurcht
und töt‘ es nur, wenn Hungerdarben es gebietet
und nicht die eigne Wollust stillet.
So lautet der Natur stets fester Ordnung!

Des Menschen eig’ner Wolf indes,
die nimmersatte Gier,
rühmt stolz sich seiner Stärke,
erwählt das Lustprinzip
zur obersten Maxime seines Handelns,
das aller Zügel ledig
ihn fortreisst aus der vorbestimmten Bahn
und fällt mit Rohgewalt, Besitzanspruch und Feuerbrunst
ins unberührte Paradies der wilden
und doch vom ed’lern Trieb gezähmten Tiere.

Zeus
ergrimmt

Prometheus, Schändlicher!
Nennt‘ er das fromme Sitten, die er dem Menschen angedieh?
Oh, ferner dies,
ich nenn‘ es allerschimpflich‘ Barbarei
und tat wohl recht daran
ihn an den Fels des Kaukasus‘ zu schmieden!

Polon
einlenkend

Nicht jedes Menschen Herz
ist bös‘ von Jugend auf!
Verderblich wird der unbefleckte Geist
der frommen Kindheit erst durch Ränkespiel!
Denn nur wer höchste Ämter sich erschleicht
in allerwürdigsten erhab’nen Zirkeln
und huldiget des Mammons stets allmächt’ger Religion,
nur jenem fächelt mild
des hehren Ruhmes Palmenzweig.
So möcht‘ der sinnend‘ Göttergleiche
sich schließlich jener wahren Gottheit nah’n.

Der Bauersmann indes genügt sich im Bescheidenen…

sich zu Demeter wendend, sein Verständnis vom Ackerbau erklärend, das nicht von vorgeworfener Selbstsucht sich speist

… und fügt sich in den großen Weltplan der Natur!
Er säet aus und fleht zu jener höher’n Himmelshand,
der ewig spendenden und freudig offnen,
dass seiner Hände Tat empfang‘ den Erntesegen.
Weh‘ dem, welchem Du, Mutter Erde, versagst die feuchte Krumme!

besinnend

Des stets Befleißten Hand müht sich umsonst,
wo nicht der Götter Gnadenschein verweilet,
denn alles muss erfleht‘, von Himmelshuld erbeten sein.
In priesterlichem, freien Dienste übt das Landvolk
in stiller Ehrfurcht sich, im heil’gen Bund mit der Natur,
Der Ackersmann erbittet nur, was er benötigt,
empfängt die Himmelsgaben voller Dankbarkeit
zu nähren Weib und Kinderschar.
Kein wüster Sinn wohnt ihm im Herzen.

sich zu Demeter wendend

Doch dieses Volke deiner heil’gen Priesterschaft,
es muss sich ird’schem Königswillen beugen,
getrieben von des Mächt’gen Geißel Freudentanz.
Groß ist der Ernte Zoll, des Fürsten Tribut,
minder des Ertrages Ernte.
Zu mehren gilt’s deshalb der Ernte Frucht
durch Urbarmachung deiner Haine.
Drum übt die grimme Axt sich notgedrungen
an unberührten Waldes Wuchs,
und so sich dehnt des Ackermannes Felder
wie selbst der Obrigkeit stets gieren Magen.

sich nunmehr wieder zu Zeus wendend

Auch führte oft Tyrannenmacht
der niedern Knechte Heereskraft,
aufs königliche Feld der Ehre,
dem Recken feindscher Drangsal Krallengriff zu wehren.

Doch ihr Zeus, …
Mut und Luft schöpfend, zu Zeus sich wendend

… und dies war auch mein Grund
weshalb ich mich zu Anfang dreist ins Wortgemenge warf …
… ihr Zeus, gedachtet dürres Erdental zu schwemmen.

Dass durch den brausen Regenguss
das schmachtend‘ Wüstenvolk
im neuen Lebensmute taumelt.

Ehre Eurem Liebeswalten,
doch wahret auch den niedern Mann,
der auch nur seinem Herrn
den Kriegsdienst leistet!
Wer spendet seiner Schritte halt,
wenn Regenhagel niederprallt?
Soll er im Erdenschlamm ermatten?

erflehend

Oh, Zeus, entleiht im Widerstreit
mit droh’nden Feindesmächten
doch Euer göttliches Geleit
und öffnet nicht des Himmels Schleusen,
dass ich und meines Standes Schar
ohn‘ Scheu des Feindes Schwarm
wie läst’ges Pollengeschwader
mit heil’gem Hader
in alle Winde berstend zerstreu’…

Zeus
die Bitte gewährend

Wohlan, Poseidon,
lass es gescheh’n nach seinem Sinn
und meide den besagten Landstrich,
auf dem die Kriegesscharen toben!
Und schone ihn mit brausem Regenguss,
so nicht mal Morgentau soll ihn bedecken!

