7 Oktober 2012 | |
DICHTUNG | Erich Fried | |
LESUNG | Erich Fried | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
Als wir verfolgt wurden,
war ich einer von euch.
Wie kann ich das bleiben,
wenn ihr Verfolger werdet?
Eure Sehnsucht war,
wie die anderen Völker zu werden
die euch mordeten.
Nun seid ihr geworden wie sie.
Ihr habt überlebt
die zu euch grausam waren.
Lebt ihre Grausamkeit
in euch jetzt weiter?
Den Geschlagenen habt ihr befohlen:
“Zieht eure Schuhe aus”.
Wie den Sündenbock habt ihr sie
in die Wüste getrieben
in die große Moschee des Todes
deren Sandalen Sand sind
doch sie nahmen die Sünde nicht an
die ihr ihnen auflegen wolltet.
Der Eindruck der nackten Füße
im Wüstensand
überdauert die Spuren
eurer Bomben und Panzer.
6 September 2012 | |
Wer vermag es denn zu spüren,
was sich still, unfühlbar entzieht?
Ach, was kann uns liebend führen
in wahres Dasein, das entflieht.
Ein Gesang, der sich vielleicht
hernieder lässt, streifend
wie ein milder Hauch, der reicht
in Wahrheit, langsam reifend,
in dir, in Welt und Sternen,
bis hin zu diesen Fernen,
ins Nichts, wo alles sich enthält, –
dein Sinn in Ewigkeiten fällt.
Textdichter | Holger Jürges | |
Lesung | Holger Jürges | |
Bereitstellung | wortlover |
3 September 2012 | |
Mild und golden fällt das Licht –
es spiegelt sich im stillen See,
gibt ihm ein schimmerndes Gesicht,
wie in einem scheidend Weh.
Leise fallen, Blatt für Blatt,
letzte Sommergrüße nieder;
von einer fernen Stadt
klingen dumpf die Glockenlieder.
Frischer Herbst, du bist’s, ich spüre
deine zausend kühlen Winde,
bang, ganz tief, fühl ich gelinde,
Dunkel hinter deiner Türe.
Textdichter | Holger Jürges | |
Lesung | Holger Jürges | |
Bereitstellung | wortlover |