Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

16 
 August 
 
2015

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Gedankenschau
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Im tanzenden gleisen Morgenlichte
des munteren Lebenstaumels
schimmert silberner Inschrift
kühl der Marmor:

Heil der schönen Trösterseele,
Dein wahrer Glanz verblasset nie!
Dein Erdenstreif umging den Pfad
der unbeschwerten Sinneslust,
beschritt getreu den Dornenweg,
den schmalen Steig der Tugendlast.
Wohlan, Teurer, Morpheus’ Lager rufet Dich!

Eines Wanderers forschendes Auge
streifet über die flüsternden Lettern
und wieget bedächtig das Herz.
Der stählerne Blick, er zerbricht
und schmilzt bestürmt zur Tränensaat.

Auszug aus :”Orpheus’ Gesänge”

 
 
7 
 Oktober 
 
2012


 

DICHTUNG Erich Kästner
LESUNG Heinz Rühmann
BEREITSTELLUNG wortlover


 

Das Jahr ward alt. Hat dünne Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.

Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee.
Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt.
Und Wehmut tut halt weh.

Noch wächst der Mond. Noch schmilzt er hin.
Nichts bleibt. Und nichts vergeht.
Ist alles Wahn. Hat alles Sinn.
Nützt nichts, dass man’s versteht.

Und wieder stapft der Nikolaus
durch jeden Kindertraum.
Und wieder blüht in jedem Haus
der goldengrüne Baum.

Warst auch ein Kind. Hast selbst gefühlt,
wie hold Christbäume blühn.
Hast nun den Weihnachtsmann gespielt
und glaubst nicht mehr an ihn.

Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag.
Dann dröhnt das Erz und spricht:
“Das Jahr kennt seinen letzten Tag,
und du kennst deinen nicht.”

 
 
17 
 Februar 
 
1996

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Reimgedichte
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17/18.02.96, » 23.00 h

Der Berglandschaft üppiger Konturen,
bedeckt mit des weißen Leintuchs’ Schimmerglanz,
das unbefleckt und ohne Spuren
genäht ward von den Schneekristallen nächtlichen Tanz’,
erschufen ein strahlend schillerndes Festgewand,
das das Herz mir stahl und die Sinne bannt’.

Doch lenke nun dein Augenmerk
fernab von diesem bepuderten Zuckerwerk
gen Sternenhimmel schneeflockengeschmückt,
himmlischen Sphären nähergerückt :

Die weiße Flocke, wie sie gleitet,
sanft getragen von dem Wind,
von einem zarten Lüftelein geleitet
hinab zum schönen Erdenkind.

Doch wo läßt er sich nieder, der Schneekristall,
er findet Platz denn überall ?

Auf der Wiese, der Tanne, dem alten Dach,
oder im Walde, am rauschenden Bach?

Gesteh’ mir leis’ die holde Stätte,
mit der die Flocke Gefallen hätte!

Sie wär’ erfüllt mit süßem Dank,
fiel’ sie auf deine Fensterbank.
Zu schau’n dein Antlitz, das wäre gelind,
dort weht ein kühler, frischer Wind.

Dort isset auch erfüllt die Luft,
gewürzt mit Deinem Rosenduft.

Dann müsst’ vor Liebe ich zergeh’n,
weil du denn Wärme spendest,
und sie bei mir auch fändest,
und hülfe auch kein Fleh’n,
so möcht’ ich schmelzen zur Wasserträne,
zur Trauer dem Mädchen, nachdem ich mich sehne.