Und du, Demeter,
fahr‘ deine gold’ne Ernte ein,
der Feinde reifes Weizenfeld,
das prahlend sich im Siegestaumel wiegt!

Demeter
entschlossen, nach Vergeltung am Menschengeschlechte gelüstend

Ich blicke in die kampferpichten Reih’n
wie Halm an Halm sich gräsern schmiegt
und sperre meinen Scheunenrachen auf,
der Erde gähnend‘ Schlund!

Polon
an die Götter gerichtet

Heil eurem redlich Göttersorgen,
dass ihr dem untadligen Wandelnden
die steilen Lebenspfade ebnet
und stets mit neuem Lebenshauch
entfleuchte Siegeskräfte ihm verleiht,
dass er den bangen Mut
zu fernen Sternen wirbelnd schmettern darf.

Zeus
verheißend

Dein zagend‘ Herz soll nunmehr pochen,
der Lebenssaft dir strömend wallen,
die furchtzerschlag’nen Beinesknochen sich
zur Kampfeslust zusammenballen.
Mit heißem Lustverlangen,
Siegesglanz auf kampferglühten Wangen
und jugendlicher Muskelkraft
der Plagegeister Brüderschaft
gebührend in die Schranken weisen.

Befriedet sich verneigend sinkt Polon wieder auf seinen Wolkenschemel. Kurz innehaltend und eine weitere Klage erhebend

Polon
mit feuchtem Auge

Barmherziger,
ich rühr‘ an Eurer großen Huld!
So lasst mich eine weitere
noch größ’re Not Euch klagen.

Zeus
Gewährt man erst nur einen Wunsch
gebärt er Kinder sonder Zahl!

nach kurzer Pause

So tritt hervor und lass‘ mich wissen,
was dir dein Busen schmerzlicher noch pfählt!

Polon
erleichtert, mit Danksagung

Mein Haupt verneigt
vor meines Königs Würde sich
und beugt sich seinem Willen.

aufzählend

Ich zolle mit den Früchten meiner Äcker
des Königs fordernden Tribut.
Mein Sohn zog in die Heeresschlacht,
von der ich Euch gekündiget,
und er erlag des Krieges jämmerlichen Raffzahn.
Die Tochter, die mit unsagbarem Wonneglanz
den Frieden meiner Hütte mehrte,
entriss mir jäh die Fürstenmacht.

Die Freudenquellen sind versiegt,
und nur mein Weib,
das letzte Rinnsal meiner Erdenfreud‘,
verharrte treulich mir zur Seite.

Jedoch, merkt auf,
ich grolle nicht der Herrscherkron‘,
gab frei, was meinem König eigen.
Doch wenn die allzu große Steuerlast
mich würgend fasst in krallen Händen,
des Tags an den Gebeinen nagt
und nachts mich plagt mit Traumgebilden,
so soll ich
-wie es der Stolz des tüchtigen Ernährers mir gebietet-
vor meinem Weib den kühnen Siegeszug still wahren.
Muss in besonn’nem Mienenspiel mich üben,
den klaren Sonnenblick mir trüben
darf keines Kummers Graugewölk.
Doch still erlausch‘ ich schwebend über mir
schon die beharften Himmelsscharen.

Oh, welch matternde Pein!
So sänftigt mir des Joches Last,
dass ich mein Weib ernähren kann!
Ich ehrte redlich meinen König,

Erbrachte stets den Zehnten meiner Ernte
und lohnte so ihm nach Gebühr.

Zeus
befürwortend

Wie es der Obrigkeit auch stets gebührt,
sei es dem Gotte auf Olympus Höh’n
als auch dem Fürsten auf dem Erdenkreis.

Polon
mit respektvollem Widerspruch

Doch ird’sche Pflichtentreue jener Art
lässt jeden braven Mann den Hungertod erleiden.
Dem Knecht,
der treu dem Herren seine Dienste leiht,
und speisend ihm die Nahrung schafft
entsag‘ man nicht den Tageslohn.

Denn selbst dem Ochsen,
der Stroh vom frühen Morgen
bis hin zum Abend drischt,
verbind‘ man gleichfalls nicht das hungernd Maul.
Es fordert Mühe den gebührend‘ Lohn!
So schafft auch mir das Recht des treuen Knechts,
der nach der Hände Tat den Lohn empfange!

Zeus
einsichtig

Es steigt der Unrecht Pestgestank
bis an der Wolken Tempelschwelle
und kündigt das beklagte Leid.
Doch was des Königs Hand auf Erden bindet,
löst nimmer dir ein ehern‘ Götterarm,
entzieht sich seines Reiches Macht.

Du musst dich selbst im Kampf erproben,
in des Lebens wirrem Streit!
Doch Himmelsstärke send‘ ich dir herab!
Mein Geist wirkt in den Schwachen mächtig
und flammt in jeder reinen Brust…

Zeus schwenkt sein Szepter.
Polon verneigt sich und tritt dabei zurück.

