Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

10 
 August 
 
2017

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Der fabulierende Ares
Kriegsschau #1


Musik
Ludwig van Beethoven [1]Sinfonie Nr. 9, II. Molto Vivace (Scherzo)

Vom rechten Lohn der Opferfreude
 


Großer Freude zuteil
nach erkämpftem Vorstoß in Feindes Land,
der siebenten Reihe, wo Bauerngevölk still verharrt,
das ohnmächtig nun
dem steinern Gebäu des massiven Turmes
schutzlos erlegen.

Die brennenden Pfeile aus Schießschartens Rachen
drängen dem Landvolk, Entrinnen deucht unnütz!

Schon legt sich des Weißen Axt
an die Stämme der stattlichen Reihe
bäurischen Wuchses…

Rettung tut Not in äuß’rer Bedrängnis,
Tatendrang fordert ohne Verzug die Gefahr!
Denn jegliches Säumen in Drangsal
jähes Ende gebieret…


So ergeht nun der mahnende Ruf
an das stolze Gespann der
apokalyptischen Reiter,
paarig gesellt auf dem Schlachtfeld.

Hufscharrend, schwer die Lanze gesenkt,
das Visier mit gestähletem Willen
rüstern verschlossen,
wirft sich ein Reiter ins Kampfesgeschehn,
im Blutrausch opfernd sich selbst nun,
des Feinds Barrikaden zu sprengen. (1. … Sg3+).

Damit dränget der freche Rappen dem feindlichen König
als auch dem Turme zugleich.

Welch‘ schreckliches Ungemach naht!


Erzwungen muss der Bauer, der rettende, nehmen (2. hg),
sonst droht Qualität gar verlustig.
Entblößt weilt der Herrscher, des Schutzschilds beraubt,
auf geöffneter Linie!


Wiederum schlägt jetzt der schwarze Bauer (2. … hg+)
und -böses Erwachen-
es wird bis dahin in dämmernder Stille
der Turm jäh geweckt und Goliath gleich,
höhnt der Philister mit drohendem Wurfspieß
ein Schach ins Lager des Weißen.


Die Hoheit erschrickt und weichet zur Linken (3. Kg1).


Seiner jetzigen Stärke gewiss und vom Teufel geritten,
folget mit Heißsporn das andere Ross ins süße Verderben (3. … Sf2).

Weil durch den Turmzug auf h1
der Tod des Monarchen würde beschieden, …


… sieht sich der Weiße genötigt
und nimmt mit dem Turme sogleich (4. Tf2:).

Doch …


… Schwarz, trotz der Springer entledigt,
erkühnt sich, mit Schlachtruf den Turm auch
ohne schadhaftes Zögern zu opfern (4. … Th1+),


wodurch, keines Fluchtfelds gesichtig,
Weiß den Turm übelst schlagen muss (5. Kh1:),
auf das Eckfeld gelenkt …


… und Schwarz nunmehr,
siegreich dem Bauern den Lorbeer errungen
nach Schlagen des Turmes (5. … gf),
freie Bahn zu der Dam’ sich ertrotzte.
→ zu Mnemosynes Geleit
Caissas Liebesgeschenke
 
 
28 
 Februar 
 
2017


 


Hochgepriesenes Griechenland du,
das längst dem Bewusstsein
uns’rer ernüchterten Tage entfloh’n [1]entschwunden,
du zeugtest die einsten Helden antiker Vorwelt,
die allzeit verehrten.

Auf deinem Amboss
stählte die Gottheit
mit wuchtigem Hammer den Heros,
schmiedete funkenentfahrend
und makeltilgend den göttlichen Streiter.

Wohl dem Erdensohn,
der vom Götterschmied selbst, von Hephaistos,
auf den Amboss gezerrt
wahre Vollendung erlangt.

Fest im Zangengriff nimmt der Meister
das glühende Eisen
vom kohlebeschürten Glutherd
und rückt es gefügig
auf des Ambosses ebener Fläche zurecht.
Donnergleich fährt des Hammerschwungs Allmacht danieder
und zwingt das erweichte Metall
zur vollendeten Form.
Abgeschreckt im Wasserbad
taucht aus der Flut es empor
und erfreuet den prüfenden Blick.

So füllt sich mit allerlei Schmiedwerk,
mit allerlei kostbarem Kriegsgerät
die Waffenkammer der Götter.

