Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

2 
 Juni 
 
2012

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DICHTUNG Paul Celan
LESUNG Dieter Mann
BEREITSTELLUNG wortlover


 

Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng

Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen
Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland

dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith

 
 
4 
 August 
 
2011

abgelegt in
Briefe | sonstige Prosa

 

Liebe Brüder im Geiste,

wie einstens Schiller dem Buchhändler Schwan aus Mannheim die Bögen seines Räuberdramas zu überreichen gedachte, so auch ich am gestrigen Tage.
Das Manuskript eines jüngst mir entstammten Stückes weist sicherlich noch passagenweise Mängel auf und ich täte gut daran, ihm einen wohlfeileren Ausdruck noch angedeihen zu lassen.
Ich werde diesem Bestreben in Bälde nachkommen.

So begab ich mich munt’ren Schrittes zum Orte der angedachten Begegnung mit Schwan, der Eingangshalle des Schiller-Nationalmuseums.
Doch wehe dem Erdgeborenen, Einlass begehrend, der sich nicht vom Schlamme Prometheus’ zu höherem Töpferwerke empor geadelt hat! Ihm wehren auch heute noch des Standes Schranken und eines Kerberos’ gleich gebärdet sich mancher Wachmann, die Pforte verrammelnd.
Schändlicher, dreimal schändlicher Weltgeist.

Galt diese hochheilige Stätte ernsten Gedenkens nicht der Idee eines allumspannenden Menschheitsbundes, dem edleren Freigeist, der sich über jegliches Standesdünkel mit Engelsschwingen hinweg zu heben vermag?
Segnet man so Schillers Andenken und zollt seiner Idee Bewunderung, indem man kärglich den Tatendrang erschlaffen lässt?

Wie dem auch sei…
Durch diesen misslichen Umstand wurde ich Schwan leider nicht gesichtig und übergebe Euch anbei mein Manuskript mit der Bitte um Weiterreichung an ihn.

Mit freundlichem Federschwunge

 

P.S.

Desweiteren erhoffe ich, den mir in jüngsten Kindertagen liebgewonnenen Kastanienbaum auf der namentlich benannten Schillerhöhe einzuzäunen, um ihn vor urinierenden Hunden zu bewahren, jenen Baum, unter dessen Blätterdach Schiller -göttlicher Gnaden zuteil- der Musen Geschenk empfing.
Denn dieser heil’ge Bezirk erscheint mir noch ehrwürdiger als das ihm eigens errichtete Pantheon (“Nationalmuseum”), ein marodes Menschengebäu.

 
 
3 
 Oktober 
 
2008


 

Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein


 
Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
Eventuelle Kommentare zum Video-Clip bitte direkt auf YouTube!


 

 


 

 
Rezitierte Gedichte

 
Auf die Gesundheit meiner LIebsten (1:33)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Was ich schlafe, was ich wache,
was mir träumet für und für,
was mir Angst macht, was Begier,
was ich lasse, was ich mache,
was ich weine, was ich lache;
was ich nehm’ an Kost zu mir,
schreibe, lese, denke hier
die und die und diese Sache,
was ich nicht tu, was ich tu,
Nichts und Alles, reis’ und ruh’,
Angst und Freuden, Lust und Schmerzen,
dieses Alles, Alles das
tu ich hier ohn’ Unterlaß
auf Gesundheit meines Herzen.

 

 
Wie er wollet geküsset sein (2:38)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Nirgends hin, als auf den Mund:
Da sinkts in des Herzen Grund.
Nicht zu frei, nicht zu gezwungen,
Nicht mit gar zu faulen Zungen.

Nicht zu wenig, nicht zu viel:
Beides wird sonst Kinderspiel.
Nicht zu laut und nicht zu leise:
Bei der Maß’ ist rechte Weise.

Nicht zu nahe, nicht zu weit:
Dies macht Kummer, jenes Leid.
Nicht zu trocken, nicht zu feuchte,
Wie Adonis Venus reichte.

Nicht zu harte, nicht zu weich,
Bald zugleich, bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam, nicht zu schnelle,
Nicht ohn’ Unterschied der Stelle.

Halb gebissen, halb gehaucht,
Halb die Lippen eingetaucht,
Nicht ohn Unterschied der Zeiten,
Mehr alleine denn bei Leuten.

Küsse nun ein jedermann,
Wie er weiß, will, soll und kann!
Ich nur und die Liebste wissen,
Wie wir uns recht sollen küssen.

 

 
An Elsabe – Elsgens treues Herz (3:44)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ein getreues Herze wissen,
Hat des höchsten Schatzes Preis.
Der ist selig zu begrüßen,
Der ein treues Herze weiß.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Läuft das Glücke gleich zu Zeiten
Anders, als man will und meint,
Ein getreues Herz hilft streiten
Wider alles, was ist feind.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Sein Vergnügen steht alleine
In des andern Redligkeit,
Hält des andern Not für seine,
Weicht nicht, auch bei böser Zeit.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Gunst, die kehrt sich nach dem Glücke,
Geld und Reichtum, das zerstäubt.
Schönheit läßt uns bald zurücke;
Ein getreues Herze bleibt.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Eins ist da sein und geschieden,
Ein getreues Herze hält,
Gibt sich allezeit zufrieden,
Steht auf, wenn es niederfällt.
lch bin froh bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Nichts ist Süßers, als zwei Treue,
Wenn sie eines worden sein.
Dies ists, daß ich rnich erfreue,
Und sie gibt ihr Ja auch drein.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

 

 
Zur Zeit meiner Verstoßung (5:03)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ein Kaufmann, der sein Gut nur einem Schiffe traut,
Ist hochgefählich dran, indem es bald kann kommen,
Daß ihm auf einen Stoß sein ganzes wird genommen.
Der fehlt, der allzuviel auf ein Gelücke traut.

Gedenk ich nun an mich , so schauret mir die Haut:
Mein Schiff, das ist entzwei, mein Gut ist weggeschwommen.
Nichts mehr, das ist mein Rest, das machet kurze Summen.
Ich habe Müh und Angst, ein andrer meine Braut.

Ich Unglückseliger! meine Herze wird zerrissen,
Mein Sinn ist ohne sich; meine geist zeucht von mir aus.
Mein Alles wird nun Nichts. Was wird doch endlich draus?

Wär eins doch übrig noch, so wollt ich alles missen.
Mein teuerster Verlust, der bin selbselbsten ich.
Nun bin ich ohne sie; nun bin ich ohne mich.

 

 
Grabinschrift (7:01)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ich war an Kunst und Gut und Stande groß und reich,
des Glückes lieber Sohn, von Eltern guter Ehren,
frei, meine, kunte mich aus meinen Mitteln nähren,
mein Schall floh über weit, kein Landsman sang mir gleich,

von Reisen hochgepreist, für keiner Mühe bleich,
jung, wachsam, unbesorgt. Man wird mich nennen hören,
bis daß die letzte Glut diß Alles wird verstören.
Diß, deutsche Klarien, diß Ganze dank’ ich euch.

Verzeiht mir, bin ichs wert, Gott, Vater, Liebste, Freunde,
ich, sag’ ench gute Nacht und trete willig ab.
Sonst Alles ist getan bis an das schwarze Grab.

Was frei dem Tode steht, das tu er seinem Feinde.
Was bin ich viel besorgt, den Othem aufzugeben?
An mir ist minder Nichts, das lebet, als mein Leben.