Zeus erhebt sich, Posaunenschall ertönt
und Zeus verlässt die Szene
durch das sich bildende Spalier der still verharrten Anwesenden.
Gleichfalls enteilen die Götter.
Die Traube der irdischen Vertreter löst sich auf.
Deren Abgang.
Nur Klotho verweilt an Ort und Stelle.
Selbstredend,
während sie noch „das Protokoll“ der Audienz
vollends in den Teppich der Weltgeschichte webt.
Alles liegt im fahlen Dämmerlicht.
Nur ein Lichtkegel ist auf Klotho gerichtet.


 

 
Klotho
Ob je des Menschen töricht‘ Herz
in brüderlichem Bund
mit seinesgleichen sich erfindet?
Stets war’s der Mammon, der herzvergiftend,
mit prallen Segensgaben reizbedüftend
des Freundes treuen Busen matten ließ,
das Ideal vom Sockel feindisch stieß.
Sichtet sich nimmer spiegelnd
der hehren Wahrheit Sonnenglanz
im faulen Tümpel trüber Einsicht
des menschlichen Geistes?

Den Webvorgang und Monolog im rhythmischen Einklang

Friedgesinntes Menschenwogen
unsträflicher Geistestracht
scharend unterm Regenbogen
geniengleicher Friedensmacht.

Dort nur möcht‘ ein Gotte frei sich geben,
lässt freudig sich zum Feste laden,
wo still geläutertes Gedankenweben
geduldig feinster Liebesfaden
die weiße Friedensfahne knüpft.
Denn nichts erringt
doch mehr die Gunst der lächelnden Wange
als freudbeschwingt
der Eintracht Banner flatterndes Prangen.

Die Szene verdunkelt sich durch ein allmähliches Abdämmern.
Der Vorhang fällt.


 



 

Anhang
weitgehend entnommen aus der freien Enzyklopädie „Wikipedia“

 
Artemis, die jungfräuliche Jagdgöttin mit Bogen als Waffe, mit dem sie treffsichere Pfeile gegen die Sterblichen sendete und Krankheiten unter die Menschen brachte.

Athene, die Göttin des Krieges (insbesondere der Kriegstaktik), der Städte, der Weisheit und damit auch Schirmherrin der Künste und Wissenschaften.

Chloris, die Göttin der Blumen, allgemein der blühenden Natur. In einigen Erzählungen ist Chloris die Geliebte bzw. die Frau von Zephyros, dem Westwind, der im Frühjahr die Blumen zum Leben erweckte. Gemeinsam haben sie drei Kinder: Ampyx, Mopsos und Carpus.

Demeter, Göttin der Fruchtbarkeit, insbesondere des Ackerbaus.

Eros, der Gott der Liebe.

Helikon, eine Quelle, die durch ein Hufescharren von Pegasus entstand, ist der Name eines Gebirges in der griechischen Landschaft von Böotien. In der Antike galt Helikon als Sitz der Musen, bis sie von Apollon nach Delphi gebracht wurden.

Helios, der Sonnengott, der Alles-Sehende-Hörende, verkörpert zuweilen auch die Wahrheit. Die Aufgabe von Helios war es, den Sonnenwagen über den Himmel zu lenken, der von vier Pferden gezogen wurde.

Hephaistos, der Gott des Feuers, der Schmiede und der Handwerker.

Hera, die Schwester und Gemählin des Zeus, die mit aller Eifersucht die Liebschaften ihres Göttergatten heimsuchte.

Iris, die Regenbogengöttin. Als Mittlerin zwischen Himmel und Erde
personifizierte sie den Regenbogen, also den Bogen, die Brücke zwischen der Götterwelt und der Menschheit.

Klotho, eine der Schicksalsgöttinnen. Die drei Schicksalsgöttinnen Klotho, Lachesis und Atropos hatten das Leben der Menschen in der Hand. Lachesis hielt den Spinnrocken, der Lebensfaden wurde von Klotho gesponnen und Atropos schnitt ihn durch.

Nyx, die Göttin der Nacht.

Oleas, ein Olivenbaum als Vertreter des Pflanzenreiches.

Pantheos, ein Löwe, als bemähnter Regent des Tierreichs zu Böotien.

Pegasus, beflügeltes Pferd, auch als Dichterross bekannt.

Poseidon, Gott des Meeres, der Flüsse und Bäche, zuweilen auch des
Regengusses.

Prometheus, ein Titanensohn, der den Menschen aus Erde formte und ihm die Kultur brachte, u.a. auch das Feuer. Hierbei entzündete er ein Holzscheit am vorbeiziehenden Himmelswagen des Helios.

Zephyros, der Gott des warmen und feuchten Westwindes galt als der Bote des Frühlings. Der Legende nach soll sein bloßer Hauch Frauen geschwängert haben.

Zeus, der Göttervater, der nur noch den Schicksalsgöttinnen unterstand.