* * *

Allen voran preis’ ich Herakles,
gehärtete Spitze des sühnenden Pfeils,
der siegesbeflügelt und zielgewiss im Gigantenkampf,
die entscheidende Wende herbeiführte,
den himmlischen Göttern zugunsten.
Siegreicher Kriegsheld,
in dir einst verklärte sich, nahm Gestaltung
der schaffende Wille und formte das Göttliche
mit dem Hammer allwaltenden Schicksals.

Auch Achilles
durchlief des Götterschmieds heimliche Werkstatt,
war in der Griechen Armee
der nie fehlende Speer zu den Mauern Trojas,
durfte sich rühmlich erzeigen,
bevor ihn am skäischen Tor
des Paris’ verderblich’ Geschoss
und damit sein Unheil ereilte.
Siegreicher Kriegsheld auch du!
Groß war dein furchtloser Kampfesmut,
nicht minder deine Verheißung.
So empfing dein sterbliches Haupt der Unsterblichkeit Krone!

* * *

Wunderwerke
vollbrachte der Schmied in geschäftigter Kammer.
Durch seiner Hände Tat
verlieh er der Vorstellung selbst,
dem Reich kühner Träume,
feste Natur in fassbaren Zügen,
half er doch einst auch mit spaltender Axt
dem Zeus bei der Kopfgeburt der Athene,
die in voller Rüstung Erstand’ne.
→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede

Fußnoten[+]

 
 
25 
 Mai 
 
2011


 

Kampflos gewonnen
 
Köstliches Los, das mir bisher vergönnt ward, nun heute gefallen:
Mächtig mit stemmendem Arm eines Atlas stieß ich des Königs
Bauern von friedlicher Reihe vor zu der feindlichen Linie
zentrumsbeherrschend auf e4.
 
 

 
 
Gegenwehr blieb aus. Mein Gegner
säumte den kraftvollen Auftakt bevorsteh’nder Schlacht, überhörte
die zum Turniere geblasene Kriegesposaun’ und verweilte
anderen Ortes privater Lustbarkeit. Wer konnt’s ihm verwehren?
15 Minuten verstrichen. Ich reklamierte Gewinn und … obsiegte!

Weder Ponziani, der Kampfschacherprobte, noch Philidor, der Recke, hätten an diesem Tage besser gespielet.
Niemals zuvor empfand ich Sterblicher mich diesen Heroen
schachlichen Genius’ näher gerückt und fühlte mit ihnen
gleichen Puls schlagen, fühlte gleiches Herz pochen im Busen.

Schnell war der Bleistift gezückt, historisch brisanten Moment skiz-
zierend. Die staunende Schachwelt begehret ja ständig Rapport und
forschet auch stets nach aufgeh’nden Sternen am schachlichen Himmel.
So auch an diesem Tage, der Stunde Null des bis dahin
unscheinbaren aber nunmehr erwachten Talentes.

Ich verließ den Turniersaal, den Tummelplatz leidiger Spieler…
Was zu meinem Hotel mich dann trug, ich konnt’s nur erahnen:
Hermes, der Herold der Götter, entlieh’ den beflügelten Schuh’ mir.
Aller irdischen Banden gelöset ließ mich der Taumel
jüngsten Sieges entschweben, krönte mit Lichtesglanz mich und
meiner geistigen Grazie gewiss erblasste die Welt in
schlichten Farben. Am Ziel angekommen verlangte es mich ein
Bad zu nehmen, im hauseig’nen Schwimmbad, dem wohltemperierten.

Wie mein Schachfreund Benno dem sonst so gezähmten Springer
aller Eröffnungskunde zum Trotz die Sporen versetzet,
ich – vom Siege geritten – stürzte mich gleichfalls jeglich Gebotes
widrig in eben geglättetes Wasser, der mich empfangenden
Flut und … jähe Entdeckung, als auf dem Rücken ich schwamm: es
waren flammende Kerzen montiert an erhabener Decke,
die, durch gezogene Linien verbunden, Sternbild um Sternbild dem
wachsamen Aug’ offenbarte, wie zum Beispiel der „Drache“.

Ob mein Vereinsfreund Achim das Drachensystem heut’ gewählet?
Speit’ ihm aus Bauern erschaffener Höhle drohend der Läufer?
Wer braucht’s zu wissen? Ich trieb auf ruhiger Welle gemählich
siegreich dem „Großen Wagen“ entgegen, gewahrte die hellste
Kerze als hellstes Gestirn, den Polarstern. Wohl dem, der vom Ruhme
sicher getragen dahintreibt auf glorreichem Strome des Glückes.